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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1966-06/0006
ben — dieses zieht sich ein für allemal in die Briefe
zurück — und sich verständlich an alle wenden, nicht
nur an Eingeweihte. So abstrus manches am Hymnus
Ekstase erscheinen möchte: Es sind ohne ihn als eine
Art Vorstufe gedanklicher und darstellerischer Art die
Alemannischen Gedichte nicht wohl denkbar. Und das

Otto Ernst Sutter,

„Möge die Töpferkunst nicht zugunsten der Kunststoffindustrie
untergehen — die Menschheit würde
unendlich arm — und möge sie nicht vollständig
durch die keramische Industrie beschlagnahmt werden
. Möge es immer noch „Bessessene" geben, die
mit Geduld und Liebe dem Spiel der im Feuer
gebrannten Erden und Glasuren tönerne Edelsteine
abringen, wie es die ersten töpfernden Menschen
vor ungefähr 25 000 Jahren zu versuchen begonnen
haben." Richard Bampi 1959

Es gehört zu den hochgemuten Gewinnen eines
menschlichen Daseins, wenn ihm die Freundschaft
mit Zeitgenossen gegönnt wird, deren Schaffen
immer wieder neuen Anlaß bietet, ihm Bewunderung
zu zollen. Als ich, wohl 1928, in Badenweiler
Richard Bampi kennen lernte, hatte er die
Einrichtung einer Töpferei-Werkstätte in Rändern
in Angriff genommen — ich selbst war
damit beschäftigt, das vier Jahre zuvor erworbene
Schloß Liel wieder bewohnbar zu machen.
Der schöne noble Bau, nicht mehr bewohnt, befand
sich in einem völlig verwahrlosten Zustand.
Ohne die Honorare meiner Frau, der dann 1935
verstorbenen Frau, der Hochdramatischen Bea^
trice Lauer-Kottlar aus ihren amerikanischen
und arideren ausländischen Gastspielen wäre die
„Errettung" des großen Anwesens — von dem
ich mich später, weil meine Schreiberseinkünfte
seine Unterhaltung nicht ermöglichten, trennen
mußte — nicht möglich gewesen. Ich erwähne
diese persönlichen Dinge nur, weil die Freundschaft
zwischen Richard Bampi und mir aus der
tätigen, mir unvergeßlichen Mitwirkung des
Keramikers — er nannte sich mitunter gerne
Töpfer — bei der baulichen Erneuerung des
Lieler Hauses erwuchs. Aus jener Zeit stammen
noch erhalten gebliebene sehr schöne, einfarbige
kleine und große Schüsseln, erste Erzeugnisse
der Werkstätte Bampis in Kandern. Er wohnte
damals in einer bescheidenen, aber sehr gemütlichen
Behausung im Städtchen selbst, getrennt
von der Werkstätte. Von seiner Geburtsheimat
Brasilien, wohin er. nach Studienjahren in München
, Weimar (Bauhaus) und ruhelosen Erkun-
durigsneisen durch Österreich und Italien, die
Schweiz noch einmal zurückgekehrt war, kam
Richard Bampi — irre ich nicht — 1927 wieder
zurück.

Er hatte u. a. einen kleinwüchsigen gelehrigen
, grünen Papagei mitgebracht, der sich in der
Kochöffnüng eines alten Kachelofens besonders
wohlfühlte. Vermittels einer Schnur konnte er
die blanke Messingtüre selbst zuziehen. Wenn
wir, auf der Ofenbank sitzend, uns unterhielten,

sollte dayor bewahren, das Spaßhafte, Ironische, Jugend-
lich-Schwärmende daran allzu wichtig zu nehmen und
darüber den ernsthaften Ansatz und die Hebels ganzes
literarisches Werk durchziehenden im Hymnus schon
aufleuchtenden Philosopheme zu übersehen. Doch von
ihnen ein andermal.

kauderwelschte „Babi", als wolle er sich an unserem
Gespräch beteiligen. Einmal hatte er das
Messingtürlein zugezogen — es war spät geworden
, und ich hätte mich eigentlich schon lang auf
den Heimweg nach Liel hinüber machen sollen —
da lachten wir über irgendein lustiges Erlebnis,
das der eine oder andere erzählt haben mag, laut
auf. Plötzlich stieß „Babi" das Türlein auf und
stieß ein heftiges „Pfui" hervor. Wie oft haben
wir uns an dieses „Pfui", das uns ein unbändiges
Vergnügen bereitete, erinnert. Auf den Armen
seines Herrn ist der unvergeßliche gefiederte
Brasilianer Ende der vierziger Jahre für immer
eingeschlafen...

Als meine Frau im Vorfrühling 1935 starb,
wohnte Richard Bampi wohl ein Vierteljahr bei
mir in Liel. Er wanderte oder fuhr in der Frühe
zu seiner Werkstätte nach Kandern und kam am
Abend zurück. Bisweilen begleitete ich den
Freund und blieb den Tag über bei ihm in seinem
Arbeitsbereich.

Bampi hatte sich ein eigenes chemisches
Laboratorium eingerichtet. Er war tief in die
„Geheimnisse" der Glasuren der Töpferei eingedrungen
. Eine große Ausstellung ostasiatischer,
vor allem chinesischer Kunst in Berlin — sie hat
wohl 1929 oder 1930 stattgefunden — hatte den
„Besessenen" in ihm geweckt. Die Keramik, der
er sich anvertraut hatte, weil er erkannte, daß es
dabei für ihn um eine Berufung ging, ergriff
von ihm als einem Auserwählten restlos Besitz.
Nicht, als ob er ein einseitiger, ausschließlicher
„Fachmann" geworden wäre — dazu erfüllte ihn
zu viel echte Humanitas — aber das Schöpfertum
in seiner Veranlagung. gehörte der Keramik,
offenbarte sich in ihr.

In den Wochen, während der Richard Bampi
mir ein hohes Maß von menschlichem Beistand
angedeihen ließ, dessen ich bedurfte, gewährte
mir der Freund hüllenlose Einblicke in die
Kämpfe, diie er mit unbeugsamer Verbissenheit
durchkämpfte, um die von ihm geformten Gefäße
, auch Bauplastiken, mit wahrhaft edeln
Glasuren dem Brennofen entlocken zu können,
mit Glasuren, mit denen er zufrieden war. Freilich
, Richard Bampi war mit sich nie zufrieden.
Er stellte unablässig neue Versuche an. Bei aller
Reife, die er sich handwerklich, gestalterisch und
technisch erworben hatte, alles Perfektionierte
war ihm fremd. So schlicht er lebte, als Schöpfer
blieb er ein liebhaberischer Grandseigneur.

Gengentach: Kl'djClCb ^üTtipi

Erinnerungen an den überragenden Keramiker und schöpferischen Kopf
Zum 16. Juni, dem 70. Geburtstag des 1965 Heimgegangenen

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