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6ine Feltfffte Vfcvz&fdjanse auf htm Bützberg bei $öyt)len
Fr. Kuhn, Lörrach
Zu Anfang des Jahres 1963 stieß ich etwa 1 km
südlich der Häusergruppe auf dem Rührberg im
Wald, der an die Flur „Roggenacker" angrenzt,
auf eine Schanze (Abb. Karte 1). Das Gelände ist
fast eben mit leichter Neigung gegen das Rheintal
. Das Erdwerk bildet annähernd ein Rechteck
von rund 100 m zu 70 m (Abb. Karte 2). Durch
einen flachen Wall mit Graben hebt es sich deutlich
von seiner Umgebung ab. Anzeichen von
Innenbauten oder Lesefunde ergaben sich nicht.
Zunächst wurde von mir ernsthaft der Gedanke
erwogen, daß es sich bei der Anlage um ein
römisches Marschlager gehandelt habe, eine Möglichkeit
, die bei der unmittelbaren Nachbarschaft
zu Augusta Raurica sich fast aufdrängte. Die
Fundleere des umschlossenen Gebietes und seiner
Umgebung, besonders aber die Feststellung, daß
Wall und Graben nur an einer Stelle unterbrochen
schienen, waren mit dem Schema eines
römischen Lagers unvereinbar. Dieses setzt, entsprechend
dem Achsenkreuz im Innern, das die
Grundlage für die Festlegung im Gelände bildet,
je ein Tor an jeder Lagerseite voraus. Je mehr
ich mich nach ähnlichen Anlagen umsah, desto
mehr kam ich zur Einsicht, daß es sich um
eine sogenannte „keltische Viereckschanze" handle.
Eine solche hatte ich im Gelände noch nie gesehen
, ich kannte sie nur aus der Literatur. (Siehe
Verbreitungskarten 3 u. 4.) Eindeutig sprach sich
in diesem Sinne auch Herr Dr. Klaus Schwarz
vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege
aus, der eigens zur Überprüfung der Neuentdek-
kung von München hierher gekommen war. Herr
Dr. Schwarz ist der maßgebende Fachmann, er
kennt alle Viereckschanzen in Deutschland und
Frankreich aus eigener Anschauung und hat durch
seine Ausgrabungen die eindeutige Entscheidung
für die zeitliche Ansetzung dieser Denkmalgruppe
erbracht.
Erst seit dem Ende des vergangenen Jahrhunderts
hat die Vorgeschichtswissenschaft sich mit
der Erforschung der als „keltische Viereckschanzen
" bezeichneten Anlagen befaßt. Diese Brdwerke
waren den aufmerksamen Beobachtern
schon früher aufgefallen. Fast durchweg im Wald,
abseits der menschlichen Siedelungen gelegen,
erbrachten sie keine Zufallsfunde, die eine zeitliche
Ansetzung erlaubt hätten. Ihre ungewöhnliche
Ausdehnung, im Mittel 100 m : 75 m, ließ
einen Gesamtüberblick durch Ausgrabungen
schwerlich erwarten. Dazu kam, daß solche Untersuchungen
wegen der Waldbestockung äußerst
erschwert oder unmöglich waren. Man setzte die
Anlagen in die Römerzeit und bezeichnete sie oft
als „Römerschanzen". In der Tat waren gewisse
Ähnlichkeiten mit römischen Marschlagern, also
behelfsmäßigen Feldbefestigungen aus. der frühen
Kaiserzeit, nicht zu verkennen. Anderseits
ließ die Abseitslage eine sinnvolle militärischstrategische
Deutung nicht zu.
Im Zusammenhang mit der Erforschung des
römischen Limes im badischen Hinterland in den
neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts
wurde man auf eine Viereckschanze auf Gemarkung
Gerichtstetten (Ldkr. Buchen) aufmerksam.
Im Auftrag des badischen Landesmuseums in
Karlsruhe unternahm Karl Schumacher systematische
Ausgrabungen. Dabei wurden im Innern
der Anlage der Grundriß eines quadratischen
Steinhauses aufgedeckt. Fundstücke wiesen deutlich
in die Zeit des 1. Jahrhunderts vor Chr. Da
die Hanglage eine Deutung als römische Lagerfestung
ausschloß, schienen alle Umstände dafür
zu sprechen, daß es sich bei dem Gebäude um
einen spätkeltischen Bauernhof gehandelt habe,
der später zu seinem Schutz und zur Unterbringung
des Viehes mit Graben und Wall versehen
wurde. In dem Jahrzehnt vor dem ersten Weltkrieg
entstand dann der festumrissene Begriff
Abb. 1: Lageplan der Viereckschanze
der „spätkeltischen Viereckschanze" (Abb. 5) als
eines befestigten Bauernhofes zum Ende der
Latene-Zeit. Da die Grundrisse den römischen
Bauernhöfen entsprachen, die in den Jahrhunderten
der Römerhenrschaft bei uns angelegt und
in größerer Zahl ausgegraben worden sind, schienen
diese eine zeitliche Weiterentwicklung der
keltischen Grundformen darzustellen.
Untersuchungen, die andernorts vorgenommen
worden waren, brachten diese Überlegungen wie-
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