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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1966-02/0016
Keinen Blick warf ex mehr zurück, sondern
ging kräftigen Schrittes nach Hause. „Babette",
sagte er zu seiner Frau, „ich lege mich ins Bett,
ich muß sterben".

Da hättet ihr einmal hören sollen, was die
Babette für ein Gezeter anhub, ob er denn in
seinen alten Tagen kindisch geworden sei, ob
ihm etwas fehle, ob er nicht doch endlich einmal

Karl Storck f:

Wie in allen katholischen Gegenden ist die
Fastenzeit besonders reich an Gebräuchen.

Zuerst kam die sogenannte Herrenfastnacht
.

Am Fastnachtsmontag versammeln sich alle
„Knaben", d. h. Jünglinge, welche „ein Mädchen
haben", holten ihre Geliebten und gingen Paar
an Paar zur Kirche, wo eine Messe für sie gelesen
wurde. Während derselben war Opfergang,
wobei das älteste Paar den Vortritt hatte.

Nachmittags folgte man dann der Musik auf
den Tanzboden, wo bis Mittwoch früh durchgetanzt
wurde. Die Mahlzeiten fanden jeweils
um Mitternacht statt. Am Mittwoch morgen
führte nun jeder Knabe sein Mädchen nach Hause
und war für diesen Mittag ihr Gast.

Nachmittags aber wurde von den Knaben die
Fastnacht für dieses Jahr begraben. Eine große
Puppe wurde mit bunten Lappen behangen, irn
Dorfe herumgeführt und endlich in irgend einer
Ecke verscharrt. Dabei wurde eine große „Kruse"
(Krug) voll des trefflichen Rotweins, der auf den
umliegenden Hügeln gedeiht, mitgeführt, aus der
jeder, der dem Zug begegnete, trinken mußte.

Jetzt kam endlich der Ernst der Fastenzeit
zur Geltung.

Nur noch eine kleine Nachfeier wurde/ am folgenden
Sonntag, der sogenannten „alten Fastnacht
", abgehalten, indem dann die Knaben bei
ihren Mädchen die „Fastnachtsküchlein" holten,
wobei auch der Spruch „liquidum non frangit
ieiunium" nicht vergessen wurde.

An diesem Abend wurden auch die Fastnachtsfeuer
angezündet. Es waren deren
zwei auf verschiedenen Plätzen, eines für die
Männer, das andere für die Frauen. Während
das der Frauen auf freiem Felde aufgeschichtet
war, bildete den Grundstock für das der Männer
eine Tanne, auf deren Äste Stroh gehäuft wurde,
zu oberst aber waren die alten Körbe und das
unbrauchbar gewordene Pferdegeschirr befestigt.
Vor dem Anzünden wurde noch gemeinschaftlich
der Rosenkranz gebetet. Dann aber loderten die
Flammen auf, um die Junge und Alte tanzten
und Scheiben warfen. Aber man verfehlte auch
nicht darauf zu achten, woher der Wind wehte,
denn daher kamen im darauf folgenden Sommer
die Gewitter. Die Tanne, die natürlich abstand,
erhielt der jüngste Ehemann, der dafür als Gegenleistung
bei den Bittgängen die Kirchenfahne
tragen mußte.

Nun begab man sich prozessionsweise, bren-

einen Schluck Kirschwasser nehmen wolle, wie
sie ihm schon so oft geraten habe? — Joseph
Tröndle ließ seine Frau reden, wußte er doch aus
langer Erfahrung, daß jeder Widerspruch sie
nur zu größerer Lautstärke reizte.

Er legte sich ins Bett, und nach wenigen
Stunden ging sein Schlaf in den Tod über.

nende Fackeln in der Hand, nach dem Ort, wo
der Holzhaufen der Frauen aufgescheitet war.

War auch dieser von den Flammen verzehrt,
machte man sich nach dem Wirtshause auf, um
die „Fastnachtsküchli" zu verzehren und sich an
einem Tänzlein zu erfreuen.

Jetzt aber war alles ruhig, nur für die Kinder
gab es noch ein Fest: „Mittelfasten". Noch heute
wird der vierte Sonntag in der Fastenzeit fast
als Freudenfest selbst in den Kirchen gefeiert.

An diesem Tage nun ziehen noch heute1 die
Kinder in zwei Abteilungen, Knaben und Mädchen
, von Haus zu Haus, um Eier, Mehl und
dergleichen zu erbetteln. Die Knaben haben dabei
ein Sprüchlein:

Stüret, stüret2 em e alte Mieschma3:
Hingerem Bütteneloch4 e Hus5 gha,
Siebe Johr im Chömi6 ghonge,
Erst nächte 7 abegfalle,
Bolle, Bolle, so ehalt8.

Will die Hausfrau keine Eier herausgeben, so
folgt die Verwünschung:

Wenn d'r nüt weit9 ghä,

Mueß ech der Iltis d'Hühner näh

Met samt em Giggel10.

Das Lied der Mädchen hat folgenden Wortlaut:

Hüt11 esch Mettelf aste,
Mer trete in die Lache 12.

Drü 13 roti Röseli vor em grünere Wald!14
Mer sehn's an de Wulche15,
d' Frau het noni16 g'mulche.

Drü roti Röseli etc.

Mer sehn's an de Sterne,

d' Frau get is Kerne 17. —

Mer höre 's Hühnli' singe,

d' Frau will es fili bringe. —

Mer höre d' Frau ins Chämerli goh;

Sie will is Nüßli abeloh.

Drü roti Röseli vor em grünere Wald.
Helandileis!18

Hüt über drei Woche esse mer Eier un Fleisch!19

Von den erhaltenen Gaben backt dann irgend
eine Frau den Kindern einen großen „Eierdotsch"
(Eierkuchen).

1) Heute tun es nur die armen Kinder, früher aber war es allgemein.
2) Steuert = gebet. 3) Moosmann. Ein Mann, der so arm ist, daß er nur
Moos zu seiner Bekleidung hat. 4) Bütteneloch ist eine wilde Kluft bei
Ettingen. Hinter derselben ist für kein Haus Platz; wer also dort sein
Haus liegen hat, besitzt eben keines. — (In Basel ist der Führer der
Fasnachtsknaben verlarvt, vermummt und mit einem Schellengurt umgürtet
, er heißt Huzgür (Ungeheuer): Seiler, Basler Mundart, S. 136.) —
5) Haus. 6) Kamin. ?) Nächten, letzte Nacht. 8) kalt. 9) wollt. 10) Hahn.
Ii) heute. 12) Der Vers ist wohl korrumpiert. In der benachbarten Ortschaft
Blauen lautet er: Mer trete uf di Gasse. 13) drei. 14) Der Vers
kehrt als Refrain nach je zwei Versen wieder. Während die beiden wechselnden
Verse recto tono recitiert werden, geht es bei „drü" eine Terz
in die Höhe, und der Refrain ist, wenn auch nur einfach, moduliert. —
(Die Verse „Mer sehns — gmulche" kommen auch sonst vor, so mit gebotener
Änderung in einem sdilesischen Liedchen: Weinhold, Beiträge
z. e. schles, Wörterbuche 108 2.) 15) Wolken. 16) noch nicht. 17) gib uns
Bohnen. 18) Heiland eleis = Kyrie eleison. 19) Audi dieser Vers wird
gesungen.

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