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Dieses Schreiben hatte seinen Eindruck nicht
verfehlt, und die Schulbehörde in Müllheim
sandte den Brief des Pfarrers mit folgendem
Vermerk zurück:
„Geht an Großherzogl. Schulinspektion Ober-
eggenen mit dem Anfügen zurück, daß wir den
entlassenen Lehrer Schärr beauftragt haben, auf
kommenden Montag gegen Bezug des Unterlehrersgehalt
, den Schuldienst und Sigristendienst
zu Obereggenen zu versehen."
Die ärgste Not war damit behoben, aber ganz
normale Verhältnisse scheinen noch nicht wiederhergestellt
gewesen zu sein. Man schrieb bereits
den Januar 1850. Endgültig bereinigt wurde die
ganze Angelegenheit ein halbes Jahr später durch
ein Schreiben des Evang. Oberkirchenrates:
„Carlsruhe, den 19. Juli 1850
Vortrag, die Wiederbesetzung der evang. Schulstelle
zu Obereggenen betreffend.
Beschluß
I. Die evangelische Schulstelle zu Obereggenen,
Schulbezirk Müllheim, in die Ute Classe gehörig,
mit dem Normalgehalte, nebst freier Wohnung
und dem gesetzlichen Anteil am Schulgelde zu
48 Kreuzer von jedem Kinde wird hierdurch dem
Hauptlehrer Carl Muser von Niederweiler übertragen
und derselbe angewiesen, am 23. Juli d. J.,
an welchem Tage der Bezug seiner Besoldung
beginnt, seinen neuen Dienst anzutreten.
II. Nachricht der Großherzoglich evang. Be-
zirksschulvisitatur Müllheim zur Eröffnung an
Lehrer Muser und mit dem Auftrag, beifolgende
Signatur demselben bei der Diensteinweisung
durch die Ortsschulinspektion zustellen zu lassen,
auch die Zahl der Kinder, welche die Schule
während der Vakatur besuchten binnen 4 Wochen
anher anzuzeigen. y> Woellwarth".
Damit war die Zeit der Schulnot für Obereggenen
zu Ende. Eine längere Periode normaler
Verhältnisse folgte. Der heutige Betrachter dieser
Zeitläufte ist versucht, das Wort: „Kleine
Ursachen, große Wirkungen" einmal umzudrehen
in: „Große Dinge, kleine Wirkungen".
Die große Politik, in diesem Falle die Badi^che
Revolution, wirkte sich wellenförmig bis ins
letzte und abgelegenste Dorf aus, und große und
kleine Veränderungen des gewohnten täglichen
Lebens waren die Folge. Ursache und Wirkung
stehen in unmittelbarem Zusammenhang.
Vergilbte, alte Akten lassen am Beispiel Obereggenens
ein Stück Alltag des vergangenen Jahrhunderts
wiedererstehen. Übrigens, der Alltag ist
unser Leben, das von den großen „politischen
Ereignissen" meistens nur in Unordnung gebracht
wird.
Konstantin Schäfer, Neuenburg:
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Durch alle Fährnisse der Reformation und der
folgenden kriegerischen Zeiten hatten die Bischöfe
von Basel sich jahrhundertelang im Besitz
der fünf Dörfer Istein, Huttingen, Mauchen, Steinenstadt
und Schliengen halten können. Wir hatten
einen dieser Landvögte, den im Jahre 1735
verstorbenen Baron von Neveu, bereits kennen
lernen. Der Letzte in der Reihe der Landvögte
gehörte der katholischen Linie der Freiherren von
Rotberg an, es war Freiherr Ignaz Sigmund von
Rotberg. Die politische Macht der Basler Bischöfe
war im Laufe der Zeit immer mehr geschmälert
worden und war schon zur Bedeutungslosigkeit
herabgesunken, als Napoleon im Verlauf seiner
Neugliederung des deutschen Raumes u. a. auch
diese fünf Dörfer dem neugeschaffenen Kurfürstentum
Baden zuteilte. Damit sah sich Freiherr
I. v. Rotberg seiner Würde als Landvogt
beraubt.
Als solcher hatte er zu Schliengen das Land-
vogtei-Gebäude bewohnt, zu dem ein langes und
tiefes Ökonomiegebäude, eine Scheune, drei Stallungen
und zwei große Remisen gehörten. Unmittelbar
bei dem Anwesen lag ein ausgedehnter
Obstgarten, in dem er 180 „Spalier-Pyramiden"
gepflanzt hatte, während er in seinem großen
Krautgarten außer den üblichen Gemüsesorten
sogar Spargel und Artischocken mit reichem Ertrag
zog.
Der seiner Aufgabe ledige Landvogt v. Rotberg
sah sich in der unangenehmen Lage, sich
von einem bischöflich baselischen in einen kurfürstlich
badischen Untertan verwandelt zu sehen.
Dies mag für einen gewöhnlichen Untertan, wenn
er nicht gerade von besonderen religiösen und
politischen Ambitionen und Leidenschaften geplagt
wird und dabei vom Regen in die Traufe
geriet, ein belangloser Übergang sein. Für Landvogt
von Rotberg war dies anders. Er setzte sich
am 7. Mai 1803 in seiner plötzlich ihrer amtlichen
Glorie entkleideten Vogtei an seinen Schreibtisch
und schrieb:
„ ... So mache mir zu einer schuldigen Pflicht,
meinem Allgnädigsten Fürst und Herrn zur neu
angehenden Churfürstlichen Regierung mein un-
terthänig gehorsamstes Compliment in tiefester
Ehrfurcht abzustatten: mit der submissesten Bitte
, Euer Churfürstliche Durchlaucht wollen solches
in Gnaden anzunehmen geruhen".
Es ist nicht ersichtlich, ob die folgenden Zeilen
aus einer echten Gesinnung kamen, oder ob
sie nur der Ausfluß einer devoten und berechnenden
Seele waren. Schwer verständlich ist es,
von einer Beglückung des Vaterlandes zu spre-
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