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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1965-08/0013
ßen und ganzen. Folgerichtig mußte die erste
Frage lauten: „Was für einen Begriff unterstellt
Examinant unter dem Worte Forstwissenschaft?"
Antwort: „Den systematisch geordneten Inbegriff
aller bewährt gefundenen Regeln und Grundsäze
zur Erziehung, Benuzung, Behandlung und Schä-
zung der Waldungen." Nun folgt Frage um Frage
in Form eines Kompendiums der Forstwissenschaft
, aufgebaut nach erstens und zweitens, a)
und b). Alles ist brav memoriert: „Zu den Hilfswissenschaften
gehören die

1. nöthigen Schuhlkenntniße

2. Arithmetik und Geometrie

3. Mathematik

a) reine

b) angewandte

1. Mechanik

2. Zivil

3. Waßer

4. Weg- und

5. Flußbaukunst

4. Naturkunde

a) Phisik und

b) Chemie

5. Planzeichnen

6. Botanik

7. Naturgeschichte der wilden Tiere

8. Forsttechnologie

9. Mineralogie

10. Allgem. Grundsätze der Landwirtschaft

11. Die auf das Forstwesen bezughabenden
Rechtswissenschaften

12. Forst- und Jagdrechnungswesen."

Der Katalog läßt an Reichhaltigkeit nichts zu
wünschen übrig.

Als nächstes wird bei Tacitus und Caesar beginnend
die Geschichte der Forstwissenschaft
dargestellt. Es werden alle berühmten Namen
aufgezählt wie Gleditsch (1714—1786) oder später
u. a. Burgsdorf (1747—1802), der sich vor
allem um die Anzucht fremdländischer Holzarten
verdient gemacht hat und Hartig (1764—1837),
der durch Lehrbücher der Praxis der Forstmänner
diente, ein Lehrer also, der noch zu Lebzeiten
v. Rotbergs wirksam war.

Es fehlt auch nicht die Frage, .welche Eigenschaften
man in moralischer und physischer Hinsicht
von einem Forstmann erwarte. Antwort:
„Außer den eben genannten Wissenschaften fordert
man von einem Forstmann in moralischer
Hinsicht 1. Treue, 2. Redlichkeit, 3. Pünktlichkeit
in Besorgimg seiner Dienstgeschäfte, 4. Verschwiegenheit
. In phisischer Hinsicht aber muß
er von einer guten Constitution, Ausdauer bei
wiedrigen Naturereignißen" sein.

Die Frage nach dem Unterschied zwischen
Pflanze und Tier scheint leicht zu beantworten,
ist es aber nicht. Der Examinant definiert die
Pflanze als einen organischen leblosen Körper,
der keine willkürliche Bewegung hat. Schon
Linne gesteht der Pflanze Leben zu in seinem
Satz: „Plantae crescunt et vivunt, animalia cres-
cunt, vivunt et sentiunt" (Die Pflanzen wachsen

und leben, die Tiere wachsen, leben und empfinden
), doch auch die Pflanze besitzt eine Reaktionsfähigkeit
.

Im Mittelpunkt des „Verhörs" standen natürlich
die Holzgewächse. Fast faustisch mutet die
Frage an: „Wie erklärt man das Aufleben, das
Wachsthum und den Tod der Holzpflanze?"

Faustische Fragen kommen nicht immer aus
einem faustischen Herzen. Es frägt sich das Leben
oft selber mittels eines unfaustischen Mundes
nach Sinn und Wesen seines Seins. Fast etwas
durchleuchtet von den mystischen Hintergründen^
des Lebens schreibt c(er junge von Rotberg von
dem Geheimnis des Lebens; man möchte es fast
schön nennen, nicht ohne dichterischen Reiz: „Im
Frühjahr, wenn bey eintretender Wärme der Saft
in Bewegung kommt, öffnen sich die Knospen.
Der Baum erhält Blüthen, Blätter und Zweige.
Nach geraumer Zeit, wenn die Blüthe ihre Vollkommenheit
erreicht hat, tritt der Zeitpunkt der
Befruchtung der weiblichen Blüthe durch den
männlichen Samenstaub ein. Die schwillt nun
von Tag zu Tag und reift endlich zur Bestimmung
durch den Samen, den sie in sich schließt,
Pflanzen gleicher Art hervorzubringen. Bringen
wir nun diesen ganz reifen Samen.. in die Erde,
die hinlängliche Nahrungsteile dem Samen zu
geben fähig ist, so finden wir, daß durch den
Einfluß der äußeren Atmosphäre und durch das
Einsaugen der Nahrungsteile aus der Erde selbst
der Samen sich allmählich vergrößert.. Die Wurzel
vergrößert sich und dringt ihrer Bestimmung
gemäß immer tiefer in die Erde. Wie sich die
Wurzeln in der Erde vergrößern, ebenso vergrößert
sich das Stämmchen auf der Oberfläche
der - Erde. Dies Vergrößern nennt man Wachsen.
Nicht blps in die Länge, sondern auch in die
Dicke breitet sich der Stamm durch jährliches
Auflegen von neuen Holzschichten aus, bis es
den höchsten Grad seiner Vollkommenheit erreicht
und er, wie sich der Forstmann auszudrücken
pflegt, phisisch haubar ist. Der Baum
nimmt nun weder zu noch ab, die Gefäße verrichten
noch nothdürftig ihr Geschäft (nehmlich das
der Ernährung des Stammes). Endlich tritt der
Zeitpunkt ein, wo sich die Nahrung zuführenden
Gefäße verstopfen; der in ihnen enthaltene Saft
geräth nun in Gährung, und es entstehen dadurch
Krankheiten in dem Baume selbst. Die Theile
lösen sich allmählig auf, und der Baum geht nun
wieder in seine Urstoffe über. Wir kennen dies
mit dem Ausdruck: der Baum stirbt."

Mag cliese Darstellung des Lebens eines Baumes
etwas sehr summarisch sein, dilettantisch,
naiv und wissenschaftlich anfechtbar, so haben
wir sie doch für wert befunden, in ihrem ganzen
Inhalt wiedergegeben zu werden, weil sie etwas
enthält, das sich mit Worten nicht ausdrücken
läßt; sicherlich dem jungen Manne unbewußt. Es
ist etwas vom großen Atemzug des Lebens darin,
vom Heben und Senken der Wogen, vom Hochsteigen
und Niedersinken des Springquells, wie
der Grieche es im Auf und Ab des Hexameters
aufklingen läßt. Es folgt die Aufzählung aller
Baumkrankheiten, die Einteilung der einheimischen
Holzarten und ihre Eigenschaften. Ihre

II


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