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Die romanische Vorhalle der Kirche von
Lautenbach
Pfarrer Haaby, der seit bald vier Jahrzehnten die viel
besuchte Stiftskirche von Lautenbach im oberen Gebweilertal
betreut und diese um 1930 anläßlich einer
Renovierung wieder zu Ehren gebracht hat, widmete
derselben ein bedeutendes Werk, ein grundlegendes Buch
(1958). Nun hat er dieses ergänzt durch eine Studie über
die romanische Vorhalle dieses prächtigen Bauwerkes,
eine Studie, in der er das viel diskutierte Problem der
einzigartigen romanischen Skulpturen in gründlicher
Weise erörtert. In jahrelangem Studium bietet uns der
Verfasser hier eine ausgezeichnete Deutung der romanischen
Symbolik, eine Würdigung dieser Vorhalle, die um
1150 gebaut wurde und in Einzelheiten der Vorhalle von
Maursmünster stark ähnelt. Haaby geht auf Zweck und
Deutung der Vorhalle ein, — Gerichtshalle der Herrschaft
Lautenbach, Aufnahme der Opfergaben, der Büßer,
der Pilger. Diese Vorhalle heißt oft „Paradies"; im Lautenbacher
finden wir Erinnerungen an das irdische
Paradies: die Stammeltern, die Schlange, die Vertreibung
aus dem Paradies. Der Verfasser untersucht die diesbezüglichen
Skulpturen, wobei er manche Einzelheiten
entdeckte und diese auf Grund der Hl. Schrift erklärt.
Dann geht er auf den Fries am Innenportal ein — Ehebruch
und das widernatürliche Laster —, vergleicht den
linken und rechten Fries, um aus diesem Vergleich zum
Schluß zu gelangen: im Heidentum triumphiert der Tod,
im Christentum das Leben, abschreckende Warnung vor
Unglück und Sünde hier, Hoffnung und Heil für den
sündigen Menschen dort. Auch das leider zerstörte
Tympanon und die Paradiesbäume stehen im Zusammenhang
mit der romanischen Symbolik; selbst die
Ziermotive, Palmen und Weinranken, sind ein Teil dieser
tiefsinnigen Skulpturen. Schließlich geht der Verfasser
auf die Zahlenmystik ein, die Drei-, die Zwei-
und die Siebenzahl, die uns in dieser Vorhalle begegnet.
Die Lautenbacher Vorhalle faßt die gesamte Menschheitsgeschichte
zusammen: vom irdischen Paradies, dem
Sündenfall und seinen Folgen, über das weitere Menschenleben
ins Kircheninnere, den Himmel. Die tüchtige,
theologisch untermauerte, kunsthistorisch gründliche
Studie verdient das Interesse aller Kunstfreunde am
Oberrhein und ergänzt wertvoll das Buch „Stift Lautenbach
" desselben Verfassers. P. Stintzi
Ch. Haaby, Die romanische Vorhalle der Kirche von
Lautenbach. Ein Beitrag zur Erforschung der romanischen
Symbolik. Straßburg, Gesellschaft für Elsäss.
Kirchengeschichte. 52 Seiten, 16 Abbildungen. Im Kauf
beim Verfasser, Pfarrer Haaby in Lautenbach (Haut-
Rhin), ä frz. Fr. 10,—.
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In Heft 1/65 der „Markgrafschaft" hatten wir aus dem
Jan Thorbecke Verlag, Konstanz, den Führer zu Kunst-
und Geschichtsstätten „Vom Bodensee zum Rheinfall"
angekündigt und unseren Lesern empfohlen. Wir möchten
dies heute mit einem weiteren Büchlein dieser Reihe
tun: Georg Himmelheber, „Karlsruhe, Pforzheim, Baden-
Baden". Es umfaßt also den mittelbadischen Raum und
schließt die angrenzenden Gebiete des Elsaß und der
Pfalz mit ein. Auch hier wieder eine erfreuliche buchtechnische
Ausführung, die alle Bücher des Thorbecke
Verlags in hervorragender Weise auszeichnet.
Dem Büchlein ist in dem aufklappbaren Umschlag
eine übersichtliche Karte des Gebietes vorausgestellt, die
eine rasche Orientierung ermöglicht und ein dauerndes
Umblättern erspart. Der Führer erfaßt einen weiten Raum:
von Bruchsal im Norden bis Schwarzach mit seiner großartigen
Klosterkirche im Süden, von Tief enbronn mit seinem
herrlichen Magdalenenaltar und Niefern mit seiner
Niefernburg und seinen Malereien aus dem 15. Jahrhundert
in der Pfarrkirche, mit dem Kloster Maulbronn im
Osten; die Pfalz mit Bergzabern, Kandel und dem alten
Jockgrim und das Land im Unterelsaß zwischen Bien-
wald und Hagenauer Forst mit den Kleinodien Weißenburg
und Hagenau im Westen. Auch hier ist mit der
durch die Bestimmung als Taschenführer gebotenen
Einschränkung notwendigerweise manches in knappster
Form dargestellt worden, das man gern weiter ausgeführt
gesehen hätte.
Es ist kein Fehler, wenn man dadurch die bequeme
Handlichkeit erreicht; wer nach weiterer Vertiefung verlangt
, findet eine ausreichende Bibliographie im Anhang,
ein Künstlerregister und ein Ortsregister. Nimmt man
noch die ausgezeichneten Bilder hinzu, kann man feststellen
, daß hier eine begrüßenswerte Fortsetzung der
Reihe geboten wird. Es ist eine Lust, in ihnen zu blättern
, sie verlocken uns, die Schätze dieses Raumes aufzusuchen
.
Georg Himmelheber: „Karlsruhe, Pforzheim, Baden-
Baden". Ein Führer zu Kunst- und Geschichtsstätten
in Mittelbaden und den angrenzenden Gebieten des
Elsaß und der Pfalz. Thorbecke Taschen-Bildführ er,
96 Seiten Kunstdruck, Format 12,3X18 cm, 85 Fotos,
1 Karte, kartoniert. Preis 9,80 DM. Jan Thorbecke
Verlag Konstanz, Stuttgart.
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Aus dem Verlag Schnell u. Steiner, München, sind in
der Sammlung „Kleine Führer" unter der Nummer 815
und 820 zwei Hefte erschienen, die unsern Freund Professor
Paul Stintzi, Mülhausen, zum Verfasser haben: „Die
Dominikanerkirche in Colmar" und „Die Liebfrauenkirche
in Gebweiler".
Die Dominikanerkirche in Colmar, zwischen dem
Unterlinden-Museum und dem Münster gelegen, gewinnt
ihren eigenartigen Reiz durch vier Wesensmerkmale:
durch die außerordentlich schlanken Rundsäulen, die
ohne abgrenzende Kapitelle in die Arkaden übergehen
und die beiden Seitenschiffe mit dem Mittelschiff mehr
verschmelzen, als sie zu trennen; durch die flache Holzdecke
des Mittelschiffs, die mehr einer Basilikadecke
entspricht, als der einer gotischen Kirche; durch den
überraschend im Gegensatz hierzu mit Kreuzgewölben
überdeckten tiefen Mönchschor hinter dem schlichten
Steinaltar und schließlich durch die großartigen Glasmalereien
der Fenster.
Professor Stintzi versteht es, in seiner Darstellung in
äußerster Kürze, wie der Umfang der Heftchen es vorschreibt
, Geschichte und Bauwerk in den wesentlichen
Punkten zu schildern, ohne das Notwendige zu übergehen
, ohne aber auch den Beschauer davon zu entbinden
, selbst zu entdecken und zu sehen. Die Auswahl der
zahlreichen Bilder ist vorzüglich. Auch dem Verlag muß
die saubere, geschmackvolle Ausführung mit dem bunten
Umschlagbild eines Glasfensters dankend vermerkt
werden.
Was hier grundsätzlich gesagt ist, läßt sich auch für
das zweisprachige Heftchen „Die Liebfrauenkirche zu
Gebweiler" feststellen: ausgezeichnete Bebilderung, klarer
, nichts übergehender Text. Es handelt sich um ein
in seinem triumphierenden Ausdruck völlig anderes Bauwerk
aus dem Ende des 18. Jahrhunderts. In die Ausschmückung
des Hochaltars ist der ganze Chorraum mit
einbezogen. Eine Kirche, in der sich mit dem süddeutschen
Barock des Hochaltars französischer Klassizismus
des weiten hellen Raumes mit seinen mächtigen, korinthische
Kapitelle tragenden Säulen zu einer glücklichen
Harmonie vereinigt.
„Die Dominikanerkirche in Colmar", Kunstführer
Nr. 815, 1965, 14 Seiten. „Die Liebfrauenkirche in
Gebweiler I Elsaß", Kunstführer Nr. 820, 14 Seiten,
Verlag Schnell & Steiner, München und Zürich.
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