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v.ö. Orth verzöhren und sich niederlassen därfe10.
Die Genehmigung wird erteilt. Soweit wäre alles
in Ordnung gewesen. Klein hätte in seinem Geburtsort
den Kreislauf seines Lebens schließen
und in Frieden seine Pension genießen können.
Die Zeit hätte der Vergangenheit ein anderes
Gesicht gegeben, die Höhen höher erscheinen lassen
und die Tiefen weniger abgründig. Es hätte
einen behaglichen Lebensabend gegeben.
Dem war aber nicht so. Die Zeit wirkte im
gegenteiligen Sinne, sie trug die Höhen ab und
vertiefte die Abgründe. Es waren die Jahre, in
denen sich die Condes in der Gegend niederließen
, um auf den Zusammenbruch der Französischen
Revolution zu warten. Sie brachten eine
große Teuerung über das Land. Die Kaufkraft
der kleinen Pension schwand dahin. Klein bat
um eine Erhöhung seines Ruhegehalts n. Die Stadt
erkennt an12, daß 200 Gulden nach Abzug der
Hauszinsen, des Brennholzes und der gewöhnlichen
Abgaben zum Lebensunterhalt nicht mehr
ausreichen. Sie beruft sich aber auf seine eigene
Begründung in seinem Gesuch vom 30. Dezember
1793, daß die Stadt zu unvermögend sei, neben
den laufenden Gehältern auch noch eine Pension
zu bezahlen. Das As seiner Begründungen wird
gegen ihn selbst ausgespielt. Der sich in seiner
Amtspraxis so oft als Meister der Diplomatie
erwiesen hatte, schließt seine Laufbahn mit
einem diplomatischen Fehler, der durch Jahre
hindurch sich immer wieder gegen ihn auswirkt.
Die Gemeinde legt eine Abrechnung des Spitalfonds
vor, die als Abschluß eine Schuld von
76 Gulden ausweist. Daraus geht hervor, daß
nicht nur die erbetene Zulage nicht aufgebracht,
sondern selbst die vom Hofe zu Wien bewilligte
Pension nicht ausbezahlt werden kann. „Freylich
", und nun spielt der neue Syndikus Neumann
seinen Trumpf aus, „wenn der Hauptendzweck
des hiesigen Spithales außerachtgesetzt,
sofort den oft gedachten Ortsarmen, für welche
derselbe vorzüglich gestiftet ist, die von dem
Magistrate nach Gutbefinden zu vertheilenden
jährlichen Allmosen weggenommen, oder doch
merklich geschmälert werden sollen, so ist nicht
zu läugnen, daß dem Bittsteller Klein die jährlich
ausgeworfene Pension sowohl nach Verlangen
ausgezahlet, als auch die neuerlich gebethene
Zulage per 100 f von höherem Orte ohne Anstand
vieleicht verwilliget werden möchte".
Dieser Bericht ist seines Gegners würdig. Mit
großer Geschicklichkeit wirft er die Schuld an
der Ablehnung der Regierung zu und zwingt sie
gleichzeitig diese Ablehnung auszusprechen.
Die Staatsbuchhalterei zu Konstanz wird aufgefordert
, einen Bericht13 über die Zahlungsfähigkeit
der Stadt vorzulegen. „Wenn der Stadtrath
unseren Öconomie Plan befolget, würde sich
ein Überschuß von 742 Gulden ergeben, von dem
der Anteil der Stadt an der Pension Kleins wohl
bestritten werden könnte". Die amtliche Darstellung
des Vermögensstandes ist von allgemeinem
Interesse. Sie zeigt uns die Lage der durch die
Revolution von ihrem linksrheinischen Besitz
„befreiten" Orte am Grenzstrom. „Durch die entstandene
französische Revolution und dermahli-
gen Kriege hat aber die Stadt das ihr zugehörige
und gleich über dem Rhein im Elsaß gelegene
Dorf Schalampe nun verlohren; und die allda
und in anderen Elsasischen Orther zu beziehen
gehabte Gefälle, die ein Jahr in das andere sich
auf 500 Gulden belaufen können, sind jetzt unflüssig
, und wird hierauf eine lange Zeit, oder
vielleicht niemahl mehr eine Rechnung gemacht
werden können. Es bestehete also der Überschuß
(abzüglich der Pension) noch in 142 f. Dan be-
sizet die Stadt jenseits des Rheins im französischen
Gebiethe an Rhein-Inslen über 2000 Jau-
cherte Waldungen, aus welchen sie sich das be-
nöthigte Holz beinahe ganz hat anschafen können
. Diese Waldungen sind nun auch in feindlichen
Händen, und werden vermuthlich auch
darin verbleiben.
Man kann also sicher annemmen, daß durch
den ihr hieraus entgangenen Nuzen der Überschuß
per 142 f sich ganz aufzehren, ja sich noch
ein Abgang ergeben, und dieser sich noch vermehren
muß, weil die Stadt dem Kriegs Theater
ohnehin die nächste ist, dermahl auch noch viele
außerordentliche Auslagen zu bestreitten hat".
Die Buchhaltung stellt einen baren Geldvorrat
von 16 Gulden 59 kr fest. „Die Activ Ruckstände
betragen diesseits des Rheins 6327 f und
jene jenseits 554 f. Dann ist die Stadt noch mit
7166 f Schulden beladen, dagegen ligen an Activ
Capitalien verzünslich an 2234 f. Die Activ Ruckstände
jenseits des Rheins oder im Elsas sind
unflüssig, und jene diesseits können bei der-
mahligen Kriegszeiten nicht wohl beigetrieben
werden".
Ähnlich waren auch die Verhältnisse beim
Spitalfond. Bares Geld waren 3 f 1 9 kr in der
Kasse. Die Aktiv-Rückstände betrugen 3442 Gulden
, dazu kamen noch Aktiv-Kapitalien in Höhe
von 3722 Gulden. Auch dieses Vermögen war
festgefroren. „Hieraus ergiebt sich also ganz klar,
das weder die Stadt, noch der Spithal eine Zulag
für den Kanzley Verwalter, der doch einer Zulage
allerdings bedürftig und würdig wäre, zu
bestreitten im Stande seyn".
Dieser Bescheid wurde nun dem unglücklichen
jubilierten Kanzleiverwalter zuteil14. Dies geschah
am 25. August 1794. Aus dem nächsten
Schreiben Kleins an die Regierung vom Juni des
nächsten Jahres 15 erfuhren wir, daß er nach dem
Tode des Syndikus Haaß doch noch bis zum
Dienstantritt des neu erwählten Syndikus Neumann
amtieren durfte „gegen die vormalligen
fixo und Accidentien". Am 22. April 1794 mußte
er aber endgültig ausscheiden. Da er die
Dienstwohnung räumen mußte, verließ er die
Stadt. Seine neuerliche Eingabe schreibt er von
Gottenheim.
Er war von Neuenburg abgereist, ohne mit
der Stadt abgerechnet zu haben. Er hinterließ
„bey zween in Neuenburg angesessenen Particu-
laren16 bey 500 fl verzinsliches Kapital, und
glaubte daher, daß er darmit diese Stadt für alle
an ihne zu machen haben mögende Anforderungen
genüglich zu bedeken im Stand seyn und
folglich ihme an der Richtigen quartaligen Verabfolg
- und Bezahlung der ihme geschöpften
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