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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1966-03/0009
Ein Bild Heckers von einem Flugblatt
Heimatmuseum Kandern / Aufn.: Christa Kurz

„Kanderner Familienschicksale" dargestellt habe.
Dort ist u. a. kurz erwähnt, daß die Militärpflicht
nicht beliebt war» und mancher sich ihr durch die
Auswanderung entzog. Der Briefschreiber Karl
Friedrich Zahn war am 7. Dezember 1821 als
7. Kind des Karl Gottfried Zahn hier geboren.
Er gehört also in die Familie, die uns bekannt
ist, weil einer aus der Familie Bürgermeister
wurde und einer den Schützenverein gründetet
Dieser Karl Friedrich war zum Militari eingezogen
worden, kam im April 1845 in Urlaub nach
Kandern und fuhr von hier „ohne Erlaubnis"
nach Amerika statt in seine Garnison. Dort drüben
gründete er eine, wie er schreibt, glückliche
Ehe mit Elizabeth Muhrer, gebürtig aus Wachenheim
an der Hardt, Rheinkreis Bayern.

Wäre der Name Muhrer nicht mehrfach erwähnt
, so könnte man auch „Mehrer" lesen, zumal
Herr Pfarrer Bauer festgestellt hat, daß die
Großeltern von Karl Mehrer, dem Kanderner
Chronisten, Eberhard Friedrich Mehrer, Bürger
und Chirurg in Lienzingen, Oberamt Maulbronn,
laut Kirchenbuch „jetzt wohnhaft auf einer Pflanzung
bei Philadelphia in Amerika" und Christine
Elisabeth geborene Barth waren. Aber Zahn
schreibt ausdrücklich „also nicht aus Kandern
oder der Umgebung".

Und nun der Wortlaut des Briefes:

„Elizabeth-Port, den 25ten Juni 1849
Theuerster Bruder, Mutter und Schwestern!

Wenn Euch dies Schreiben in guter Gesundheit
antrifft, wird es mich herzlich freuen. Was
mich und meine Familie anbetrifft, sind wir Gott
sei Dank gesund und wohl. Lieber Bruder, Deinen
vom 5. September vorigen Jahres geschriebenen
Brief habe ich richtig erhalten, und zwar
erst am 26. März dieses Jahres durch einen guten
Freund von New York, einen respektablen Wirt,
der oft auf die Jagd kommt hierher zu mir. Karl
Schönfeld überreichte diesen Brief dem Wirt, weil
er nicht Zeit hatte, selbst zu kommen wegen der
bressanten Arbeit. Gefreut hätte es mich, wenn
ich Keller und Kammüller gesehen hätte. Sie
hielten sich jedoch nicht lange auf in New York
und machten ihre Reise weiter ins Land. Deinem
Schreiben entnahm ich etwas von der deutschen
Revolution, das ich jedoch schon lange vorher
wußte und zwar durch meine Staats-^eitung, die
ich wöchentlich einmal erhalte von New York
und zwar in deutscher Sprache.

Lieber Bruder, den 2ten dieses erhielten wir
die frohe Nachricht von einer 2ten Revolution in
Süddeutschland, die sich aber nach und nach weiter
verbreiten wird, und hoffen daher, daß die
Deutschen nicht eher ruhen werden, als bis das
Schwert die Brust des letzten Königs getroffen
hat. Die Deutschen hier lassen acht Schiffe ausrüsten
auf ihre eigenen Kosten, wo dann jeder
deutsche Patriot, der für Recht, Freiheit und
Vaterland mitkämpfen will, frei hinausgeliefert
wird. Theurer Bruder, vielleicht ehe Du diesen
Brief erhältst, werdet Ihr den großen Volksmann
Friedrich Hecker in Eurer Heimat mit einer
Schar deutscher braver Männer sehen, denn alles
will jetzt mit Hecker fort. Er kam letzten Samstag
hier an. Er hat ein schönes Landgut weit
im Land drin. Geht dann die Sache gut vorwärts
bei Euch, so hegen wir das große Zutrauen zu
Hecker, daß er nicht das Volk verraten wird wie
der noch vor drei Jahren vom Volk vergötterte
große Kaiser-Fabrikant, Parlamentsschlingel
Welker. — So wird dieser Volksverräter hier
tituliert. Denn es wird nicht lange dauern, so
werden diese Volksverräter wieder an ihre Könige
appellieren, das Volk aber wird seine Verräter
erkennen, wird sie zurückstoßen und ausrufen
: nur die Republik ist Deutschlands Rettung
. Lieber Bruder, was mich am meisten wundert
von der deutschen Sache ist, daß die Frankfurter
Reichsnarren den Lügenkönig von Preußen
an die Spitze von Deutschland stellen wollten
. Er, der sein Volk in Berlin zweimal vierr
undzwanzig Stunden kartätschen ließ. Wo der
sich nicht schämte, jene Worte auszustoßen, Preußen
muß in Deutschland aufgehen; in der Tat,
man sollte es wirklich glauben; namentlich in
Dresden hat das preußische Bajonetthandwerk
letzten Monat ein Stückchen von der Zivilisation
im 19. Jahrhundert abgelegt; man sollte wirklich
glauben, ein Tilly oder Nero wäre aus dem Grab
erstanden.

Teurer Bruder, über Heckers Empfang muß
ich Dich ein wenig in Kenntnis setzen. Nämlich

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