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verschaffen. Es waren dies: Sonne, Krone, Hirschen
und Stadt Carolsruhe. Diese „Badhäuser*
waren hauptsächlich von Baslern besucht, ganz
wenige Gäste stammten aus südbadischen Gemeinden
oder aus dem Elsaß.
Jedoch die „Jugend" wollte damals schon an
den „Ergötzlichkeiten und ehrbaren Lustbarkeiten
" der Badgäste Anteil nehmen.
Wer cha's verwehre?
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Neben Pflox, Malve und Eibischrose bilden
die purpurroten oder weißen Blütenähren der
aus China stammenden Buddleia eine besondere
Zier des hochsommerlichen Gartens. Immer mehr
findet dieser bis zwei Meter hohe Zierstrauch —
benannt nach dem 1715 verstorbenen englischen
Apotheker Adam Buddle — bei uns Eingang. Er
wird auch „Sommerflieder" genannt.
Buddleia und die Schmetterlinge — sie gehören
zusammen. Es gibt keinen Busch im Garten,
der eine solche Anziehungskraft auf die Falter
ausübt, wie die Buddleia. An sonnigen Tagen
wird der Strauch umschwebt von Apollo und
Admiral, von Ordensband und Taubenschwänzchen
, vom großen und kleinen Schillerfalter, vom
Damenbrett und von Bläulingen; auch seltene
Schmetterlingsarten wie den Postillon, den Osterluzeifalter
, Segelfalter und das „Landkärtchen"
— und wie unsere Falter alle heißen — kann der
Naturfreund beobachten. Wie reizvoll ist das Auf
und Ab, das Hin und Her. Wie Tänzer beschreiben
die Falter Kreise und Figuren. Bald schweben
sie umher, bald lassen sie sich auf den Blüten
nieder, vom süßen Seim am Blumengrund zu
nippen. Kein anderes Insekt vermag diesen zu
erreichen. Sie breiten die Schwingen aus, so daß
wir deren Farben und Zeichnung genau beobachten
können; sie spielen mit den Flügeln, klappen
diese auf und zu, rollen ihre Rüssel aus, fächeln
sich mit den Fühlern Kühle zu, um dann — zu
enteilen. Bald kehren sie in Gesellschaft zurück.
Die purpurrot blühende Buddleia wird auch
„Davidsbuddleia" genannt, die weißblühende
„Wheite Bouquet". Diese Zierpflanze braucht eine
warme Lage und guten Boden. Je besser der
Boden ist, desto üppiger geraten die Büsche.
Emil Baader, Lahr
Richard Gäng, Freiburg:
tma Kittet: eifäfpfctje f>aiTu
Das Haiku ist eine in Japan beheimatete und
nur dort geübte Form der Lyrik. Die Besonderheit
der Sprache Nippons, die kein Lautalphabet
kennt, sondern auf dem Ideogramm fußt, auch
nichts von Reim, Strophenbau und Metrum deutscher
Prägung weiß, brachte es aus innerer Notwendigkeit
hervor.
Das Haiku besteht aus wenigen Wörtern, die
zusammen nur siebzehn Silben haben dürfen, die
in drei Zeilen gebrochen werden. Die erste Zeile
bringt die Einleitung, den Anstieg, die zweite die
Handlung, das Geschehnis, einen Gedanken, die
Höhe mit der Peripetie, die dritte die Abrundung,
den fallenden Ausklang. Dabei enthält in der
Regel die erste Linie fünf, die zweite sieben und
die dritte wieder fünf Silben, so daß eine mathematische
Symmetrie, 5-7-5, entsteht und die
mittlere Zeile auch quantitativ wie qualitativ
hervorragt, die Form also mit dem Inhalt in adäquater
Relation steht, ein sehr geschätztes Erfordernis
wie in der Dichtung Europas. In dieser
lapidaren Form ist aber die sinnliche Erfassung
der Einmaligkeit jedes Dinges und jedes Zustan-
des mit dem geeignetsten Wort erwünscht. Die
reiche innere Fülle fordert einen lyrischen Gehalt
. Dabei ist die Sprache poesievoll, klang-,
färben- und bilderreich.
Zum Inhalt hat das Haiku eine philosophische
oder volkstümliche Weisheit, Erkenntnis oder
Beobachtung, eine Sentenz, ein Aphorismus, ein
geflügeltes Wort oder auch nur einfach ein Bild,
einen menschlichen Zustand. Es greift in alle
Bereiche des Lebens mit Trost, Mahnung, Ermunterung
, Lehre, wobei völlige Stoff- und Wortfreiheit
gewährt ist. Es hat einige Ähnlichkeit
mit dem in der Klassik bevorzugten Distichon
und enthält wie dieses viel Gültigkeit, Kraft und
Schönheit.
Matsuo Basho (1643—1694), einer der bedeutendsten
japanischen Lyriker, führte das Haiku
als 17-silbiges Epigramm zur Vollendung; er verstand
es, auch das Gewöhnlichste zum Gegenstand
seiner Werke zu machen. Das Haiku genießt
bis heute im Lande der aufgehenden Sonne
die größte Wertschätzung und Pflege beim gesamten
Volk. Von einem Dichter erwartet man,
daß er gelegentlich beim Gespräch mit einem
Haiku antwortet; von einem großen Dichter gar,
daß er auf dem Totenbett sein Leben mit den
letzten Silben eines neuen Haikus verhaucht.
Dieses interessante und keineswegs leicht zu
bewältigende Haiku — durch seine Knappheit
fordert es den Meister — ergriff mächtig unsere
deutsche, im südlichen Elsaß geborene Erzählerin
Lina Ritter, die durch ihren großen Roman „Martin
Schongauer" sich einen Namen geschaffen hat.
Überwältigt von der Kunst der Japaner schrieb
sie in zwei bis drei Jahren viele Haiku in ihrer
elsässischen Sprache.
Diese zuchtvollen Kurzgedichte sind etwas
Neues, ein regelrechtes Novum in der alemannischen
Dichtung, das diese bereichert und vervollkommnet
. Das große Wagnis, einen Kolibri
in einem fernen Land einzufangen, ihn auf eine
deutsche Eiche zu setzen und ihn auf seine östliche
Melodie einen abendländischen Text singen
zu lassen, verdient unsere Aufmerksamkeit, Aufgeschlossenheit
, Unterstützung, Bewunderung.
Ja, man muß gestehen: Der alemannische Baum
der Literatur ist um einen neuen blühenden
Zweig bereichert worden. Dafür sei der Dichterin
aufrichtig gedankt und Erfolg gewünscht.
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