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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1966-01/0008
Wenn man den Meldungen oberbadischer
Blätter Glauben schenken darf, so hat die Quelle
bereits Wunder gewirkt. Der „Kasteiberger Bote"
— man zeigte uns mit Stolz die freudige Nachricht
— weiß zu berichten, daß mehrere gichtige
Leute sich dem Nena-Sprudel vertraut und wunderbare
Erfolge zu verzeichnen gehabt hätten. So
sei ein Landwirt, der lange Zeit nur mühsam
sich mit Stöcken habe fortbewegen können, nach
dem Gebrauch der Bäder wieder zur harten Feldarbeit
völlig geeignet, und eine von Rheumatismus
geplagte Frau nach einer kurzen, „im Verborgenen
" angestellten Kur von ihren Schmerzen
ganz befreit. Nun: man wird sehen! Jedenfalls
ist man hierorts voller Zuversicht und schwört
auf den „Nena-Brunnen". So hat es allen Anschein
, daß das Markgräflerland zu seinem alten
Ruhm, einer der gesegnetsten Weingaue zu sein,
den neuen sich zugesellt, Kali zu spenden und
besonders heilkräftige Quellen".

Soweit der Bericht vom Sommer 1912!

Darüber sind, wie gesagt, 53 Jahre verstrichen
, und der damals 28jährige Skribent ist 81
geworden. Ich habe in dem halben Säculum dann
und wann einmal in Krozingen, das sich später
Bad nennen konnte, auf Fahrten im badischen
Oberland Halt gemacht — aber jetzt verlebte ich
in ihm als Kurgast ein paar Wochen. Alters-
gebresten hatten mich, ärztlichem Rat folgend,
hierher geführt.

Ein Zufall spielte mir den Bericht von 1912
in die Hände. Auf ihn tue ich mir Einiges zu
gute — hat sich doch die Vorhersage, mit der
ich 1912 die Schilderung abgeschlossen habe,
erfüllt: Bad Krozingen ist zu hohem Ansehen
gelangt. Man muß schon in den reifen Jahren
sein, um sich vorstellen zu können, daß es erst
wenig über fünfzig Jahre alt ist.

Freilich, wovon zu sprechen es mich heute
drängt, ist eigentlich mehr die Bad Krozinger
Baumwelt als seine mit Recht gepriesenen Quellen
und die hervorragenden balneologischen Einrichtungen
, in denen sie sich genießen und heilsam
gebrauchen lassen. Ihren Ruhm künden
dankbar tausende und abertausende von Heilung-
und Erholungsuchenden. Die Bäume und die
Landschaft, denen sie unvergleichlich liebenswerte
, reizvolle Züge verleihen, machen sozusagen
Zugaben aus, die einen täglich neu begeistern
. Als „Bad in der Ebene" verdient Krozingen
besonderen Preis. Nebenbei: Kommt in den
oberrheinischen Reise- und Urlaubsbereichen die
Ebene nicht fast immer zu kurz, wenn von den
Vorzügen jener die Rede ist?

Die Bäume — die Krozinger Bäume! Sie stammen
vielfach aus einer Zeit, in der noch niemand
an die Erbohrung einer Therme dachte. Das gilt
vor allem von den patriarchalisch anmutenden
Pappeln, Weiden Robinien entlang dem Neumagen
, dem vom Münstertal herabkommenden
geschwätzigen Fluß, dem auch, reguliert, noch
Naturnähe eignet. Man muß sich allerdings Zeit
nehmen, um sie gebührend zu betrachten, zumal
um ihre prachtvolle, runenhafte Rinde zu bewundern
! Fast möchte man meinen, die Krozinger,

die sie vor hundert Jahren gepflanzt haben, hätten
sich von einer stillen Ahnung angewandelt
gefühlt, sie erwiesen ihren späteren Nachfahren
ein höchst schätzenswertes Bene.

Und wie gut beraten waren die Gestalter der
ersten Badeanlagen, den Kurpark, angeraint an
den Neumagen mit seinen Baumpatronen, abgestimmt
auf die Nachbarschaft des Gewässers,
weiträumig zu halten. Die Liebe zu Bäumen, die
sorgsam ausgewählt sind, verleiht diesem Kurpark
selbst ein exquisites Gepräge. Übrigens
offenbart auch die Bepflan,zung der Blumenbeete,
daß ein Meister gartenbaulicher wie gärtnerischer
Künste am Werk ist. Die prachtvollen, großblätterigen
Rizinusstauden, die auch auf den
Beeten vor den Hotels, Sanatorien, Fremdenheimen
die Aufmerksamkeit auf sich lenken, tun
ein Übriges, den Gast immer wieder mit Staunen
und Bewunderung für die floristischen Köstlichkeiten
neben den dendrologischen Schätzen zu
erfüllen.

Indessen, nicht nur die Betreuer von Park
und Gärten im Badeort selbst hält den Gast, der
einigermaßen wandern kann, auf den Beinen.
Vor allem zieht einen auch das langgestreckte
„Krozinger Bergle" an, das sich im „Schlatter
Bergle" fortsetzt. Möge dieser nur bescheiden
sich erhebenden, mit jungem Laub- und Mischwald
, auf dem Scheitel auch mit Reben bestandenen
, ein wenig verträumten Hügelwelt ihr noch
naturhafter Charakter erhalten bleiben! Vom
westlichen Auslug schweift der Blick hinüber
zum Biengener Hausberg, über den der Tuniberg
herüberschaut, für den der Kaiserstuhl eine eindrucksstarke
, faszinierende Folie bereit hält. Bei
aufgehellter Fernsicht schieben sich die Vogesen,
drüben überm Rhein, in den Horizont. Albrecht
von Ittmer, der letzte Kanzler des 1803 aufgehobenen
Malteser Fürstentums Heitersheim, hat
diese lebhaft bewegte Stromlandschaft, die kaum
ihresgleichen hat, kenntnisreich, temperamentvoll
geschildert. . .

Auch nach Biengen, dem behaglichen Dorf zu
Füßen von Kirche und Schloß, sind wir gewandert
. Unterwegs fiel mir plötzlich eine hübsche
Geschichte ein, die mir vor wohl vierzig Jahren
die Gräfin Elisabeth von Andlaw erzählt hat.
Da ich, sozusagen aus heiterem Himmel, laut vor
mich hinlachte, blieb die gute Seele, die sich
meines Altermännertums liebevoll annimmt, erstaunt
stehen und fragte, fast ein wenig bang,
was mir fehle. Nun, es mag gestattet sein, die
Geschichte, die ich wohl völlig vergessen hätte,
wäre ich nicht als angehender Greis Kurgast in
Bad Krozingen geworden, folgen zu lassen.

Eines Tags erschien Franz Freiherr v. Neuveu,
Grundherr u. a. von Biengen, in Bellingen im
ehemaligen Andlaw'schen Schlößlein und fragte
die damals noch junge Gräfin Elisabeth, ob sie
nicht am nächsten Tag nach Biengen kommen
könnte, seine Frau sei verreist, und „'s' Großherzogs
" hätten sich bei ihm zum Tee angesagt.
Am folgenden Morgen fuhr dann die Gräfin
Elisabeth mit dem Zug von Bellingen nach Krozingen
, wo sie vom Baron im Chaisle abgeholt
und nach Biengen gebracht wurde. Der Besuch

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