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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1966-02/0015
übernimmt die künstlerische Gestaltung dieses
Standardwerkes, der Lebenskrönung eines verdienstvollen
elsässischen Gelehrten. Verklingende
Weisen? Vielleicht. Aber bevor sie ganz verklungen
sind, sollen sie doch der Nachwelt erhalten
bleiben als kostbares Gut der Väter, als des
Volkes „ganze Seele".

„Das Volkslied im Elsaß", ein Werk von hohem
Hang und bleibendem Wert für alle Freunde von
Gesang und Musik, für alle Liedforscher und
Volkskundler im europäischen Raum, umfaßt
fünf Bände, von denen der erste im Februar erscheinen
soll. Das Geleitwort schrieb der ehemalige
Straßburger Rektor und Germanist J. F.
Angelloz. Die Erzähllieder und geschichtlichen
Lieder werden umrahmt von Vorwort, Einführung
, wissenschaftlichen Anmerkungen des Verfassers
. Der zweite Band wird den Stände- und
Wanderliedern gewidmet sein, der dritte umfaßt
Liebes-, Ehestands- und Kinderlieder, der vierte
Arbeits-, Tanz- und Brauchtumslieder, der fünfte
klingt aus mit religiösen und besinnlichen Liedern
von Zeit und Ewigkeit. Die fünf Bände
werden ca. 400 Seiten stark sein.

Subskriptionspreis pro Band: 28,— DM. Diese
Preise gelten bis 31. März 1966 und sind nur für
das Gesamtwerk anwendbar. Die Bezahlung er-

E. Müller, Ettikon:

Im Leben und in der Dichtung hören wir von
vielen Beispielen, wie ein Mensch den Tod vor
Augen sieht, weiß, daß ihm die letzte Stunde
geschlagen hat, doch gefaßt und unerschrocken
sein Schicksal auf sich nimmt.

Schon vor 2V2 Jahrtausenden stellt Sophokles
dar, wie der leidgeprüfte Ödipus mit fester Gewißheit
, daß sein Leben sich dem Ende zuneigte,
den Töchtern gebot, Wasser zum Bade und den
Opfertrank zu holen, sich neu einkleidete, Abschied
von den Lieben nahm und dann von hinnen
fuhr. Und Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
vermerkt in seinem „Simplicissimus"
eine schöne Art, selig zu sterben und sich mit
geringen Unkosten begraben zu lassen. Der fromme
Einsiedler nämlich gibt dem Simplicius gute
Lehren, schaufelt dabei sein Grab, legt sich hinein
wie einer, der sich schlaf en legen will, spricht
ein Gebet, und seine liebe Seele verläßt den
Leib.

Die Größe des Todes ist nicht nur den Großen
vorbehalten; auch einfache Menschen können
ihren großartigen Heimgang finden. Davon soll
folgendes Geschehen zeugen, das sich vor einigen
Jahren in einem anmutigen Dörflein am
Hochrhein begab:

Als im Hornung die grauen Schöpfe der Weidenkätzchen
sich aus den braunen Schalen drängten
, weil sie einen neuen Frühling spürten, da
fühlte Joseph Tröndle, daß es für ihn zu Ende
ging. Für ihn rief die Meise nicht mehr ihr
,,D' Zit isch do!" und ihre Aufforderung „Wetz

'6 6big£iedtf

Mi trifft scho mengge Ruef vo d'Äne
ganz Iiis — er meint jo numme mit
Do weiß i nit mit myne Pläne,
wo tue i sie no hi?

I hätt no menggi chleine Sorge,
nit z'uding schwer, un au nit z'liicht.
I freu mi no, wenn amme Morge
nit ein im andere gliicht.

I freu mi no un trau mer's z'sage:
O Ebigkeit, so rief un rief!
Du bisch my Utecht in alle Tage,
dunkt mi au d'Nacht scho tief.

Hedwig Salm

folgt gestaffelt, d. h. nach jeweiliger Lieferung
der einzelnen Bände. Ab 1. April 1966 kostet jeder
Band 34 DM.

Interessenten dieser wissenschaftlich bearbeiteten
, in bibliophiler Ausstattung herausgegebenen
Sammlung der im Elsaß innerhalb vier Jahrhunderten
gesungenen Volkslieder wenden sich
an ihre Buchhandlung oder direkt an den Verlag
Alsatia, Colmar, sowie Freiburg.

dy Pflueg!" Achtzig Jahre war er alt, und er
hatte nie erfahren, was Krankheit war. Vergnügt
und immer zufrieden hatte er die paar
Äckerlein bestellt und war seit 34 Jahren werktags
und auch sonntags nach der Kirche auf das
Rathaus gegangen, wo er gewissenhaft die notwendigen
Geschäfte als Ratschreiber erledigte.
Jetzt aber wußte er in sicherer Gewißheit: so
wie draußen allenthalben sich neues Leben regte,
so verlangte alles in ihm nach Ruhe. Dies Wissen
flößte ihm kein Grauen, keine Angst ein,
sondern er nahm es hin als eine Selbstverständlichkeit
.

Damit er dem hochwürdigen Herrn Pfarrer
keine Umstände mache, ging er ins Pfarrhaus
und bat um die letzte Ölung. Dann begab er sich
wie jeden Tag aufs Rathaus. Die Gemeinde hatte
ihm zwar seit einiger Zeit einen jungen Mann
zur Seite gestellt, doch in Grundbuchangelegenheiten
und dergleichen war er immer noch allein
zuständig. Joseph ordnete, wie er es gewohnt
war, einige Papiere, spitzte den Bleistift und
legte jegliches Ding an den ihm zugewiesenen
Platz, denn er verehrte noch altmodisck die Ordnung
als eine „Himmelstochter". *

Als alles so war, wie er es haben wollte, verabschiedete
er sich von seinem Gehilfen, und da
geschah das Ungewöhnliche — er reichte ihm
ganz gegen die Gewohnheit die Hand und sagte
in umständlicher Feierlichkeit: „So, Jakob, heute
ist es das letzte Mal gewesen, daß ich auf dem
Rathaus war. Lebt wohl!"

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