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Paul Stintzi, Mülhausen:
?u (BebtueHec in bm Wannen ...
Wie Thann den Eingang des Thurtales, so
so hütet Gebweiler jenen des Lauch- oder Blumentales
. Und wie die Thanner stolz sind auf
ihren Rangen und den sonnigen Rebberg, so
rühmen die Weinkenner den „Wannen", den
„Kessler", den „Sering", die köstlichen Gewanne
am Unter- und Oberlinger. Der Rebensaft hat
beide Städtlein bekannt gemacht. Dazu kam in
Gebweiler noch die Textilindustrie durch die
Schlumberger, die Frey, die Bourgart, die dem
Städtlein seinen Charakter gegeben. Im Taleingang
gelegen, wurde Gebweiler auch zum Ausgangspunkt
zahlreicher Wanderungen, ja, weil
das Städtlein am Fuße des Großen Belchen liegt,
nennt man diesen oft den* Gebweiler Belchen.
Darob großen Protest in Sulz, der benachbarten
Gemeinde, denn der Gipfel des höchsten Voge-
senberges steht auf Sulzer Bann und Boden!
Eng mit der einst berühmten benediktinischen
Fürstabtei Murbach sind Gebweilers Ursprung
und Entwicklung verbunden. Im" 8. Jahrhundert
stand hier ein Meierhof der Abtei, die „villa
Gebunvilare", um die sich eine Siedlung bildete.
Der Hof wurde mit der Zeit zu einem bedeutenden
Dinghof, zu einem .wirtschaftlichen Mittelpunkt
des vorderen Tales der Lauch. Aber erst
als man in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts
unter dem Einfluß der Abtei Murbach mit
dem Bau der St. Leodegarskirche begann, wuchs
die Ortschaft zur städtischen Bedeutung heran.
Im kräftigen Rundbogenstil ward sie begonnen
, doch mehr und mehr machte sich der Spitzbogen
geltend, so daß St. Leodegar in der Oberstadt
zu den schönsten Baudenkmälern des Übergangsstiles
zählt. Auf dem großen Platz kommt
die im Rotsandstein des Tales erbaute Kirche zur
vollen Geltung. Eine breite Fassade, überragt
von zwei ungleich hohen, reich skulptierten Türmen
von verschiedenartiger Behandlung, eine
offene, durchgehende Vorhalle, über dem Eingang
ein Tympanon echt romanischer Prägung
mit dem thronenden Christus. St. Leodegar ist
eine im Innern halbdunkle, massiv gebaute
Basilika, in der die Gotik im Chor und den Seitenschiffen
völlig zum Durchbruch kommt. Über
der weit ausholenden Vierung sitzt der mächtige
Hauptturm, achtseitig und im Rundbogenstil
ausgeführt.
Auch die Liebfrauenkirche in der Unterstadt
ist eng verbunden mit der Geschichte der Abtei
Murbach. Im 18. Jahrhundert (1764) wurde die
Benediktiner-Abtei umgewandelt in ein weltliches
adliges Ritterstift und dieses nach Gebweiler
verlegt. Hier baute Abt Kasimir von
Rathsamhausen aus berühmtem elsässischen Geschlecht
die Stiftskirche U. L. Frau, die 1785 geweiht
wurde. „Opus grande" steht über dem Eingang
, ein großes Werk, nicht für Menschen erbaut
, sondern für Gott, den Herrn. Die Gebweiler
Liebfrauenkirche verbindet den ausgehenden
Barock mit dem klassizistischen Stil und stellt
sie unter die bedeutendsten Schöpfungen des 18.
Jahrhunderts. Die Pläne entwarf ein Baumeister
aus Besangon, Beuque mit Namen; nach einem
Prozeß übergab das Stift die Arbeiten einem
Baumeister aus der Bregenzer Gegend,- Gabriel
Ignaz Ritter, der die Pläne seines Vorgängers
übernahm und im Sinne des süddeutschen Barock
weiterführte. Die Skulpturarbeiten vertraute
man der Künstlerfamilie Sporer aus Weingarten
an, die bereits weit bekannt war.
Eine mächtige Vorderfront, geschmückt mit
allegorischen Statuen, den Tugenden, und gewaltigen
Säulen im klassischen Stil. Von den vorgesehenen
zwei Türmen wurde nur der eine ausgeführt
, und dieser erst um 1840; ein Versuch,
auch den andern zu bauen, scheiterte mangels
Geldmittel. Das Innere überrascht durch die
Raumwirkung, Höhe, Länge und Breite, aber
auch durch die reich skulptierten korinthischen
Kapitäle der Säulen im Rotsandstein. Das Chor
ist zum großen Teil das Werk der bereits genannten
Familie Sporer.« Im Hintergrund die „Himmelfahrt
Mariae", die Arbeit des Vaters Fidelis
Sporer, in pompöser, echt barockener Auffassung
mit schwebenden, Maria entgegenkommenden
Engeln, die Szepter und Krone tragen. Die Tochter
Helene arbeitete das Chorgestühl aus, Medaillons
mit Szenen aus dem Alten und Neuen Bund,
reich umkränzt mit Blumengewinden in köstlicher
Ausführung. Immer neue Einzelheiten entdeckt
man bei der Betrachtung dieser Schöpfung,
die eine tiefe Beobachtungsgabe, aber auch ein
Turm der Liebfrauenkirche in Gebweiler
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