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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1965-08/0011
Konstantin Schäfer, Neuenburg:

2luö htm leben beö Socftmeiftetö 2ßolf Wadrnüian von Kotbeeg

Mit welchem Gefühl mag die großherzoglich
badische Ober-Forst-Commission das Bündel der
Diener-Akten des Freiherrn Adolf von Rotberg,
Rheinweiler, immer wieder zur Hand genommen
haben, wenn sie ein neues bittliches Handschreiben
des Freiherrn einheften mußte.

Nachdenklich nehmen aber auch wir heute
nach anderthalb Jahrhunderten diese Blätter zur
Hand, aus deren enggeschriebenen Zeilen ein
Odem von Kampf aufsteigt, nicht von vergossenem
Heldenblut, sondern von vergossenem
Schweiß über der mühsamen Erringung einer
Lebensgrundlage, eines Platzes in der besoldeten
Beamtenhierarchie, um die Geltung eines adligen
Hauses innerhalb des Staates und des Bürgertums
. Eines Kampfes, der mit bewunderungswürdiger
Zähigkeit, mit Überwindung geduldig
ertragener Demütigung, mit Fehlern und Erfolgen
geführt wird. Wenn auf dem letzten Blatt
mit knappen Daten die Stationen dieses Lebens
noch einmal festgelegt sind, bestätigen sie uns
die Erfahrung von der süßen Bitternis des Lebens
, die darin ihre Vollendung findet, daß sie
die Bitternis des Lebens in uns zur Süße der
Weisheit läutert.

Als Ausgangsstation verzeichnet das Blatt:
„1789, d. 14ten Sept. gebohren." Es ist das Jahr
der großen Französischen Revolution. Wenige
Wochen zuvor war auch diesseits des Rheins am
Schulhaus zu Endingen jenes großartige Dokument
von unbekannter Hand angeschlagen worden
, das den dumpfen Drang nach Freiheit laut
werden läßt in seinen ungefügen Worten: „Auf
Wer ein Rechter Bürger ist, der wer sich um die
gerechtig Keit wilen, bey der ersten."

Die Aktenblätter, die das Leben unsres Freiherrn
zeichnen, lassen nichts von dem erkennen,
was zwischen 1789 und der nächstgenannten Zahl
1804 an Weltveränderndem geschehen ist.

„1804 Page in herzogl. Sachs. Weimarischen
Diensten.

1807 zurückgekehrt, um sich dem F. u. J. W.
(Forst- und Jagdwesen) zu widmen."

So einfach war dieses Unterfangen nicht. Da liegt
ein Schreibeiv des Vaters vor, des „untertänigsten
Vasall Freiherr August von Rotberg", datiert
vom 12. Februar 1807 zy. Rheinweiler. Im
Alter von 14 Jahren, noch ein Kind, war der
Sohn in fremde Dienste gekommen. In einem
späteren Schreiben berichtet dieser selbst davon:
„In meinem 14ten Jahre verließ ich meine väterliche
Wohnimg und ging als Page in Herzoglich
Weimarische Dienste, woselbst ich drey Jahre
mit der Zufriedenheit des Herrn Herzogs blieb,
die er mir bey meinem Austritt im Jahre 1806
durch Ernennung zum Kammerjunker zu erkennen
gab." Der Vater erwähnt in seinem Gesuch
an den „Durchleuchtigsten Großherzog" auch
diese Episode. Es ist ein sachliches Schreiben,
mit dem er versucht, den Lebensweg seines
Sohnes in eine stete Richtung zu bringen. Er

schreibt: „Mein ältester Sohn, bereits 18 Jahre
alt, hat große Lust das Forstwesen zu erlernen,
wozu er sich seit anderthalb Jahren auf dem
Lycaeo zu Carlsruh Vorkenntniße sammelte, und
ich habe keine Ursache seyn Vorhaben zu hindern
. Nur wäre mein Wunsch, daß er sich zu
diesem Zwecke in Carlsruh bildete, weil ich keine
günstigere Lage hiezu finde.

In dieser Hinsicht nahm ich ihn von Weimar
weg, wo er schon 3 Jahr bey Sr. Durchleucht dem
Herzog zu Sachsen Weimar als Page gestanden,
um in seinem Vaterlande gebildet zu werden,
dem er einst als ein würdiger Staatsbürger dienen
soll, wozu ihn doppelte Gründe führen, die
als Bürger und Ew. Königlichen Hoheit dereinstigen
Vasall.

Es würde mir also zur besonderen Gnade gereichen
, wenn Ew. Königliche Hoheit meine un-
terthänigste Bitte, meinem Sohn bey Höchstdero
Forst - Departement enrollieren 1 zu laßen gnädigst
erhören wollten.

Ich getröste mich einer allergnädigsten Gewährung
und ersterbe in Ehrfurcht

Ew. Königlichen Hoheit
Rheinweiler, den 12. Febr. 1807

unterthänigster Vasall
Fr. August v. Rotberg

Die Antwort erfolgt verhältnismäßig rasch.
Sie ist zwar auch sehr klar, aber ernüchternd:

„Dem Supplicanten2 seie zu eröffnen, es de-
pendiere lediglich von ihm, was er seinen bemel-
ten Sohn studieren laßen wolle. Wenn sich aber
dieser der Forst- und damit verbundenen Kamerai
-Wissenschaft widmen wolle, so müsse er sich
mit allem Fleiß darin theoretisch und praktisch
nach besten Kräften zu befähigen suchen, um
dereinst, ehe er auf wirkliche Anstellung im
Forstfach eine Ansprache machen dürfe, ein Examen
rigorosum erstehen zu können. Vorher aber
finde kein Enrollement1 statt."

Ein Jahr später, am 20. April 1808, unternimmt
der Vater den nächsten Schritt. Er teilt
der General-Forst-Kommission mit, daß er seinen
Sohn vom Lyzeum in Karlsruhe wegnehmen
und zur ausschließlichen Fachausbildung in das
Forst-Institut des Herrn von Drais bei der Universität
Freiburg schicken wolle.

Er schreibt: „Ich habe den Entschluß gefaßt,
welches gehorsam melden wolle." Eine erfreuliche
Sprache. Weniger erfreulich klang sie in
den Ohren der Kommissionsherren. Sie fordern
ein Gutachten des Vorstehers des Karlsruher
Lyzeums an, des Kirchenrats Hebel, und ein
schriftliches Examen.

So kommen wir zu dem seltenen Genuß, ein
bisher unbekanntes Handschreiben Johann Peter
Hebels aus seiner Zeit als Direktor des Lyzeums
in Händen zu halten. Er schreibt es im gleichen
Jahre 1808, als er zum Mitglied der obersten

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