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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1966-03/0008
schwarzen Wagen mit dem Sarg zu spannen. Die
Füchse mit ihren hellen Mähnen brachten eine
mit dem unerforschlichen Beginnen des Sensenmannes
gewissermaßen aussöhnende, tröstliche,
wohltuende Note in das Bild, das der Kondukt
vom Arzthaus zum Kirchhof bot. Ja, es wollte
mehr als einem Teilnehmer an der Beisetzung,
über die ein seidig blauer Himmel ausgespannt
war, so scheinen, als seien Daphne und Danae
ihres Auftrages sich bewußt, die sterbliche Hülle
ihres Herrn zum Gottesacker zu bringen — spürbar
würdevoll und gemessen schritten sie dahin.

Und dann übernahm der bisherige ärztliche
Gehilfe des Abgeschiedenen die so plötzlich verwaiste
Praxis. Da er sich nicht genug Fertigkeit
beim Umgang mit den Pferden zutraute, bat er
den Kleinbauer, ihren vieljährigen Betreuer, fürs
erste, die Zügel führend, mitzufahren. Allein
ein junger Medikus denkt — und ein Gespann
Doktorsgäule lenkt. . .

Daphne und Danae schienen, seit sie vom
Friedhof zurückgekommen waren, völlig verändert
. Zwar ließen sie sich anschirren und einspannen
— aber zum Traben waren sie nicht zu
bringen, obwohl der eine und andere scharfe
Fitzer mit der Peitsche sie traf — auch blieben
sie immer wieder stehen, scharrten mit den
Hufen den Straßenbelag, wenn sie nicht gar,
eigenwillig, umkehrten.

Stammtische und Kaffeekränzchen hatten einen
neuen Gesprächsstoff, freilich im Gegensatz
zu den trauerumflorten Unterhaltungen über den
Abschied vom Medizinalrat einen heiteren, der
zu mancherlei bösmäuligen Bemerkungen über
den jungen Doktor Anlaß gab. Der aber machte
ein recht bekümmertes Gesicht. . .

Was sollte er tun? Die Füchse verkaufen? Mit
anderen Pferden es versuchen? Da kam eines
Tages ein Studienfreund im Auto angefahren. So
eine „Benzinkutsche" war damals noch ein viel
bestauntes Vehikel — aber für den Doktor, von

dem die Füchse offenbar nichts wissen wollten,
wurde sie zur Rettung. Man lernte zu jener Zeit
das Autofahren sozusagen noch auf eigenes
Risiko — nota bene, ließen sich auch dabei
Kenntnisse erwerben, die durchaus ausreichten,
wenn einem nicht scheuende Pferde oder bockende
Kühe vor den Kühler kamen. Schneller als
er selbst und die Altenhausener vermuteten, saß
der Nachfolger des Medizinalrats am Steuer eines
„Töfftöffs", erst bestaunt, zugleich ein wenig
belächelt, dann bewundert ob seiner Fahrkunst
und bald eine alltägliche Erscheinung.

Und die Doktorsgäule? Die Doktorsgäule verkaufte
der Jungarzt an den Kleinbauer — das
heißt, der Medikus war so glücklich über sein
Auto, daß er die Füchse mehr um eine Anerkennungsgebühr
denn gegen einen richtigen Kaufpreis
abgab.

Vor dem geflochtenen Bernerwägele trabten
Daphne und Danae, von ihrem Besitzer liebevoll
betreut, sichtlich zufriedenen Sinnes. Ganz in
ihrem Element aber schienen sie zu sein, wenn
sie einen Sarg zum Gottesacker brachten. Der
Eindruck, den sie beim Trauerzug für den Medizinalrat
hinterlassen hatten, erwies sich als so
nachhaltig, daß sie zum amtlichen Totenwagengespann
bestimmt worden waren . . .

Natürlich blieb die Zeit nicht aus, die auch
die Doktorsgäule zum Markstein ihres Daseins
führte. Daphne und Danae ward ein stiller Tod
durch einen Tierarzt gegönnt, der sie von der
Beschwer ihres hohen Pferdealters sanft erlöste.

Als bekannt wurde" die Füchse seien nicht
mehr am Leben, sagte im „Rebstock" der hochgeachtete
Senior des Stammtisches unter dem
Zunftzeichen der ehrbaren Zimmerer: „Jetzt wird
einen das Sterben noch schwerer ankommen.
Daran zu denken, daß man von den alten lieben
Doktorsgäulen zum Kirchhof gefahren würde, hat
mich immer tröstlich — fast heimelig berührt".

Albert Eisele, Kandern:

j&\t (Jreignffle 1848/49 von 2lmm?a am gefetjen

Ein Brief eines deutschen Auswanderers

Nach dem Gefecht auf der Scheideck mußte
Hecker einsehen, daß sein Gedanke, die Republik
mit Waffengewalt herbeizuführen, mißlungen
war. Er floh nach Muttenz in der Schweiz und
gab dort eine Schrift heraus „Die Erhebung des
Volkes in Baden für die deutsche Republik im
Frühjahr 1848". In der Einleitung stellt er fest:
„Unsere unterlegene, aber nicht besiegte Sache
ist heimisch geworden in der Hütte des Landmanns
und in den Wohnungen der Städter. In
den einsamen Hütten der Bergeshöhen, in den
Wohnungen der Täler hängen tausendfach die
Bildnisse der „Rebellenführer" und in Liedern
preist das Volk ihre Namen". Noch in meiner
Jugendzeit lebte daheim der Vers aus dem
Heckerlied „Und wenn die Leute fragen: lebt

der alte Hecker noch? Dann sollt ihr ihnen sagen:
er hängt an keinem Baume, er hängt an keinem
Strick; er hängt nur an dem Traume der deutschen
Republik".

Alle diese Dinge sind schon oft dargestellt
worden. Heute aber liegt uns ein Brief vor, gerichtet
an Herrn Gottfried Zahn in Kandern,
Oberamt Lörrach, Großherzogtum Baden, Deutschland
. Er ist geschrieben am 25. Juni 1849 in
Elisabeth-Port und zwar von Karl Friedrich Zahn.
Der Briefschreiber berichtet darin von der Stimmung
unter den deutschen Auswanderern in
New York, die er von Hause kennt. Hier in diesem
Brief begegnen uns die verschiedenen Gründe
der Auswanderung, wie ich sie in „Das Mark-
gräflerland", Heft 1/1964, unter der Überschrift

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