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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1965-12/0013
als Vollplastik, als Relief oder als großformatiges
Wandbild gestaltet. Dank einer verständnisvollen
Kundschaft werden die verschiedensten Aufgaben
an mich herangetragen. Ich bin mir bewußt,
daß die derzeitigen wirtschaftlichen Verhältnisse
günstige Voraussetzungen für den Absatz darstellen
. Darüber hinaus ist aber auch das Ver-

Dr. Robert Feger, Freiburg:

(Fortsetzung.)

Sprecher: Andererseits wollen gewisse Proteische Kernsätze
nicht so völlig ernst genommen sein, wie es die
gravitätische Einkleidung weismachen will. Immer und
überall bei Hebel verbirgt sich im Ernst eine heitere
Ironie, die den langweiligen, hochtrabenden Ton der
Wissenschaftlichkeit durchbricht. Sie benützt geradezu
das philosophische Gewand dazu, um die Prätension des
hochwissenschaftlichen Anspruchs durch sich selbst verspotten
zu lassen. In unserem Fall richtet sich Hebels
Spott gegen die rationalistische Aufklärung, wie sie der
genannte Wolff vertrat. Im 1. Kapitel der „Grundstriche"
noch verschleiert, bricht im 2. und 3. Kapitel das Schalkische
und Schlitzohrige immer erfrischender durch. Das
2. Kapitel ist überschrieben:

Hebel: — Von der Welt —

Sprecher: — und führt die grundlegenden Gedanken des
1. Kapitels in sozusagen praktischer Anwendung weiter.
Da die Thesen einfach weiter durchgezählt werden, beginnte
es mit dem —

Hebel: — siebten Satz: Im fruchtbaren Schoß des Proteus
erzeugten sich die Stamina aller existierenden Wesen
. Die erste Materie entstand aus Nichts. Wäre nie
Nichts gewesen, so wäre nie Etwas geworden. —
8. Aber allen existierenden endlichen Wesen hängt die
UnVollkommenheit des Seins an. Sie sind eingeschränkt,
veränderlich, zerstörbar usw. — 9. Je weniger materielle
Teile solch ein Wesen hat oder je spezifisch leichter es
ist, desto mehr nähert es sich dem Proteus und seinen
Vollkommenheiten und umgekehrt. — 10. Die immateriellen
und spezifisch leichtesten endlichen Wesen sind die
endlichen Geister, deswegen sind sie auch die vollkommensten
und stehen oben an. Ja sie nähern sich oft dem
Proteus auf die unbegreiflichste Weise und haben sogar
einige Eigenschaften, deren Entwicklung nur durch die
Materie gehindert wird, mit ihm gemein. — 11. Ihnen
folgt die gröbere Materie des Lichts, weiter die Luft,
hierauf das Wasser, endlich die Erde...

Sprecher: Mit dem folgenden 12. Satz bricht endlich klar
und kenntlich der Schalk durch: Die großspurigen philosophischen
Termini erweisen sich nur als Vorspann für
einen Heidenspaß. Die hohe Wissenschaft wird aufs
Handfeste, ja aufs Trivale herabgeholt:

Hebel: ... 12. Spiritus vini recificatus ist vollkommen
, folglich auch stärker als gemeiner Branntwein. —
13. Destilliertes Wasser ist reiner als Quellwasser. Das
Quellwasser selber aber ist reiner, folglich vollkommener
, folglich gesünder als Pfützenwasser. — 14. Der Wein
ist vollkommener als das allerdestillierteste Wasser, und
die leichtesten und geistreichsten Weine sind die besten.
Hieraus ergibt sich die Theorie der Weinproben...

ständnis und das Verlangen nach echtem Gediegenem
allenthalben gewachsen. So sehe1 ich getrost
in die Zukunft und hoffe, daß mir noch
einige Jahre geschenkt sein mögen, die mir
erlauben, den guten Ruf der einheimischen Kerar
mik und des alten Töpferhandwerks weiterhin
zu erhalten und dadurch Freude zu bereiten.

Sprecher: Welch ein Unsinn! Aber logisch entwickelt.
Ein Unsinn mit Methode. Und in dieser Mischung der
blanke Spott an Aufklärung und Rationalismus. Nutzanwendungen
aus dem streng philosophischen Auftakt
der Anfangsthesen. Eine Ontologie, eine Seinslehre zur
Begründung des Weintrinkens! Man geht kaum fehl in
der Annahme, besagter Wein habe kräftig am Zustandekommen
des fröhlichen Systems mitgewirkt. Wie auch
an der nun folgenden Aufstellung einer Hierarchie der
Metalle, mit der die Armut der Lörracher Proteus] ünger
begründet wird:

Hebel: Die schweren Metalle sind unedler als die leichten
. Unter allen Körpern ist das Gold (und neben ihnen
Piatina des Pinto) der unvollkommenste. Deswegen ist
es auch in seiner Quantität das seltenste, und die echten
Verehrer des Proteus haben gewöhnlich gar keines...

Sprecher: Im weiteren schwingt der Gedanke wieder zurück
ins Ernsthaftere, und nicht nur, der Formulierung
nach: Durch die philosophischen Erörterungen und Termini
hindurch läßt sich als Unterströmung materiell wie
grundsätzlich die Existenz- und Lebensnot des Präzep-
toratsvikars erkennen, der sein Dasein bei allem Humor
als —

Hebel: — Schattenidee —

Sprecher: aufzufassen — nicht: geneigt, sondern gezwungen
ist. Hebel verschlüsselt dies so:

Hebel: Es ist schwer zu bestimmen, was den Proteus
bewogen hat, das Etwas als eine Unvollkommenheit
in seinen zweischichtigen Schoß aufzunehmen. Daher
haben etliche Philosophen zwei Urprincipia angenommen
: das Nichts und das Etwas, die solange im
Kampf sind, bis eines das andere verzehrt hat. Das Unstatthafte
dieser Hypothese ist aus allen vorhergehenden
Sätzen nachweisbar. Wahrscheinlich nahm Proteus die
Materie freiwillig auf, a) um durch den Begriff des
Etwas, wenigstens eine Schattenidee, einen negativen
Begriff des Nichts zu geben, — b) durch die Folie
des Seins den Glanz des Nichtseins zu erheben...

Sprecher: Das Verhältnis der Materie zu Proteus wird
angestrengt weiter verfolgt. So angestrengt, daß man
beim Überlesen des Folgenden sehr bald nach dem Zielpunkt
eines neuen ironischen Angriffs Ausschau hält.
Er findet sich denn tatsächlich auch bald. Und wieder in
der Aufklärung. Hebel sagt weiter:

Hebel: 17. Je vollkommener eine Materie selber ist, desto
mehr strebt sie, die unvollkommenen in sich zu veredeln.
So zerfrißt das Wasser nach und nach alle festen Materien
, die es berührt, löst jährlich viele 1000 Zentner
Zucker, Salz, Alaun auf und reduziert selbst die Metalle
in die leichtere Form des Rostes... 18. Daher die figürliche
Solennität des Badens, die der Verehrer des Pro-

Z>ec unbekannte f>ebel


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