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Fritz Broßmer war keiner, der seine Umwelt
zu bekehren trachtete. Er wußte, daß man von
außen die Weste, nicht aber das Herz sehen
konnte. Er war einer der stillen Dichter in unserem
Ländle, und es fiel nich leicht, ihn zu einem
Vortragsabend zu gewinnen, obwohl er es spüren
mußte, daß seine Zuhörer ihm gewogen
waren und mit ihm gingen. Er zählte sich zu
den lustigen Leuten, die mehr Torheiten begehen
als die traurigen — nur die, so glaubte er,
machten größere.
Sein köstlichstes Stückchen, das er schrieb, ist
wohl „Dr Geißenmelker" — eine Schnurre von
Emil Gött, die ihm zu den heiteren Reimen den
Stoff lieferte:
„An dr Hölledalbahn ime kleine Schdaziönli
regiert e Vorstand miteme noch kleinere Löhnli,
macht ordlig si Dienscht do johrus un johri,
un mr isch z'friede mitem in Karlsrueh gsi...
Und er schreibt: weil dies alles so gut funktioniert
habe, habe er sich auch noch eine Frau und
eine „Bahnwartskuh" zugelegt und sie hätten
sich zu dritt großartig vertragen...
Das sei so lange gut gegangen, bis einmal die
Frau zu ihrer kranken Schwester verreisen
mußte und den Bahnhofsvorstand mit der Ziege
allein ließ. Diese wollte natürlich jeden Tag
zweimal gemolken werden; aber da kam er
schlecht an. Sie ließ den armen Vorstand nicht
an sich heran: stieß ihn mit den Hörnern, kletterte
in die Krippe, bis ihm plötzlich ein Gedankenblitz
kam . . . Schnell zog er seiner Frau
Kleider an: Kopftuch dies Vollbarts wegen und
Schürze und darunter das Trachtenhemd und das
Mieder, was der Geiß — gewohnt — recht güt
gefiel. Doch als er mitten im Melken war schlug
auf einmal der Höllentäler ab — ein Extrazug
ward gemeldet und unser Bahnhofsvorstand
stülpt sich in höchster Verzweiflung über seine
Frauenkleidung seine rote Dienstmütze: '
„Heiliger Antonius, Dienst muaß halt si
un nüt wird gschdande — ä Bild zuam schreije:
Am Extrazug hen welle Bremse vrheije.
Dem Schaffner verrißt's fascht vor Lache dr Ranze
un 's Publikum duat bal af ange z'danze...
E Meldung het's abgsetzt, diä machtem guat heiß,
awer wenigschdens weißt'r Bscheid jetz vun wege dr Geiß!
Fritz Broßmers Humor war wahrscheinlich
ein Kind der Überwindung!
Emil Baader, Lahr:
„ Äaö tum: ein Wann, für \mmtv tief su lieben ..."
Gedenkworte für Johann Peter Hebel von berühmten Hebelfreunden zum 17. Hebelschoppen am 14. Mai
Der diesjährige Träger des Hebelpreises, Dr.
Eberhard Meckel, schrieb im Mai 1950 für das
Langenhardter Hebelbuch folgenden schönen
Vers:
Das war ein Mann, für immer tief zu lieben!
Wer sich durch ihn dem Worte anvertraute,
mit seinen gläub'gen Augen Heimat schaute,
der ist nicht arm, stets reicher nur geblieben ...
Zugleich stiftete Meckel sein Bild für das
Langenhardter Hebelbuch mit dem Geleitwort
„Dem Hebelstübli auf dem Lahrer Langenhardt
und den dortigen Zechern alemannischen Weines
einen Gruß von Eberhard Meckel. Mai 1950."
Im Juni 1950 sandte der inzwischen verstorbene
berühmte Hebelpreisträger Dr. h. c. Emil
Strauß folgende Worte über Hebels Sprache:
Leicht und rasch wie ein Blick aus dem Auge
kommt ihm das Wort, es klingt und schwingt
von Nebentönen, Verwandtschaft und Heimlichkeit
, es trägt so kurz oder so weit, wie es
gerade soll. Sein Sprachgefühl ist so durchgebildet
und süßreif, daß es ihm allein gelungen
ist (denn es war ihm ein Spiel), volkstümlich
zu schreiben, ohne gesucht oder süßlich
oder roh zu werden.
Dem Hebelstüble auf dem Langenhardt bei
Lahr gewidmet.
Badenweiler, 9. Juni 1950 Emil Strauß
Der Dichter Dr. h. c. Wilhelm Schäfer, Träger
des Goethepreises, gestorben 1952, sandte von
seinem Dichterhaus Sommerhalde zu Ludwigshafen
am Bodensee folgenden Gruß zum Gedächtnis
an Hebel:
Seit meiner Jugend war mir der Kalendermann
vertraut; daß er mein Erzieher zur Epik
wurde, bekenne ich gern und mit ehrfürchtigem
Dank. Mit einem Gruß ans Hebelstüble
auf dem Langenhardt. Wilhelm Schäfer.
Dr. Dr. von Grolman, geboren 1888 zu Karlsruhe
, sandte im Juli 1950 sein Bild und folgende
Worte zum Gedächtnis an Hebel:
„ . .. Hebels lichter Geist kümmerte sich nicht
um das Widerspiel von Klassik und Romantik,
seiner inneren Statik kam es auf Form und
Gesetz der Menschen vor Gott an. Welches
Gesetz aber? Verbindend und ausgleichend
wirkte Hebel für die Eindeutigkeit und nicht
mit Sonderproblemen überlastete Geschlossenheit
der menschlichen Seele und deren Sittlichkeit
, wie sie vor Gott gilt.. "
Der 1962 verstorbene Präsident des Hebelbundes
, Pfarrer Richard Nutzinger, der 1896 zu
Gutach im Schwarzwald geboren wurde, schrieb
den Hebelfreunden in das Ehrenbuch:
Wie der „Lahrer Hinkende Bote" neben Hebels
Kalender, dem Rheinländischen Hausfreund,
schon damals freundnachbarlich in jeder Stube
am gleichen Nagel hing und die Menschen ergötzte
, so möge der gute Kalendermann Hebel
sein „Schatzkästlein" heute wieder den Menschen
aufschließen und ihnen seinen Reichtum
an Menschenliebe neu erschließen.
In Verbundenheit Hebelscher Menschlichkeit
Richard Nutzinger
Ein Jahr vor seinem Heimgang, am 10. Mai
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