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griffen worden war, auf dem Platze vor dem
Römerbad sofort standrechtlich erschossen.
Die Unruhen setzten sich im Jahre 1849 fort,
als König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen die
deutsche Kaiserkrone ablehnte. — Da wir uns
hier nur auf die Geschehnisse im Markgräfler-
land beschränken wollen, sei hier lediglich erwähnt
, daß die Besatzung der Festung Rastatt
am 11. Mai 1849 meuterte. Am 14. Mai folgte ein
Soldatenaufstand in Karlsruhe; Großherzog Leopold
verließ das Land.
Nun entsandte Preußen starke Streitkräfte,
die bis zum 11. Juli das ganze badische Land
besetzt hatten. Verhaftungen, Zwangseinquartierungen
und Geldstrafen waren jetzt an der Tagesordnung
.
Wever berichtet: Eines Nachmittags kam von
Müllheim, wo sie sich über Nacht einquartiert
hatte, eine Abteilung kläglich anzuschauender,
verlumpter und ausgehungerter Menschen, etwa
dreißig an der Zahl, nach Badenweiler gestürmt,
umstellten sofort die Kirche, damit nicht durch
Sturmläuten Hilfe herbeigerufen werden könne.
Eine andere Abteilung begab sich ins Großherzogliche
Schloß, um dasselbe zu plündern. Da sie
aber im Schloß nichts fanden, was sich hätte
fortschaffen lassen, so entschädigten sie sich an
der Schloßverwalterin Heß, der sie alle vorhanden
Vorräte an Lebensmitteln, Wein und dazu
noch einen neuen Mantel ihres Sohnes wegnahmen
. Nachdem sie sich noch die besten Gewehre
der Bürgerwehr angeeignet hatten, verschwanden
sie, denn die Preußen kamen.
Ihr Kommandeur, Kronprinz Wilhelm, der
„Kardätschenprinz", wohnte mit seinem Vetter,
Prinz Friedrich Karl, einige Tage im Römerbad-
Gasthof. Zwanzig Jahre später ward er Deutscher
Kaiser!
1849 wurde Camill Winter Oberamtmann in
Müllheim. Der Badearzt schreibt von ihm:
„Ich kann es mir nicht versagen, diesem Manne
hier einen Nachruf zu widmen. Mit einer
Energie, wie sie bei so gelockerten Zuständen
nötig war, trat er in allen Dingen auf und zeigte
überall eine ebenso zähe Willenskraft als wohlwollende
, leider anfangs oft mißkannte Strenge.
Sein unbeirrbarer Wille .. . erwarb ihm bald allgemeine
Achtung und namentlich das unbegrenzte
Vertrauen aller Gemeindevorstände".
Nun ging es stark aufwärts mit Badenweilers
Entwicklung. Am 6. Juli 1851 wurde mit großer
Feierlichkeit der Grundstein zum Kurhaus gelegt,
im Mai 1853 konnte der Bau, auch Trinkhalle
genannt, eingeweiht werden.
Der alte Blauenwirt Xaver Stehlin, der fünfzig
Jahre lang aufs Markgräflerland herabschaute
, erzählte oft schmunzelnd, er habe als
gelber Dragoner (Bad. Dragoner-Regt. Nr. 1) noch
einmal gegen die Preußen gekämpft, das war im
Jahre 1866.
Der Urgroßvater des Verfassers ist 1795 in
Mundingen geboren und kam nach dem frühen
Tod seiner Eltern ins Pfarrhaus von Röttlerwei-
ler, wo er eine treffliche Ausbildung erhielt.
Seine Schwester, Maria Magdalena, geb. 1792,
heiratete den Vogt Breithaupt von Malterdingen.
J. Michael heiratete im Jahre 1818 die Vogts-
tochter Verena Grether von Tumringen, wurde
Vogt von Steinen, bald darauf Mitglied der
2. Badischen Kammer und später liberales Mitglied
des Frankfurter Parlaments (Paulskirche).
Er ging mit ins Stuttgarter „Rumpfparlament",
wurde denunziert, lebte dann ganz kurz in der
Schweiz und wanderte dann aus nach Amerika.
Dort baute er eine Farm südlich von Buffalo und
starb schon im Jahre 1853. — In der badischen
zweiten Kammer und im Frankfurter Parlament
hat er besonders die Pressefreiheit gefordert; er
war ein friedliebender, fleißiger Mann. Seine
Grabschrift lautet:
Durch seine segensreiche Wirksamkeit
In der Heimat unvergessen
Fand er im fernen fremden Lande
Seine letzte Ruhestätte.
Benützte Literatur:
Wewer, Dr. G.: Chronik der Vogtei Badenweiler, 1869.
Wech, Friedrich vom: Badische Geschichte, Karlsruhe 1890.
Haebler, Rolf G.: Badische Geschichte, Baden-Baden 1951.
Th. Scholz: Revolutionäre, Der Aufstand im Markgräflerland, Müllheim, 1926.
Paul Stintzi, Mülhausen:
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Nicht weit von Mülhausen, mitten zwischen
den Hügeln des vorderen Sundgaus, liegt das
Dorf Eschenzweiler, das bis zur Revolution
der Mittelpunkt der Gebiete der Herren von
Andlau-Hombourg, einer Linie der noch
heute im Unterelsaß tätigen Grafen von Andlau,
war. Hier wurde Gericht gehalten, und vor der
Kirche stehen noch die alten Lindenbäume, unter
denen die Sitzungen stattfanden, und im Gotteshaus
sieht man den einzigen Altar des hl. Yor im
Elsaß, des Patrons der Juristen.
Doch nicht davon wollen wir sprechen, sondern
von Eschenzweiler, das im kulturellen Leben
, vor allem auf musikalischem Gebiet, eine
gewisse Rolle gespielt hat. Mit dieser ist der
Name Moll eng verbunden. Alexander Peter Moll
stammte aus Eschenzweiler (1767) und war der
Sohn des Dorfmeiers Peter Moll; er widmete
sich der Beamtenlaufbahn und war zur Napoleonischen
Zeit als Generaldirektor der Direkten
Steuern in Düsseldorf tätig (1809—15). Später
schickten ihn die Altkircher mehrfach in die
Kammer, wo er allerdings nur einmal das Wort
zu Gunsten der Feuerversicherungen ergriff. 1816
war er Bürgermeister der Stadt Mülhausen,
wurde aber 1820 wiederum Direktor des Steuerwesens
mit dem Sitz in Colmar. Dort starb er
1841, wurde aber in Eschenzweiler beigesetzt. Er
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