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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1966-01/0015
Sie befürchteten, daß unter diesen Umständen
die Reichsritterschaft ihnen jede Unterstützung
entziehen werde. Sie seien schon zur Erhaltung
solch altadeliger und stiftsmäßigen Prorogativen
gezwungen, sich nicht nur bei keiner Stadt bürgerlich
einzulassen oder das Bürgerrecht zu gebrauchen
, sondern auch aller bürgerlichen Ehrenstellen
wie z. B. das ehemals ihnen „anklebende"
Bürgermeisteramt zu Freiburg zu entsagen. Zu
ihrer „äußersten Beschmerzung" wäre es ihnen
bei einer solchen Abwendung der Ritterschaft
nicht mehr möglich, „ihren Devotions-Eüfer. . .
nach anererbter ohnauslöschlicher Zuneigung und
Liebe nach bisherigem Beyspihl auch in Zukunft
zu continuiren", wie sie eifrigst wünschen würden
. Sie wollten auch ihren „bis dahin allergnä-
digst ertheilt und confirmirten Privilegien und
Freyheiths-Briefen" nicht noch weitere Punkte
anführen, sondern nur bitten, „uns bey der disfälligen
alten nattürlichen und ganz innocendten
Libertät zu belassen."

Die Antwort der Kaiserin ging auf alle diese
Punkte nicht ein, gab zwar zu, gegen eine Verheiratung
ins Reich oder gegen eine Verbringung

in Reichsstifte nichts einwenden zu wollen, hielt
aber zur Wahrung des kaiserlichen Prestiges an
dem Verbot dem wirklichen Ausland gegenüber
fest, von dem im Schreiben des Breisgauer Ritterstandes
überhaupt nicht die Rede gewesen war.

Ganz familiär und ein Bild des grenznahen
menschlichen Wechselverkehrs bietet sich uns das
Gesuch des Barbiers Anzoni Franz von Staufen
dar. Er hat drüben über dem Rhein zu Blodels-
heim einen guten Bekannten, den Schultheißen
Weggbecker. Des Schultheißen Sohn sollte beim
Pfarrherrn von Staufen die lateinische Sprache
erlernen, das Töchterlein des Staufener Bürgers
bei den frommen Frauen des Stifts zu Ottmarsheim
Sticken und Beten und feines züchtiges
Benehmen.

Hoffen wir, die leidige Politik der Kaiser und
Könige und ihrer Trabanten habe die lebendigen
Kräfte der Herzen nicht erstickt und dem Streben
nach klassischer Weisheit und weiblich häuslicher
Bildung nicht den Nährboden entzogen.

G.L.A. Karlsruhe, Breisgau-Generalia 2590 Polizei 1742/52

Dr. E. Scheffelt, Badenweiler:

D\z Keuolution 1848/49 im OTattfgräfleclanb

Am 24. Februar 1848 wurde in Paris die Republik
erklärt und der König Louis Philipp floh
nach England. Die Unruhen griffen sehr rasch
nach dem Lande Baden über, wo Gegensätze zwischen
Regierung und zweiter Kammer schon
lange bestanden und wo der Liberalismus, dem
die Hälfte des Volkes angehörte, dauernd von
der Frankfurter Bundesregierung unterdrückt
wurde. Am 23. März wurden in den meisten Ortschaften
des Markgräflerlandes die Sturmglocken
geläutet, weil französische Arbeiter aus elsässi-
sehen Industrieorten den Rhein überschreiten
wollten, um zu plündern.

Die Regierung ordnete am 3. April die Bildung
von Bürgerwehren in allen Ortschaften an
und empfahl den Bürgermeistern, Schußwaffen
zu bestellen, um gegen die Revolutionäre aktiv
auftreten zu können.

In dem Erlaß heißt es: Die Großherzogliche
Regierung beabsichtigt, Waffen anzukaufen und
vorläufig an die größeren Städte abzugeben unter
der Bedingung, daß die Städte dieselben an
diejenigen Bürger, die sich am meisten dazu eignen
, gegen Bezahlung des Preises verabreichen.
Es waren aber nicht nur größere Städte, die Gewehre
anforderten, sondern auch unsere kleinen
Landgemeinden machten Gebrauch von dem Angebot
. So forderte Müllheim 100 Gewehre mit
Bajonett, Neuenburg 70 Gewehre, Sulzburg 100
und 25 Stück gezogene Stutzen, Auggen, Ober-
eggenen, Oberweiler, Vögisheim und in den folgenden
Monaten fast alle Ortschaften des jetzigen
Kreises Müllheim fordern eine beträchtliche
Anzahl von Gewehren an, die auch — mit Munition
— geliefert werden.

Zur Vorgeschichte der badischen Revolution
1848 und 1849 schrieb Dr. G. Wever, großherzoglicher
Badearzt in Badenweiler, bemerkenswerte
Tatsachen in seine Chronik, die 1869 erschien.
Wir wollen einige Stellen — gekürzt — wiedergeben
.

Das Volk wurde nach und nach zu dem Gedanken
gebracht, es sei mündig und zur Selbstregierung
reif, und aus diesem Glauben wuchs
allmählich eine Unzufriedenheit mit den bestehenden
Anordnungen und Gesetzen, ein Widerwillen
gegen dies monarchische Regierungssystem
, ein drängendes Verlangen nach Republik
... Da meinte das badische Volk, dtirch verlockende
Versprechungen und Vorspiegelungen
geblendet, zu einem entscheidenden Schlag berufen
zu sein und erhob sich zur Revolution . ..
Den ersten Handstreich unternahm und leitete
im Frühjahr 1848 Friedrich Hecker, Advokat in
Mannheim, Mitglied der bad. Kammer und Führer
der äußersten liberalen Partei. Unter Heckers
Vorsitz hatte am 12. September 1847 schon eine
Volksversammlung in Offenburg stattgefunden.
— Dr. Wever schildert ihn als einen Mann mit
äußerst phantasiereicher und schlagfertiger Rednergabe
, jugendlich und feurig, mit tiefer Gemütlichkeit
, Liebling des Volkes. Er zog mit einer
kleinen Freischar von Konstanz gegen Kandern
und traf an der „Scheideck" mit hessischen Truppen
zusammen. Deren Führer, General v. Gagern,
suchte im persönlichen Gespräch mit Hecker einen
Waffenstillstand zu bewerkstelligen, doch die
Freischärler schössen und der General sank tot
vom Pferde. Die Freischärler hatten erhebliche
Verluste und flohen; Hecker rettete sich in

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