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Während der französischen Revolution hatten
sich im deutschen Grenzland aus Flüchtlingen
xind geworbenen Subjekten die Conde'schen
Truppen gebildet. Bei diesen erschien ein Mann
namens Marx Pfefferle, der Krebsmüller von
Alt-Breisach. Er war den deutschen Behörden
wohlbekannt, da sie ihn als Kundschafter
gebrauchten. Man hatte sich kein Gewissen
daraus gemacht, den Mann auf diesen Weg zu
bringen, machte ihm aber nun daraus einen Vorwurf
und nannte ihn einen verdächtigen Menschen
. Es ist wohl möglich, daß man ihn jenseits
der Grenze dafür geworben hatte, bei den Emigrantentruppen
Erkundigungen einzuziehen. Auf
jeden Fall war er durch sein Herumhorchen und
Ausfragen aufgefallen. Sehr geschickt muß er
dieses Metier nicht betrieben haben.
Er wurde von den Condes arretiert und an
den Obristen des Pellegrinischen Infanterie-Regiments
, Graf v. Gavassiny zu Ihringen, übergeben.
Dieser zeigte keine Lust, sich mit der Sache zu
befassen und schickte ihn an die Landesregierung
nach Freiburg weiter. Dies war am 29./30. April
1797 geschehen. Die Regierung übergab ihn dem
Stadtmagistrat, der ihn bis zum Eintreffen der
Akten gut verwahren sollte. Diese Akten ließen
aber auf sich warten. j
Am 16. Mai wurde das Eheweib des Beschuldigten
ungeduldig. Sie verlangte seine Freilassung
, da sie „ohne den täglichen Verdienst ihres
Mannes brotlos herumziehen müsse". Graf von
Gavassiny hatte inzwischen sein Quartier zu
Donaueschingen aufgeschlagen. Er hatte die Akten
des Missetäters, ohne die keine Untersuchung
geführt werden konnte, immer noch nicht überschickt
. Der Magistrat von Breisach wendete
sich auf die Bitte der Ehefrau und der Kinder
des „gewesten Krebsmüllers" ah das Landespräsidium
und ersuchte um Aufklärung darüber,
in was eigentlich das * Verbrechen des Pfefferle
bestehe. Am 28. Mai fehlten die Akten immer
noch. Die Ehefrau, die täglich ihrer Niederkunft
entgegensah, ging sehr geschickt vor, ihren Gemahl
aus dem Netz der welschen Ankläger zu
befreien, indem sie zu diesen selber vordrang.
Obrist - Lieutenant Deslon vom Conde'schen
Corps zu Heitersheim schrieb ihr folgende Erklärung
: „Wir Obrist Lieutenant machende den
Dienst als Major von der Division der Vorwacht
des Condeischen Corps, bescheinigen hiemit, das
der Nahmens Max Peferlet, Taglöhner, Wohnhaft
zu Alt-Breysack, von die Truppen unserer Vorwacht
nur allein auf blosie Einbildung von
Spionnirerey arrettirt worden ist; und daß besagter
Max Pef erlet an den Commandanten von Alt-
Breysach wieder zurückgeschickt worden ist, als
darum, um zu wissen, ob Er würklich von besagten
Ort, und allda als ein Ehren-Mann bekannt
wärr. Gegeben Heitersheim d. lOten Juny 1797.
Deslon.
Die Sache war also ganz auf der Waage gestanden
; ein wenig Glück, ein wenig Nachsicht
des gestrengen Grafen, und die Waage hätte sich
zu Gunsten des Arretierten gesenkt. Nun war
aber der Obrist mehr von der deutschen pedantischen
Genauigkeit, als von der etwas großzügigeren
Nonchalance der Franzosen besessen. Er gab
endlich Mitte Juni auf die mehrmaligen Anfragen
des v. ö. Landespräsidiums Antwort:
„Der daselbst inhaftirte Marx Pfefferle hat
sich zwar als Kundschafter gebrauchen lassen
und ist öfters von denen Herren Commandanten,
so vor mir da waren, über den Rhein geschickt
worden; ich selbst, ungeachtet mir bey vieler
genauren Untersuchung dieser Mensch gleich
verdächtig schien, ließ ihn auf Kundschaften ausgehen
; die Art jedoch, wie dieser nehmlich bey
hellem, Tag über den Rhein setzte, gerade im Angesicht
der feindlichen Vorposten landete, dann
die zweydeutigen und mit andern nicht übereinstimmenden
Rapports, so er mir hinterbrachte,
bestättigten mich in meinem wider ihn gefaßten
Argwohn.
Bey dem letzten Übergang des Feindes trug
er sich aus freyen Stücken wiederum an, über
den Rhein zu gehen; weil ich aber nicht einstimmen
wollte, so versicherte er mich, daß sein Vertrauter
ihm einen Zettel an einen gewissen Ort"
gelegt hätte, er selben abhollen und auf der
Stelle wieder herüberkommen wollte. In dieser
Rücksicht ließ ich ihn gehen, hörte aber nicht
auf, ihn beobachten zu lassen. Inquisit (der peinlich
Angeklagte) kam aber erst nach Tagen
mit leeren Worten und unnöthigen Ausflüchten
zurück.
Dieses und mehrere verdächtige Handlungen
von seiner Seite machten mich militärisch Schließen
, daß dieser Mensch an den Grenzen höchst
verdächtig seye und mit der Zeit, wenn er es
noch nicht war, sehr gefährlich werden könnte.
Dies ist, was mich zu dessen Arretierung bestimmte
und welches ich auf die gefällige Zuschrift
vom 28. v. Mts. nebst Anschlüssung der
Communicats zu erwideren die Ehre habe".
Eine Woche später benachrichtigte die v. ö.
Regierung den inzwischen nach Tuttlingen verlegten
Obristen davon, daß sie Pfefferle nach Alt-
Breisach entlassen habe, da die angekündigten
Akten immer noch nicht eingetroffen und die
Friedenspräliminarien mit der französischen Nation
bereits unterzeichnet seien. Der Magistrat
von Breisach wurde angewiesen, Pfefferle nicht
mehr über den Rhein fahren zu lassen. Sollte
aber der Graf umständlichere Tatsachen gegen
ihn melden können, so wäre er leicht wieder
festzunehmen, da bei ihm als einem „angesessenen
Manne, der Weib und Kinder hat, wenigstens
dermalen keine Entweichungsgefahr zu besorgen
scheinet". Allerdings soll er erst nach
Ersatz seiner Inhaftierungskosten auf freien Fuß
gesetzt werden.
Den i-Tupfen auf diese Geschichte setzte das
Hauptquartier Schwetzingen mit seiner Mitteilung
an den Landespräsidenten von Summerau,
daß die Akten bereits vor einem Monat einer
löbl. v. ö. Regierung übersandt worden seien; —
wo sie aber kraft göttlicher Einsicht ihrer Nichtigkeit
nie eingetroffen sind.
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