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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1966-04/0016
Die Dominikanerkirche in Gebweiler

einst eines Patriziers fest gebautes Haus. Auch
in Seitengassen stehen noch Häuser, hier und
dort mit einem Erker geschmückt, mit Wappen
und Jahreszahl ausgestattet, mit dreigeteilten
Fenstern. Aber ein altes Viertel ist verschwunden
, wurde ersetzt durch Hochbauten, über die
man in einem Städtlein wie Gebweiler geteilter
Meinung sein kann.

In Gebweilers Leodegarskirche erzählen Strickleitern
von dem Uberfall des Städtleins durch
die Armagnaken in dunkler Hornungsnacht 1445.
Eine Erscheinung Mariae und des hl. Valentin
zwang, so heißt es, die Feinde zum Rückzug; seitdem
wird, auf Grund eines Gelöbnisses der Stadt,
der Valentinstag feierlich begangen. Alljährlich
am Valentinsabend singen die Gläubigen nach
der Melodie „Zu Mantua in Banden" ein religiös-
volkhaftes Lied, das Gebweilers Dichter Karl
Braun gedichtet hat.

Furchtbar war der Dreißigjährige Krieg in
Gebweiler. Endlose Durchzüge raubender Heere,
Drangsale aller Art, Hunger, Seuchen, Sengen
und Brennen. Damals litten die beiden Klöster,
das der Dominikaner und jenes der Dominikanerinnen
, Kloster Engelpforten, schwer unter den
Greueln des Krieges. Die Revolution hob beide
$uf.

Der Staat trat damals an die Stelle der ehemaligen
herrschaftlichen Gebieter; Industrie und!
Finanzmächte lösten den alten Adel ab. Die
Mühlen längs der Lauch wichen den Fabriken.

Gebweiler wurde zum Mittelpunkt der Industrie,
das vom flachen Land die Arbeitskräfte anzog.
Neben den Alteingesessenen wuchs ein neuer
Volksteil heran, oft entwurzelt und verproletari-
siert. Dem Verkehr erschloß die 1870 eröffnete
Bahnlinie Bollweiler—Gebweiler, die man später
bis Lautenbach weiterführte, das Blumental. Die
Industrie kannte Zeiten der Hochblüte, aber auch
vor 1939 des Niederganges, der Arbeitslosigkeit.
Mancher Fabrik erging es damals nicht anders
als 1789 dem gebrochenen Sitz der ehemaligen
Adeligen. Nichts Neues gibt es unter der Sonne ...

Erfinder auf industriellem Gebiet nannten
Gebweiler ihre Heimat. So Riggenbach, ein
Schweizer, dessen Vater hier gearbeitet hatte
und der die erste Zahnradbahn, jene auf den
Rigi, erbaute (1870). So Kreutzberger, der spätere
Mitarbeiter der Waffen- und Schreibmaschinenfabrik
Remington. Aber auch Künstler bekannten
sich stolz als Söhne Gebweilers: ein Deck,
der Altmeister der Keramik, ein Viktor Wecker-
lin, Zeichner und Maler, der im Geist der „Naza-
rener - Schule" arbeitete, ein Stockhausen und
Joh. Bapt. Weckerlin, beide im Dienste der edlen
Frau Musica. Gebweiler genoß im letzten Jahrhundert
den Ruf einer Musikstadt. Das verdankt
sie dem aus Österreich, aus St. Florian, eingewanderten
Organisten und Komponisten Wilhelm
Kienzl, einem Verwandten des Komponisten der
Opern „Der Evangelimann" und „Der Kuhreigen
", aber auch dem Pfarre Lecoeur der Notre-
Dame-Kirche und dem Industriellen Bourcart,
beide große Musikfreunde. Karl Wetterwald,
heute über neunzigjährig, ist Gebweilers hochverdienter
Historiker, der Nestor aller elsässi-
schen Heimatforscher. Doch der bekannteste
Sohn Gebweilers war Karl Braun, der vor hundert
Jahren die Legenden des Blumentales sammelte
, eine volksverbundene Zeitung veröffentlichte
und in seinem „Bölchenglöckchen" des Tales
Schönheiten besang.

Mittelpunkt des Touristenverkehrs im Blumental
ist Gebweiler. Wer noch Freude hat am
Wandern, dem öffnet sich hier das Massiv des
Großen Belchen, dem bieten sich Ausflüge in
das Sulzmattertal über den Oberlinger oder in
das prächtig - liebliche Tälchen des Rimbach über
den Sattel des Peternit. Oder er wandert nach
Murbach, der altehrwürdigen Abtei in einem
Seitental des Blumentals, um dort die einfach-
wuchtige Abteikirche im Rundbogenstil auf sich
wirken zu lassen und um die tausendjährige Geschichte
wieder zu erleben. Prächtige Spaziergänge
und Ausflüge stehen hier dem Wanderfreudigen
zur Verfügung, bieten wechselvolle
Bilder, zeigen ihm immer wieder neue Bauwerke
einer reichen Vergangenheit.

Manches hat sich in den letzten Jahren geändert
. Die Bahnlinie, die einstens Städtchen und
Tal in großzügiger Weise bediente, hat wohl ausgedient
und wird vermutlich für den Personenverkehr
stillgelegt werden. Der Bus, der schon
lange das Tal bedient, hat dann gesiegt. Mancherlei
Gründe, nicht nur die Bequemlichkeit der
Reisenden, sind schuld daran. Doch sprechen wir

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