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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1965-10/0016
Es war inzwischen 1805 geworden. Der Leidtragende
all dieser Verwicklungen war der bedauernswerte
Amtmann Barck gewesen. Aber der
war nur ein Bürgerlicher. Schließlich schrieb er
aber doch an seinen durchlauchtigsten Kurfürsten
. Es ist ein bitteres Lied vom häuslichen
Glück. „Seit zwei Jahren bin ich dahier sowohl
in Rücksicht einer äußerst und über den notdürftigsten
Gelaß eingeschränkter Wohnung, so
daß ich und eines meiner Kinder in der täglichen
Wohnstube schlafen müssen, als auch wegen Mangel
der auf dem Lande nötigen Beinutzungen an
Gemüse und Grasgarten in der peinlichsten, bald
zu dem düstersten Unmut hinreißenden Lag. Nur
der Strahl der Hoffnung einer baldigen Erlösung,
den die von Zeit zu Zeit erschollene Nachricht
mir gab, daß der Landvogt von Rotberg das zu
dem hiesigen Dienst gehörige Gebäude samt dem
um dasselbe herumliegenden Gemüs- und Grasgarten
vermöge von Euer Kurfürstlichen Durchlaucht
höchstpreißlichem Geheimenrats Collegium
demselben gemachten Anerbietungen bald räumen
und dadurch meine Lage verbessert werde,
hielt mich zurück, Euer Kurfürstlichen Durchlaucht
mit desfallsigen Vorstellungen früher zur
Last' zu fallen . . . . "

Es braucht schon viel, bis ein Beamter jener
Zeit aus der Verbitterung eines gepeinigten Herzens
heraus seinem Herrn gegenüber eine solche
Sprache anwendet und durch einen Hinweis darauf
, daß ihm noch nicht einmal die eigentlich zum
Amt gehörenden Hausgärten zugestanden werden
sollten, der Vorwurf der Ungerechtigkeit und
Begünstigung eines Standesbevorzugten deutlich
wird. Man sieht den Amtmann förmlich am Fenster
seiner eingeengten Wohnung stehen und mit
verbissenem Gesicht in den ihm vorenthaltenen
Garten starren, wenn er schreibt: „So schmerzlich
es mir schon fallen mußte bei den vielen
Geschäften und der großen Verantwortlichkeit,
die. ich mit allen Landbeamten theile und die bei
mir erst kürzlich noch so groß geworden sind, in
Rücksicht meiner häuslichen Bedürfnisse gerade
nur auf das Notwendigste eingeschränkt werden
zu sollen, so müßte es mir doch noch viel
schmerzhafter werden bei meiner Eingeschränktheit
auf das notwendiste und bei dem Vorrat an
Beinutzungen, täglich vor dem Angesicht rings
um das Haus herum Fremde sie benutzen sehen
zu müssen und abends nach vollbrachter Arbeit,
in einem Ort, wo man ohnehin keinen Ausgang
hat, nicht einmal in den um das Wohnhaus herumliegenden
Garten frische Luft genießen zu
dürfen, wegen Kindern und Gesinde aber unvermeidliche
Verdrießlichkeiten, statt jedem Menschen
zu gönnender Aufheiterung tagtäglich einzuernten
."

Es setzte ein Briefwechsel zwischen dem Amtmann
und dem Landvogt ein, in dem heiß um
Gulden gefochten wurde, v. Rotberg führte alle
Tricks eines raffinierten Händlers mit fingierten
Liebhabern ins Feld. Der Amtmann parierte die
Schläge. Der Ton des Schriftwechsels ist nicht
gerade als freundlich zu bezeichnen. Schließlich
versichert Amtmann Barck: „Die Anforderungen,
die Euer pp gemacht haben, wird und kann Ihnen

Albert Eisele, Kandern:

,Kelatfo nüdjtecn\"

In dem kleinen Städtchen am Fuße des Blauen
gibt es immer noch den Stammtisch, an dem sich
zu bestimmten Stunden bestimmte Kreise treffen
, um bei Bier oder Wein miteinander zu reden
. Freilich, so ausgedehnt wie einst sind diese
Sitzungen nicht mehr. Aber gerne redet man dabei
von vergangenen Zeiten, und dabei kam folgende
Geschichte ans Tageslicht. Früher war
Bürgeln ein beliebtes Ausflugsziel für die Jugend
der Umgebung. Früher, das heißt, als man
dort noch, wie man hier sagt, „d'Sau ablassen
konnte", das will sagen, völlig ungeniert sich den
Balg vollaufen und zum Abschluß die aus der
Nachbargemeinde anpacken konnte.

So war unser Freund eines Tages wieder oben
gewesen. Die Kameraden hatten sich schon verlaufen
, denn mittlerweile war die Nacht hereingebrochen
. Man hatte mit den Obereggenern
herumgehändelt, und jetzt auf dem Heimweg
hatte sich der Gedanke im Kopf festgesetzt:
irgendwo warten die auf mich. Aber je weiter
der Weg durch den dunkeln Wald ging, umso
stärker wurde unser Freund. Und als er auf einmal
so einen Kerl vor sich stehen sah, holte er
aus und. . . Am harten Aufschlag merkte er, daß
er einen Holzstoß getroffen hatte. Nun ging es
aber tempo weiter immer quer durch den Wald.
Daß er dabei mehrmals in den Brombeerhecken
hängen blieb und auch hinfiel, störte ihn wenig.

Als er endlich zu Hause ankam, stellte er sich
vor den Spiegel und sah, daß der Kopf blutig
war. Also machte er sich einigermaßen sauber
und klebte ein Pflaster auf die blutende Wunde
und schlief ein. Bis die Mutter am andern Morgen
kam und ihn fragte, was los gewesen war.
Das Bett blutig, der Kopf verkratzt. Der Schluß
lag nahe, daß sie sich wieder einmal irgendwo
geprügelt hatten. Aber der Herr Sohn erklärte,
er sei relativ nüchtern nach Hause gekommen.
Da forderte ihn die Mutter auf, er solle einmal
in den Spiegel schauen. Jetzt begriff er: das
Pflaster, klebte auf dem Spiegel! Aber die Mutter
sagte nur noch: „Also relativ nüchtern ist das,
wenn man das Pflaster statt auf den eigenen
Kopf auf den Kopf im Spiegel klebt!"

niemand geben und ich werde alles mögliche anwenden
, um zu verhindern, daß nicht jemand
Fremdes diese Gärten mieten dörfe."

Schließlich kam es nach all diesen Gefechten,
wie es dem irrsinnigen Menschengeschlecht immer
widerfährt: nach allen wütenden Kämpfen
und Zerstörungen muß endlich doch Friede geschlossen
werden, Wunden verbunden, Schäden
ertragen und ausgebessert und versucht werden,
wieder Vertrauen zwischen den Streitenden mühsam
genug zu schaffen. Wieviel wäre bei einer
vorherigen Übereinkunft für alle Teile erspart
geblieben. Alle die großen Worte haben ihren
Wurzelgrund meistens nicht in der Wahrheit.
Durch das umgehängte edelmütige Freiheits-
mäntelchen schaut der grasse Egoismus.

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