Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1966-01/0016
ein nahes Dorf (Schlächtenhaus?), wo er von
einer freundlichen alten Bäuerin bewirtet wurde.
Dann erreichte er das nahe Steinen, wo ihn Altvogt
J. Michael Scheffelt, auch Mitglied der zweiten
Kammer, im Einspännerwägeli zur Schweizer
Grenze führte. Bis vor kurzem bewahrten wir
Heckers Hutschnur in einem Schrank auf, jetzt
finde ich sie nicht mehr. Hecker blieb nicht in
der Schweiz, sondern begab sich nach Amerika,
wohin ihm später M. Scheffelt folgte.

Gemäßigte Gesinnungsgenossen Heckers haben
am 18. April noch einen Aufruf an das badische
Volk erlassen, der mit den Worten schloß:

„Noch einmal, denkt an Alles, was Euch heilig
ist, zieht Euere Hand ab vom Werke der Zerstörung
und betätigt Euere Liebe zur Freiheit
und zum Vaterland durch kräftiges und zugleich
friedliches Mitwirken zu dem in Frankfurt begonnenen
Werke der nationalen Wiedergeburt eines
einzigen, mächtigen und freien Deutschland."

Diese Proklamation war unterzeichnet von den
beiden Parlamentsabgeordneten C. Platz und
Jakob Venedey.

Bald nach Heckers Ausreise nach Amerika
dürfte das Lied entstanden sein:

Wenn die Leute fragen, lebet Hecker noch,

Könnt ihr ihnen sagen, ja, er lebet noch.

Er hängt an keinem Baume, er hängt an keinem Strick;

Er hängt an seinem Traume, der deutschen Republick!

Zu Ehren Heckers wollen wir noch sagen, daß
er Hilfe von Frankreich und aus der Schweiz
stets abgelehnt hat. Der Freiheitsdichter Georg
Herwegh 1817—1875, der im Jahre 1849 mit
einer deutsch - französischen Legion über den
Rhein kam, wurde von württembergischen Truppen
bei Dossenbach (nördlich von Rheinfelden)
geschlagen.

Heckers Gesinnungsgenossen waren außer den
schon Genannten der Sonnenwirt J. Michael
Scheffelt aus Steinen, der Freischarenführer
Gustav Struve, der Hirschenwirt und Posthalter
Markus Pflüger von Lörrach, Ludwig Friedrich
Schnaufer von Rümmingen und Georg Uehlin
von Schopfheim.

Von G. Struve schreibt der Badearzt von
Badenweiler: ein wenig begabter Kopf, dabei
aber leidenschaftlich und von republikanischen
Ideen toll und voll. Nachdem er sich zu Basel
mit seinen Freunden BHnd und Löwenfels verbunden
und eine kleine, verwegene Schar um
sich gesammelt hatte, brach er am 21. September
in Lörrach ein, um neue Werbungen zu einem
(republikanischen Zug zu machen.

Struve hatte einen vollständigen Plan zur
Revolutionierung . . . ganz Deutschlands entworfen
, zu dessen Durchführung ihm kein Mittel
unerlaubt schien.

„Sieg oder Vernichtung sind die Pole; zwischen
welchen der Kampf solange zerren muß,
bis einer von beiden erreicht ist. Und — Alle
Mittel, die hierfür nötig sind, sind gerecht."

In Lörrach ließ Struve die Beamten verhaften
, rief vom Rathaus herunter die Republik aus,
bemächtigte sich der Buchdruckerei und ließ

republikanische Regierungsblätter drucken, unterzeichnet
:

Im Namen der provisorischen Regierung

G. Struve

Schriftführer:
Blind

Commandant des Hauptquartiers:

Löwenfels

Von Lörrach gingen die Freischaren über
Kandern und Schliengen nach Müllheim; das
Volk wurde in Furcht und Schrecken versetzt,
die Männer von 18 bis 48 Jahren zum Mitzug
gezwungen. Müllheim wurde am 23. September
überfallen. Vom Balkon des Stadthauses wurde
die Republik proklamiert. Reiche Bürger wurden
gebrandschatzt. Der Landtagsabgeordnete Nicolaus
Blankenborn mußte sich um 1000 Gulden
loskaufen. Die Kasse des Hüttenwerks Oberweiler
wurde geleert. Da wurde Hals über Kopf ein
Bürger, Isaak Gmelin, zum republikanischen Bürgermeister
und zum

Generalbevollmächtigten der
deutschen Republik

ernannt. Auf dem Rathaus daselbst wurde eine
Landkarte des in Provinzen eingeteilten Deutschlands
aufgelegt und der Befehl zum Gießen von
Kanonen und Kugeln auf dem dortigen Eisenwerk
gegeben (nach Wever).

Einen Tag darauf wandte sich der Zug der
Republikaner nach Norden, wo reguläre Truppen
unter General Hoffmann standen. Die Freischaren
wurden nach kurzem Kampf geschlagen und
stoben in wilder Flucht auseinander.

Viele der Gezwungenen kehrten frohen Herzens
in ihre Heimatorte zurück, die „Standhaften
" flohen ins Gebirge, auch Struve und seine
Frau. Diese wurden, obwohl sie sich in bäuerliche
Kleidung gesteckt hatten, durch Schopfhei-
mer Bürger festgenommen und sofort nach Müllheim
verbracht, wo das Hauptquartier der regulären
Truppen lag.

Am Tage nach dem Gefecht bei Staufen zog
eine Rotte Freischärler, die sich im Gebirge wieder
versammelt hatten, von der Sirnitz her ins
Weilertal. Sie zwangen die jungen Männer zum
Mitzug, führten den Pfarrer Zandt und den Bürgermeister
Christoph Sutter, dessen Söhne sich
nicht stellen wollten, gebunden aufs Rathaus,
zertrümmerten in einem Hause alles, Zimmermöbel
und Küchengerät, Fässer und Öfen. Auf
einmal hieß es, es sei Militär im Anmarsch, da
zog sich die wackere Schar zurück. Da es sich
aber erwies, daß keine Truppen in der Nähe
seien, zogen die Freischärler mit Trommelschlag
und in trotziger Haltung (Wever) wieder in Badenweiler
ein, stellten sich vor dem Pfarrhaus
und dem Gasthof zum Römerbad auf und drohten
, den ganzen Ort anzuzünden, wenn sich die
jungen Leute nicht stellten.

Da kam wirklich Militär — und die Aufrührer
zerstoben in alle Winde. Sogleich nach dem Einrücken
der regierungstreuen Truppen wurden
Verhaftungen vorgenommen und ein Mann aus
Oberweiler, der mit der Waffe in der Hand er-

14


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1966-01/0016