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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1966-05/0014
wie &n . Pudel voller Flöhe. Dieses Wort gilt
ganz genau auch für Hermann Landerer. Seine
Erzählungen haben immer eine heitere Note und
eine zündende Pointe. In jüngster Zeit sammelte
er dreißig seiner heiteren Lausbubengeschichten
unter dem Titel „Zwischen Anemonen und Reblaub
". Diese Lausbubengeschichten widmete er
seinen verehrten Lehrern, die Essig, Pfeffer und
Bier heißen. Während er seihe Lyrik sammelte
unter dem Titel „Ä scjieene Gruaß vum Kaiser-
schduahl". Schon in seiner Lahrer Zeit schrieb
er den Roman „Muck, der Enterbte".

Vom Fleiß und zugleich von ** der Begabung
dieses Volkserzählers kündet die Tatsache, daß
zahlreiche Hörspiele in den Sendern Südwestdeutschlands
— so in Freiburg und Karlsruhe, in
Stuttgart und Saarbrücken, aber auch in Basel
und Bremen — gesendet wurden. Während seiner
Hamburger Zeit schrieb er auch Hörspiele in
niederdeutscher Mundart.

Hermann Landerer ist ein durch und durch
volks- und naturverbundener Schriftsteller. Ein
herzliches Glückauf für sein weiteres Schaffen!

Hermann Lander er, Lörrach:

43cobe auf öen f)umoc

Begegnung mit dem alemannischen Mundartdichter Fritz Broßmer

Wenn einer böse wird so man ihn humorlos
schilt, ist es mit derrf Humor nicht allzuweit her.
Mit ihm — dem Humor — läßt sich sogar die
Wahrheit sagen!

1966 würde der Ehrenbürger von Ettenheim,
der 1963 in Freiburg verstorbene Graphiker
und alemannische Mundartdichter Fritz Broßmer
75 Jahre alt werden...

Wem es vergönnt war, diesem vergeistigt ausschauenden
alemannischen Dichter beim Vortrag
seiner heiteren Geschichten in Versform zuzuhören
, der wird ihn nie vergessen. Er verstand es
wie kein anderer seine Verse in dem gemütlichbehäbigen
„Ättemer-Alemannisch" zu Gehör zu
bringen, wobei er nicht einmal einer „Gedächtnisstütze
" bedurfte...

Leider sind ja seine Geschichtenbücher fast
alle bei der Freiburgier Bombenkatastrophe verbrannt
. Unter den wenigen, die übriggeblieben
sind und einigen neu Hinzugekommenen, ist auch
„D* Schnauzli" —, ein schmales Bändchen gefüllt
mit über dreißig Schnurren und Anekdoten, die
der Volksdichter so schön in Verse zu kleiden
wußte...

- Wer freute sich nicht,, wenn Fritz Broßmer
seine Gäste mit seinen wasserhellen Augen anlächelte
bevor er begann, und hinterher listig
zwinkerte, wobei er auch noch den Mund spitzte
und rezitierte:

„Mi Schnauzli isch e Hund vume Hund /
isch wachsam, gf räßig, treu un gsund ... /

... er hatte so eine großväterliche Art, seine
Zuhörer in Spannung wachzuhalten, um dann
plötzlich mit der Pointe da zu sein. Erstaunlich
war sein Gedächtnis, das ihn bei seinen Vorträgen
nie im Stich ließ. Und wer sidh auf Gesichte
verstand, der konnte in seinem ablesen, wenn
ihm was besonders Gutes bevorstand, da strahlte
seine Heiterkeit von innen. Beim „Dr Gänsbrote"
trat dies besonders zutage, wenn er mit erhobenem
Finger begann:

„Ihr, Herr Lehrer", sait emol dem Burgbur si Bua, /
ä Gruaß vum Vatter un vu dr Muetter drzua /
un eb Ihr emol e Gans möchte zum brote gern ha /
d'Muatter het gsait, es kämtere uff eini nit al"

Wie man von Fritz Broßmer weiß, war dies
ein Schulmeisterlein der 80er Jahre — heut sind
sie nicht mehr so arg arm — und man kann es
verstehen, daß er sich zu einem solchen Angebot
freute und ja sagte. Nur als das Büblein Wochen
später immer noch schwieg, und immer noch
nicht mit einer Gans unter dem Arm in die
Schule Jcam, faßte sich das Schulmeisterlein ein
Herz und fragte:

„Was isch jetz, Friederli, wie stehts mifem Brote?"
Mi Büewli wurd rot un luagt uff dr Bode:
„Wis&e-n'r, Herr Lehrer", schtaxt endlig dr Frieder,
„wisse-n'r, Herr Lehrer, sie frißt jetz wieder!..."

Hier könnte man mit Heimeran sagen: Der
wahre Humor weiß ganz genau, daß man im
Grunde nichts zu lachen hat.

Sprach man mit Fritz Broßmer über den Humor
und das, was man so im Ländle darunter
verstand, lächelte er und meinte: „Dr Humor isch
ä schdill Wässerli, des niä trüebt! Es gluggeret
halt so ä menkmol ä bizieli bi mir! Waisch — i
nimm halt d'Wält nit, so ärnscht wiä sälli wu ä
Gschäft üsem Humor mache!" So konnte er leidenschaftslos
und „im Schatten kühler Denkart"
stundenlang philosophieren ...

Seine Verse sind fast alle vorder- und hintergründig
zugleich — manchmal auch unterschwellig
, und man weiß nie, wohin ihr „Schmied" sie
steuert, so in: „Flissigi Lit" —

Dr Finkebebbi duet ämol e Fremder rumfüehre /
duet'm d'Schdadt un d'Umgegend recht scheen
hetem au d'beschte Viärtele gwißt [eschbliziäre /
un wu mr e guats suur's Läwerli ißt,
weiß vu jedem Gschäftli au Bscheid
un kunnt gar nie in Vrlegeheit . . .

Und dann steht er mit dem Fremden vor dem
Rathaus, und der fragt:

„Ja und wieviel schaffen da drinnen an Leut?"
„Do? Nitemol d'Hälfti!" het dr Bebbi do gsait.

*- Zum Glück nahm man Fritz Broßmer seinen
ernsten Humor nie übel! Überhaupt: er maß
seine Zeitgenossen charakterlich an einem hingeworfenen
Scherz! Nahm er ihn übel, kannte er
sich aus! Lächelte er, war er seih Mann!

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