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schrieb interessante Briefe über die revolutionären
Vorgänge in Pfirt im Juli 1789, die später
in einer kleinen Broschüre veröffentlicht wurden.
Der zweite des Namens Moll, dessen Bruder
Venantius Andreas, war Johanniter gewesen und
hatte sich nach der Revolutionszeit in seinen Geburtsort
Eschenzweiler zurückgezogen. Hier eröffnete
er, wie es heißt im heutigen Pfarrhaus,
eine Schule, die dreißig bis vierzig Schüler der
besten Familien zählte. Alexander Moll unterrichtete
hier auch eine Zeitlang, aber 1808 starb
Venantius Andreas, kaum 43 Jahre alt. Nun
übernahm Alexander die Leitung der Schule,
allein da kam dessen Versetzung nach Düsseldorf
und die Schule ging ein.
An dieser Schule hatte während einiger Zeit
Martin Vogt (1781—1854) unterrichtet, ein ausgezeichneter
Organist und Komponist, der u. a.
auch Gedichte Hebels vertonte und dessen Selbstbiographie
im „Basler Jahrbuch 1884" veröffentlicht
wurde. Vogt, der aus der Oberpfalz stammte
und als Organist am Colmarer Münster starb,
erzählt, wie in Eschenzweiler jeden Abend bis
spät in die Nacht musiziert wurde. Denn da war
auch der Sohn der Schwester Molls, Andreas
L e c o e u r , der auch ein ausgezeichneter Musiker
war. Er war 1794 in Eschenzweiler geboren
und wurde Pfarrer an der Liebfrauenkirche in
Gebweiler. In dieser Kirche ließ er die größten
Meisterwerke von Haydn, Mozart und Beethoven
aufführen, so Mozarts „Requiem" zur Totenfeier
des letzten Fürstabtes von Murbach, Benedikt
Freiherr von Andlau-Homburg, der 1836 in Eich-
staedt gestorben. Am Karfreitagabend gab man
meistens Haydns „Sieben Worte am Kreuz".
Lecoeur besaß in Eschenzweiler ein Landhaus;
dort weilte oft sein Schwager, der Musikmeister
Kienzl in Ferien. Karl Kienzl (1797) stammte
aus St. Florian in Österreich, dessen Stift eng
mit dem Namen Anton Bruckners, des hervorragenden
Organisten und Komponisten verbunden
ist. Auf einer Reise in die Wiener Gegend
hatte ihn der Gebweiler Industrielle J. J. Bour-
cart kennen gelernt; 'auf dessen Vorschlag kam
Kienzl, der mit dem weitbekannten gleichnamigen
Komponisten des „Evangelimann" verwandt
war, nach Gebweiler. Hier wurde er als Organist
an der Liebfrauenkirche und als Dirigent der
Musikalischen Gesellschaft angestellt. Er lebte
sich schnell in Gebweiler ein und veröffentlichte
1868 seine interessante „Musikalische Geschichte
der Stadt Gebweiler". Dem Musikleben des Gebweilertales
gab er als führende Persönlichkeit
einen glänzenden Aufschwung. Aus seiner vielbesuchten
Musikschule gingen bedeutende Organisten
hervor; er selbst, ein hochbegabter, bescheidener
Meister, komponierte zahlreiche Messen
mit Orgel und Orchester, Gesang- und Musikstücke
. Pfarrer Lecoeur und der Industrielle
Bourcart wirkten stets im Orchester mit, wenn
Kienzl ein Konzert gab, — alles klassische Musik
. 1874 ist Kienzl in Gebweiler gestorben.
Durch das Ferienhaus in Eschenzweiler hatte
er den Pfarrer des benachbarten Dorfes Zimmersheim
, J. Chr. Dietrich, kennen gelernt, der
auch Komponist war und mit dem er zusammen
eine Zeitschrift für Kirchenmusik herausgab.
Dietrich wurde zum Begründer des Verbandes
der Caecilienvereine, veröffentlichte aber auch
zahlreiche Volkslieder aus dem Elsaß.
Immer wieder taucht in dieser Geschichte der
Musik im Oberelsaß der Name des Sundgaudorfes
Eschenzweiler auf.
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Maurus Gerner-Beuerle: „Bunter Herbst"
Es ist das Schicksal des alemannischen Gedichts, daß
es nur von einem kleinen Kreis von Liebhabern gelesen
wird, der sehr viel kleiner ist als der an sich schon engbegrenzte
der hochdeutschen Lyrik. Umso erstaunlicher
ist es, daß uns alljährlich die unverzagten Autoren
Alemanniens ihre Gedichtbüechli, die sie unter großen
Opfern drucken lassen, auf den Tisch legen.
Soeben hat Maurus Gerner-Beuerle sein Buch „Bunter
Herbst", die „lyrische Ernte seines bisherigen Lebens
", im Eigenverlag herausgegeben. Es ist gediegen in
Leinen gebunden, auf gutem Papier mit schöner Letter
gedruckt und zu DM 6,30 beim Verfasser, 28 Bremen,
Sandstraße 14, zu beziehen.
Maurus Gerner-Beuerle, der weit weg von der Heimat
als Pastor wirkt, ist als Pfarrers-Sohn im Hebeldorf
Hausen im Wiesental geboren und aufgewachsen. Er
spricht heute noch sein unverfälschtes Alemannisch und
beweist in seinem Buch, daß seine Sprache, die er in
der Fremde treu bewahrt hat, nicht von den modernen
Einflüssen der hochdeutschen Umgangsrede beeinflußt
ist. Es ist reizvoll, sich vorzustellen: So muß Hebel damals
gesprochen haben. Mit Hebel hat der Autor gemeinsam
, daß er sowohl die Muttersprache als auch die
Hochsprache dichterisch zu formen vermag, eine Forderung
übrigens, die an jeden alemannischen Dichter zu
stellen ist. So ist es das Besondere des neuerschienenen
Buches, daß es hochdeutsche und alemannische Gedichte
enthält.
Die hochdeutschen Gedichte sind in eigenwilliger und
überkommener Weise gestaltet. Es ist verständlich, daß
ein Dichter-Pfarrer dem Abschnitt „Gott und Mensch"
seines Buches einen besonderen Raum widmet. Bitten
und Beten, Mahnen und Predigen, alles ist echt, rein
und einfach gesagt. Und das Einfache ist bekanntlich
immer das schwerste. Auch die Abschnitte „Liebe",
„Krieg" und „Heimat" zeigen überzeugend des Dichters
Innenreichtum und seine erstaunliche, eigene Gestaltungskraft
.
Aus den alemannischen Gedichten leuchtet uns ein
Glanz entgegen, der verhalten und beglückend die verklärte
Heimat und darüber hinaus ein Welterleben
widerspiegelt. Wie natürlich und innig weiß Maurus
Beuerle um Liebe und Heim zu dichten. Herzerfrischend
und in seiner Kürze und strenggefügten Form gehen
uns etwa die Verse ein: „I hock im Zimmer un schaff".
Ein solches Gedicht ist ein seltenes Kleinod in der alemannischen
Literatur. Und daß man auch das Ernste in
der Muttersprache sagen kann, beweisen des Dichters
religiösen Strophen. „Lig still, i dresch!" sind Worte voll
erschütternder Tiefe und Wahrheit.
Endlich wird uns Johann Peter Hebel einmal ganz
anders gezeigt: in einem Gesicht, wie der Genius
der Heimat am Hebeltag nach Hausen kommt, „der
Tschope n uf, der Huet am Pfohl", wie er mit den Kindern
„Faxe macht" und jedem, alt und jung, „lang in
d' Auge luegt" und wie von ihm „ne starchi Chraft, e
sunnereini Gwalt in Seel un Herz" dringt, so daß es in
allen Menschen „heblet bis in Tod". Hubert Baum
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