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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1965-10/0011
che Notstände so schnell wie möglich beseitigen
möchte.

Daß solche Ereignisse nicht nur den verantwortlichen
Menschen unserer Tage Kopfzerbrechen
verursachen, zeigt ein Blick in die Geschichte
der Volksschule Obereggenen um die Mitte des
vorigen Jahrhunderts.

Äußerer Anlaß dazu waren die Revolutionswirren
der Jahre 1848/49 in Baden. Auf Grund
der ärmlichen Lebensverhältnisse der Volksschullehrer
jener Tage war es wahrhaftig kein Wunder
, daß ein beträchtlicher Teil dieser Lehrer mit
den Aufständischen nicht nur sympathisierte,
sondern auch aktiv deren Anliegen verfocht. Da
der absolute Staat wenig für die Hebung des
Lehrerstandes zu tun gewillt war, hatte man von
einer erfolgreichen Revolution nur zu gewinnen.
So dachte und handelte jedenfalls der damalige
Hauptlehrer Krager in Müllheim. In den Augen
der seinerzeitigen Autoritäten war das aber Hochverrat
! Nach erfolgter Niederwerfung des Badischen
Aufstandes mußte der unglückliche Lehrer
für seine Haltung während der „stürmischen
Tage" bitter büßen. Am 19. Juli 1849 erhielt das
Großherzogliche Bezirksamt in Müllheim folgendes
Schreiben:

„Freiburg, den 17. Juli 1849
Der Großherzogliche Landeskommissär
für den Ober Rheinkreiß
Nach Ansicht der höchsten Verordnung s. & b\
v. m. 2. B. N. 75 verfüge ich andurch: Der Hauptlehrer
Krager bei der höheren Bürgerschule in
Müllheim wird provisorisch suspendiert und
durch den Hauptlehrer Schilling in Obereggenen
provisorisch ersetzt.

Nachricht hiervon an das Großh. Bezirksamt
Müllheim zur Eröffnung und zum Vollzug.

Marschall"

Mit diesen dürren Worten war das Schicksal
des Hauptlehrers Krager besiegelt.

Auf der Rückseite des Schreibens, das für den
Obereggener Lehrer bestimmt war, stand folgender
Vermerk:

„Eröffnung mit dem Ersuchen den Lehrer
Schilling zu veranlassen sich morgen Vormittags
zur weiteren Besprechung bei der Bezirksschul-
visitatur einzufinden.

Müllheim, den 19. Juli 1849

Großherzogliche Schulvisitatur".
Müllheim hatte wieder einen Lehrer, aber die
Obereggener waren ihren los. Da es gerade mitten
im Hochsommer war, und die Kinder zur
Arbeit gebraucht wurden, war man wahrscheinlich
zunächst mit dieser Situation nicht besonders
unzufrieden. Übrigens war ja alles nur
„provisorisch". Daß dies sehr oft in einen Dauerzustand
übergehen kann, sollten die Obereggener
bald merken. Der Sommer verging, und kein
anderer Lehrer wurde der Gemeinde zugewiesen.
Dafür kam im November folgendes Schreiben:
„Evangelischer Ober-Kirchenrath

Carlsruhe, d. 2. November 1849
Bericht der Großherzoglichen Bezirks Schul-
visitatur Müllheim vom 30. v. M. Nr. 2348
die Besetzung des Schuldienstes in Obereggenen
betr.

Beschluß

Durch die Großherzogliche Bezirks-Schulvisitatur Müllheim
ist dem Schulvorstand in Obereggenen zu bemerken:

Nachdem der für den Oberrheinkreis aufgestellte
außerordentliche Landeskommissär im
August des Jahres den Schullehrer Krager von
Müllheim wegen Betheiligung an dem hochver-
rätherischen Aufruhr seines Amtes enthob, und
dessen Stelle dem Schullehrer Schilling in Obereggenen
übertrug, so erachten wir als oberste
Schulbehörde für angemeßen, diese für kurze
Zeit getroffene Einrichtung bestehen und die
Schule zu Obereggenen einstweilen durch den
Unterlehrer Lenz versehen zu lassen. Wohl hätten
wir im Interesse der braven Gemeinde Obereggenen
, deren ausgezeichnete Haltung zur Zeit
der stürmischen Revolutions-Tage wir mit gerechtem
Lobe anerkennen, gewünscht, andere
Maaßregeln ergreifen zu können; aber im Drange
der Umstände und bei dem Mangel an disponiblen
und für Müllheim geeigneten Lehrer konnte
nicht wohl ein anderer Weg eingeschlagen werden
. Wir werden aber die Sache des Schullehrers
Krager so viel als möglich beschleunigen suchen,
um damit die gegenwärtige provisorische Einrichtung
zu beendigen. Sollte aber der Fall eintreten
, daß Schullehrer Schilling in Müllheim
definitiv bleiben würde, so werden wir ernstlich
Bedacht darauf nehmen, der achtbaren Gemeinde
Obereggenen wieder einen Lehrer zu senden, der
ihren gerechten Wünschen entsprechen wird.

v. Woellwarth."

So weit, so gut! Aber trotz allem behördlichen
Lob über vorbildliches Verhalten während der
Revolutionszeit waren die Obereggener letzten
Endes die Geschädigten. Da man mit dem Bescheid
nicht zufrieden sein konnte, versuchte man
durch eine persönliche Vorsprache auf der „Schul-
visitatur", dem damaligen Staatlichen Schulamt,
doch noch zu einem Lehrer zu kommen. Ein geharnischtes
Schreiben des Ortsgeistlichen schlug
in die gleiche Kerbe. Es lautet:

„ Großherzogliche Bezirks-Schul-Visitatur
Zwei Gemeinderäte bringen von Müllheim die
Nachricht, daß die Besetzung unseres Schuldienstes
voraussichtlich sich noch lange verzögern
werde, und daß Wohldieselbe einen Hilfslehrer
disponieret habe, dem unsere Schule unterdessen
übertragen werden könnte.

Dieser Ausweg scheint auch mir der geeignetste
, um der Mißstimmung in Nieder- und Obereggenen
über die mangelhafte Verwaltung ihrer
Schulen während dieser Winterszeit nieder zu
schlagen. Zu eben diesem Zwecke habe ich selbst
bisher täglich 2 bis 3 Stunden Schule gehalten;
aber ich fürchte zu gut, daß meine Gesundheit
diese Anstrengung schwerlich bis Ostern ertragen
könnte.

Auch fehlt mir die nötige Kraft und Munterkeit
zum Confirmanden - Unterricht, wenn ich
mich vorher in der Schule abgearbeitet habe.

Sollte daher die Nachricht der beiden Gemein-
deräthe richtig sein, so bitte ich Wohldieselbe den
uns angeratenen Ausweg in Vollzug zu setzen.

Obereggenen, den 29. Dezember 1849

Asmus, Pfarrer."

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