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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1966-05/0006
Alfred Dietz, Weil!Rhein:

jöiz urictfdjaftüdje (Snttoiif lung
von Wtil am Ktjein

Die Kenntnis des Heimatbodens, seiner Siedlungen
und Bewohner, seiner wirtschaftlichen Bedingungen und
seines geschichtlichen Werdens, seiner Eigenart, läßt uns
zunächst den kleinen Kreis verstehen, in den wir hineingeboren
wurden; sie gibt uns weiter auch die Fähigkeit,
die größeren Zusammenhänge zu verstehen.

Es ist ein buntes und vielfarbiges Bild, das vor uns
entsteht, wenn wir die Geschichte der engeren Heimat,
des Markgräflerlandes, durch die Jahrhunderte verfolgen
. Aus dieser Fülle der heimatgeschichtlichen Stoffe
habe ich ein wirtschaftsgeschichtliches Thema, „Die wirtschaftliche
Entwicklung von Weil am Rhein" zum Gegenstand
der vorliegenden Arbeit gemacht.

Es waren mehrere Gründe, die mich zur Wahl dieses
Themas veranlaßten:

Als kleiner Junge von vier Jahren, im Frankenland
geboren, kam ich nach Weil am Rhein, ins Markgräfler-
land, das ich als meine Heimat betrachte und mit dem
ich mich verbunden fühle.

„Heimatgefühl ist geistiges Wurzelgefühl" sagte Eduard
Spranger. In Weil am Rhein verbrachte ich die Jahre
meiner Kindheit in einer herrlichen Umgebung; wenige
Meter vom Haus begannen schon die Wiesen und Felder,
die Kirsch- und Obstbäume, auf denen wir zur Kirschenzeit
als Buben saßen und uns an den herrlichen Früchten
gütlich taten.

Hier bekam ich noch etwas mit von der Arbeitslosigkeit
jener Jahre, wenn meine Spielkameraden, deren
Väter arbeitslos waren, von der Not daheim erzählten.

Die schnelle Entwicklung der Gemeinde, die 1935 zur
Stadt erhoben wurde, von 8197 Einwohnern im Jahre
1933 auf über 18 000 Einwohner im Jahre 1964, durfte
ich miterleben.

Mit den Jahren wuchs neben einem starken Heimatgefühl
auch das Interesse für die Vergangenheit meines
Heimatortes. Manche Anregung verdanke ich meinem
verstorbenen Direktor der Gewerbeschule Lörrach, Herrn
Dr. Ludwig Keller, der die „Chronik der Gemeinde Weil"
von Karl Tschamber aus dem Jahre 1928 überarbeitete,
ergänzte und als „Chronik der Stadt Weil am Rhein" im
Jahre 1960 neu herausgab.

Es reizte mich nun, einmal im Rahmen der engeren
Heimatgeschichte, die wirtschaftliche Entwicklung meiner
Heimatstadt Weil am Rhein, die wirtschaftsgeschichtlichen
Zusammenhänge . im Werden und Wachsen einer
Gemeinde aufzuzeigen. Aufstieg und Blüte der Textilindustrie
, das Emporkommen neuer Gewerbe und Industrien
zu verfolgen.

Obwohl nicht zum Thema der Arbeit im engsten Sinne
gehörend, sind auch die grund- und landesherrschaftlichen
Verhältnisse dargestellt, weil die wirtschaftliche
Entwicklung Weils bis zum Ende des 19. Jahrhunderts
im Rahmen der politischen Geschichte des Rebdorfes
betrachtet werden muß. \

In der Dreiländerecke, hart an der Schweizer
und Elsässer Grenze, liegt ein alter Weinort, Weil
am Rhein.

Die Rebhänge schmiegen sich an die Höhen
des Tüllinger Berges, durch die sicher Johann
Peter Hebel zu Fuß von Lörrach nach Weil ins
Pfarrhaus zu Gustave Fecht gekommen war. Der
Ort liegt dicht vor den Toren Basels am Rheinknie
und erstreckt sich von der Wiese bis zum
Rhein. Die Lage zwischen zwei Flüssen, an der
Haupt-Eisenbahnlinie Basel—Frankfurt, der Nebenlinie
Weil—Lörrach und die unmittelbare Nähe
der Großstadt Basel, die heute über 230 000 Einwohner
hat, haben das ihrige zu dem wirtschaftlichen
Aufschwung Weils beigetragen.

Hinzu kommt noch, daß
seit 1963 Weil a.Rh. Endpunkt
der Bundesautobahn
Hamburg - Basel (Haf raba)
ist. Der Weiler Rheinhafen
hat seit der Währungsreform
einen ungeahnten

Aufschwung genommen, so daß die Verkehrsadern
d^er Wirtschaft, Straße, Wasser, Schiene, die Stadt
Weil am Rhein zur zukunftsreichsten Industriestadt
in der Drei-Länder-Ecke gemacht haben.

Die älteste Besiedelung

Das Markgräflerland, das etwa die Gebiete
der ehemaligen Amtsbezirke Lörrach, Schopfheim
und Müllheim umfaßt, ist seit urdenklichen
Zeiten bewohnt gewesen. In den Höhlen des
Isteiner Klotzes hatten sich schon die Rentierjäger
niedergelassen \

Aus der jüngeren Steinzeit hat man auf der
Gemarkung Weil bis jetzt einen Steinpflug gefunden
, und am Tüllinger Berg fanden sich Steine,
die auf eine alte vorchristliche Kultstätte schließen
lassen.

1927 fand man am Tüllinger Berg 2 m lange,
Im breite und 1/2m dicke Steinblöcke, die etwa
60 cm unter der Erdoberfläche im Lößboden
schön geordnet lagen. Auf der glatten Oberfläche
dieser Steine sind geometrische Zeichnungen, die
Sternbilder darstellen dürften, sowie runenartige
Schriftzeichen eingeritzt. Das Fehlen von Knochen
und Werkzeugen lassen darauf schließen,
daß es sich nicht um ein alemannisches Plattengrab
, sondern um eine heidnische Kultstätte handelt
, die vor 1500—2000 Jahren zutage lag, im
Laufe der Jahrhunderte aber durch die langsame,
stete Zutalwanderung des Berglößes überdeckt
wurde. Leider hat man diese Steinblöcke zum
Bau einer Wasserleitung verwendet; so ruhen sie
wieder im Boden wie seit Jahrtausenden.

Um die Mitte des ersten Jahrtausends v. Chr.
drangen die keltischen Helvetier vom Stamme
der Rauriker in das Markgräflerland ein.

Als 58 v. Chr. die römischen Legionen des
Julius Caesar im Elsaß und in der Schweiz erschienen
, blickte das Markgräflerland bereits auf
eine viel tausend jährige ununterbrochene Kulturentwicklung
zurück.

Am 21. Juni 44 v. Chr. gründete ein Freund
Caesars, Lucius Munatius Plancus, dessen Standbild
im Rathaushof zu Basel steht, die Colonia
Raurica, Augusta Rauracorum, das heutige Kai-
seraugst, 12 km östlich von Basel, das sich zu
einer blühenden Römerstadt entwickelte2. Das
Datum der Gründung weiß man deshalb so genau
, weil die rechtwinklig angelegten Straßenzüge
nach dem Sonnenaufgang an diesem Tage
orientiert sind. Eine Römerstraße führte von
Augusta Rauracorum über Grenzach, Riehen,

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