Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1965-08/0018
^urtjbefpcedjung

's Wundergigli

Der Freund der alemannischen Sprache freut sich über
jedes gedruckte alemannische Wort. Er muß freilich heute
manch Geringwertiges in Kauf nehmen, denn oft wird
allzu leichtfertig gedruckt. Wie dem auch sei, er freut
sich, daß die Sprache immer wieder auf solche Weise
festgehalten wird, denn mehr und mehr der uralten
Laute gehen verloren im Sog unserer kalten Zeit.

Zu den in ziemlicher Anzahl in letzter Zeit erschienenen
Bändchen alemannischen Schrifttums ist jetzt ein
Büchlein erschienen: „'s Wundergigli«* von Philipp Bruk-
ker. Es ist in echter und sauberer Prosa geschrieben,
endlich, nach so viel mehr oder weniger gut Gereimtem
mit mehr oder weniger guten Versfüßen. Seit Karl Berners
„Potz Dunder" wurde kaum mehr eine so schöne
Prosa veröffentlicht. Wir lesen ein „Lohrerditsch", wie
die Lahrer zu ihrem Alemannisch sagen. Und sie sagen
es mit gleichem Stolz wie die Schweizer das ihre mit
„Schwyzertütsch" bezeichnen. Wohlgemerkt, diese schreiben
es tatsächlich mit einem harten „t".

Philipp Bruckers Geschichtchen atmen einen goldenen
Humor, der sich aber nicht im Spaßmachen verliert.
Hintergründige Weisheit, Herzenswärme und ein tiefer
Ernst geben uns auf fast jeder Seite etwas zum Nachdenken
. In einer Stadt wie Lahr gab es und gibt es noch
die liebevoll gezeichneten Originale, während sie anderswo
allmählich am Aussterben sind. Da ist der „munggig"
und doch herzensgute „Kehle-Beck", oder die „gnitz"
„Idde" mit ihrem gutmütigen „Kariii", da sind vor allem
die Kinder gezeichnet in ihrer natürlichen und unschuldigen
Ausgelassenheit. Und wenn sie die arme „Giigseri"
quälen, vergeht uns das Lachen, doch werden wir daran
erinnert, daß sie es ja aus Spieltrieb und Unwissenheit
tun. Wie ergreifend warm ist das alte „Mietrli" geschildert
, das ihren Brief „fir nach" Mannheim aufgibt, —
eine alltägliche Geschichte, wie wir sie hundertmal sehen
könnten, wenn wir nicht gedankenlos daran vorbeigingen
. Wir erleben nicht nur, wie es „sellmols" gewesen
war, auch die Gegenwart wird lebendig: Etwa wenn heute
anstatt kindlicher Wunderdinge ein Panzer aus dem
„Wundergigli" herauskommt, oder wenn die Kinder ihr
Spielzeug amerikanisch benamsen, auch wenn die „Idde"
„Regard" (Respekt) vor der Bauordnung hat und wenn
„splitternackigi Maidli" die moderne Kunst verkörpern.
Die Gegenwart ist auch da, wenn sie beim Ausfüllen des
Wahlzettels so richtig „usgmacht" wird.

Welche Vielfalt des Geschauten, welch ein Reichtum
im Wort! Alte Ausdrücke sind noch wach und werden
liebevoll festgehalten. Es wird „knubbt" und „kidderet",
„driwellert" und „zuebämm'rt", es gibt „uf d Lafehd"
oder „uf d Läfze", und von drolligen Schimpfnamen wie
„Hättili", „Kaib", „Zwuggel", „Glefeeri", „Bruddli" hagelt
es nur so. Voller Anerkennung muß festgestellt werden,
daß auch Kleinigkeiten, die heute oft vernachlässigt werden
, richtig sind, so u. a. das uralte, echte Wörtchen „wo",
„die wo" für „welcher", „welche" (diä wo), was sogar ein
Hebelpreisträger in den neueren Ausgaben meinte, verbessern
zu müssen mit „der" bzw. „die" (= welcher,
welche). Brucker geht noch richtig, „ge d Läde z bschaue"
(und nicht „um zu"), er sagt auch „numme" und nicht
das hochdeutsche „nur", und wenn so charakteristische
Wörter wie „Kuchikänschderli", „Allmaach", „Schläckli-
flade" erscheinen, so spürt man auch aus solchen Dingen
die große Liebe des Autors zu seiner Muttersprache. Die
reichhaltige Wörtererklärung spricht für sich, sie ist eine
Fundgrube für unsere Sprachforscher.

Mit der Schreibweise kann sich nicht jeder sofort
zurechtfinden. Wir lernen ja nicht Alemannisch, sondern
Hochdeutsch lesen. Also sollten wir uns möglichst an das
hochdeutsche Schriftbild halten. Eine phonetische Schrift
ist mit den vorhandenen Schriftzeichen nicht konsequent
durchzuführen. Schon Hebel schrieb „e" = ein. Es ist
dasselbe offene e wie in „der", in „Mess" oder „pfetze",
wie auch in „dere", „die", „wie" usw. (Brucker schreibt
„däre", „diä", „wiä", aber „Mess", „pfetze" usw.) Wir
sollten auch als Dehnungslaut das e vermeiden und es
nur schreiben, wo es gesprochen wird, also in: Dieb,
wie, — aber Müsli (nicht Miesli), bliiwe, Giigse, Für usw.
Dies alles aber sei nur am Rande erwähnt.

Philipp Brucker bezeichnet seine Sprache mit „Niederalemannisch
". Ist das richtig? Karl Bohnenberger sprach
(1905) von zwei Hauptgruppen: Nord- und Südalemannisch
. Im Jahre 1921 empfahl Ernst Ochs eine Dreiteilung
in Nord-, Mittel- und Südalemannisch. Nach ihm gehört
das „Lohrerditsch" zum Mittelalemannischen (bei Ochs
ist Niederalemannisch das nördliche Elsässisch zwischen
Zabern und Colmar, das ins Badische hinein mit einem
kleinen Gebiet um Kehl herüberreicht). Ochs begründet
seinen Vorschlag damit, daß „das Mittelalemannische das
Mittelhochdeutsche am getreuesten fortsetzt". Inzwischen
dürfte doch die Forschung so weit sein, daß wir endlich
eine klare, einheitliche Gliederung erhalten, ehe sich die
Begriffe gänzlich verwirrt haben.

Das Büchlein ist mit netten Zeichnungen von Inge
Freund versehen. Es bietet sich direkt an zum Vorlesen,
wobei der ganze Reichtum in Sprache und Inhalt erst
recht zur Geltung kommt. Es ist aus einem ernsten Verantwortungsbewußtsein
, aus einem warmen Herzen und
... gescheit geschrieben. Es gehört in jede alemannische
Bücherei. Hubert Baum

„'s Wundergigli" von Philipp Brucker.
Verlag Schauenburg, Lahr I Schw. 6,80 DM.

Ein Bodenseebuch von Max Rieple

Unter dem Titel „Verliebt in den Bodensee" hat der
aus Donaueschingen gebürtige Dichter Max Rieple, der
in früheren Jahren Bücher über den Schwarzwald, über
Burgund und die Bretagne veröffentlicht hat, ein besonders
schönes Bodenseebuch veröffentlicht. (Verlag Stähle
und Freidel, Stuttgart, 244 S., Halbl., 19,80 DM.)

Das Buch behandelt dichterisch und kenntnisreich zugleich
Landschaft, Geschichte, Kunst und Kultur des
ganzen Bodenseeraumes. In einem Geleitwort schreibt
der in München lebende Professor Dr. Wilhelm Zentner:
Max Rieple besitzt das Auge des Malers, das Ohr des
Musikers und die Feder des Dichters. In einem Anhang
sind dem Buche zahlreiche Wandervorschläge, Touren für
Autofahrer, sowie Wissenswertes über den Wassersport,
über Jugendherbergen und Campingplätze beigegeben.

E. Baader

Mundartgedichte von Paula Hollenweger

Die vor 65 Jahren in dem Dörflein Feldberg geborene
und heute dort noch lebende Mundartdichterin Paula
Hollenweger gab im Verlag Rombach, Freiburg / Br., ihre
gesammelten alemannischen Gedichte unter dem Titel
„Markgräflerland, du Land am Rhii" heraus. Das Vorwort
schrieb Hubert Baum, Freiburg, ein Nachwort der
inzwischen verstorbene Hebelpreisträger Richard Nutzinger
, welcher viele Jahre Präsident des Hebelbundes gewesen
war. Durch diesen Band bezeugt Paula Hollenweger
, daß sie zu den besten alemannischen Mundartdichterinnen
unserer Zeit zu zählen ist. Wir finden hier,
geschult an Hebel und Burte, echte volkstümliche alemannische
Dichtung hohen Ranges. Wertvoll sind die dem
Buch beigegebenen Erklärungen. Eine eingehende Besprechung
folgt. E. Baader

»Die Markgrafschaft«

Monatszeitschrift des Hebelbundes

stellt die Verbindung zwischen den Hebelfreunden in der
Heimat und in der Ferne dar. Wer sie abonniert, hilft
dem Hebelbund bei der Erfüllung seiner vielen und
schönen Aufgaben.

Einzelheft.......DM -.70

Halbjahresabonnement = 6 Hefte DM 4.20
Jahresabonnement für 12 Hefte . DM 8.40

Nach auswärts oder ins Ausland Porto zusätzlich.
Bestellungen nimmt entgegen:

K. Schäfer, 7844 Neuenburg

16


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1965-08/0018