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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1965-05/0016
Eichenwald. „Lere" ist eine Abschleifung von
„Lahr".

Bei Münster gibt es ein Erlsler (Weide im
Erlenwald), in Westflandern ein Kerselaer (Weide
im Kirschbaumwald), bei Jülich ein Lindar
(Weide im Lindenwald), bei Antwerpen ein
Mespelaere (Weide . im Mispelwald), in Belgien
und Holland ist der Name Lar oft mit Tiernamen
zusammengesetzt, in Brabant gibt es ein Rosse-
laere, d. h. Pferdeweide, bei Limburg ein Kolar,
d.h. Kuhweide. Kein Zweifel, sowohl die Stadt
Lahr im Schuttertal wie die Stadt Lohr am Main
können ihren Namen deuten als „Weideplatz".

In jüngster Zeit hat der Prähistoriker Oberschulrat
Friedrich Kuhn, Lörrach, in der Zeitschrift
„Markgrafschaft" eine sehr interessante
Arbeit mit der Überschrift „Zur Deutung des
Ortsnamens Lörrach" veröffentlicht. Er teilt mit,
daß Grabfunde bezeugen, daß Lörrach bereits um
das Jahr 500 gegründet wurde. Die erste urkundliche
Erwähnung in Basler Urkunden nennt den

Ort als „Loracho". Lange Zeit hat man Lörrach
als römische Gründung angesehen. Dies kann
aber durch keinerlei Mauerfunde bewiesen werden
. Kuhn schreibt die Entstehung des Namens
„Lörrach" dem Waldnamen „Lohr" zu. Dieser
Wald liegt an der Gemarkungsgrenze gegen
Brombach. Abschließend schreibt Kuhn: „Da die
älteste schriftliche Namensform Loracho lautet,
rückt unser Ortsname in die Nähe der „Lor-Orte"
(Lorbach, Lohr, Lorheim). Auch der Flurname
„Lohr" gehört dazu, wobei die Bedeutung von
Lohr (Lor) offenbleibt".

Hier mag nun die Brücke sein von Lörrach zu
Lahr. Das Gewann Lör mag wohl ein abgeholzter
Wald sein, der als Weideland benutzt wurde, so
daß die beiden großen Kreisstädte Lahr und
Lörrach Namen mit gleicher Sprachwurzel haben.
Lahr liegt auf altem Weideland, Lörrach an
einem Bach, der aus einem alten Weideland geflossen
kommt.

jöm ©djneeglötfdjen unb bie Gafferin ^attjatfna

Kaum je in den letzten Jahren haben die
Schneeglöckchen ihrem Namen so viel Ehre gemacht
, ihm im gleichen Ausmaß Bestätigung widerfahren
lassen wie in diesem Nachwinter. Fürwitzig
, wie sie von Natur aus sind, stupften sie
aus der Erde hervor, als es eben gerade den Anschein
hatte, als neige sich der bisher so degenmäßige
Winter dem Ende zu. Dann setzten mit
einmal kräftig und unverdrossen Schneefälle ein,
die den ihre Benennung mit so viel Recht tragenden
Pflänzlein Gelegenheit gaben, ihre sprichwörtliche
Widerstandskraft zu erproben. Als kurz,
ehe die Sonne das Tierkreiszeichen der Fische
verließ und in das des Widder eintrat und der
Frühling am 20. März, 21.05 Uhr, das Regiment
übernahm und der letzte Schnee im flachen Land
dahinschmolz, triumphierten die Schneeglöckchen:
Sie hatten ihr Examen bestanden. Man hätte
meinen können, sie seien eben erst hervorgeschlüpft
. Wen sollte das nicht rühren, wer hätte
ihnen nicht beglückten Sinnes gedankt!...

Auch Katharina, die Große, die russische Kaiserin
deutscher Herkunft, die zu Lebzeiten so
viel von sich reden machte, daß Dichter und
Skribenten aller Rangklassen bis heute immer
wieder ihre Figur und ihr nachweisbares wie
legendäres Tun und Lassen zu schildern nicht
müde werden, ließ sich von Schneeglöckchen entzücken
. Otto von Bismarck erzählt davon im
10. Kapitel des Ersten Bandes seiner „Gedanken
und Erinnerungen", in dem er von seinem Aufenthalt
als preußischer Gesandter in Petersburg
berichtet: „In den ersten Tagen des Frühlings
1859 machte damals die zum Hofe gehörige Welt
ihren Spaziergang in dem Sommergarten zwischen
Paulspalais und der Newa. Dort war es
dem Kaiser (Alexander II. Nikola je witsch, 1818 -
1881, seit 1855 auf dem Thron, O. E. S.) aufgefallen
, daß in der Mitte eines Rasenplatzes ein Posten
stand. Da der Soldat auf die Frage, weshalb
er da stehe, nur die Auskunft zu geben wußte:
„Es ist befohlen", so ließ sich der Kaiser durch
seinen Adjutanten auf der Wache erkundigen,
erhielt aber auch keine andere Aufklärung, als
daß der Posten Winter und Sommer gegeben
werde. Der ursprüngliche Befehl sei nicht mehr
zu ermitteln. Die Sache wurde bei Hofe zum Tagesgespräch
und gelangte auch fcur Kenntnis der
Dienerschaft. Aus dieser meldete sich ein alter
Pensionär und gab an, daß sein Vater ihm gelegentlich
im Sommergarten gesagt habe, während
sie an der Schildwache vorbeigegangen: „Da steht
er noch immer und bewacht die Blume. Die Kaiserin
Katharina IL, die Große, (Tochter des preußischen
Generals Fürst Christian August von
Anhalt - Zerbst, 1729—1796, Kaiserin seit 1762,
O. E. S.) hat an der Stelle einmal ungewöhnlich
früh im Jahr ein Schneeglöckchen wahrgenommen
und befohlen, man solle sorgen, daß es nicht
abgepflückt werde." Dieser Befehl war durch
Aufstellung einer Schildwache zur Ausführung
gebracht worden, und seitdem hatte der Posten
jahraus jahrein gestanden. Dergleichen erregte
unsre Kritik und Heiterkeit, ist aber ein Ausdruck
der elementaren Kraft und Beharrlichkeit,
auf denen die Stärke des russischen Wesens dem
übrigen Europa gegenüber beruht. Man erinnerte
sich dabei der Schildwachen, die während der
Überschwemmung in Petersburg 1825, im Schip-
kapasse 1877 nicht abgelöst wurden und von denen
die einen ertranken, die andern erfroren.

Die hübsche Anekdote erinnert auch daran,
daß Otto von Bismarck ein Freund der Pflanzenwelt
, vor allem der Bäume gewesen ist, wie denn
überhaupt die Naturverbundenheit des lebhaft
umstrittenen Gründers und Kanzlers des Reiches
von 1871 zu den sympathischen Zügen in seinem
Wesen gehört. Otto Ernst Sutter, Gengenbach

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