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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1966-07/0007
Hebel: Viele schimpften jetzt, denen vorher alles recht
schien. Das muß man nie tun. Andere dachten in der
Stille darauf, nimmer lang französisch zu sein, und wie
sie sich mit Glimpf aus der Sache ziehen wollten. Der
Hausfreund nicht . . .

Sprecher: Der Hausfreund nicht, — so wie er während
der Franzosenzeit auch schon nach seiner Überzeugung
geschrieben hatte. Im Kalender geschrieben hatte, als
Kalendermacher, auf den nach Hebels Worten viele
Augen sahen. Aber ist es in den Briefen denn anders
mit der Selbständigkeit seines Urteilens über Napoleon
und die Franzosen? Keineswegs. In den Briefen ist
Hebel ganz er selbst. In ihnen sagt er unverschleiert
und ohne zu beschönigen, was er von den Zeitereignissen
und ihren Hintergründen hält, wie sie ihn selbst getroffen
haben und wie ihnen die Freunde nach seinem Wünschen
begegnet sein möchten. Die Grundwertung des
Zeitgeschehens bleibt in den Briefen die gleiche wie in
Kalendergeschichten und in Gedichten, und die Schilderung
ist ebenso objektiv wie dort, nur kommt das
Menschliche unmittelbarer zu Wort. Als er auf seiner
ersten Ferienreise anno 1796 im Oberland mitten in die
Kriegswirren und Kriegshandlungen dort hineingeraten
war, beschreibt er nach der Rückkehr nach Karlsruhe in

einem langen Brief an Karl Christian Gmelin das Erlebte
, Gesehene und Erkundete. Und das sachlich und
sachverständig, aber gleichzeitig voll tiefen Mitgefühls
für das hart getroffene Land und seine Bewohner. Und
vor allem gerecht in der Beurteilung von Freund und
Feind. Es heißt dort etwa:

Hebel: Bei den unzähligen Einquartierungen und Durchzügen
der französischen Truppen, die den Unterländer
arm und mutlos gemacht hätten, blieben unsere Landsleute
immer getrost; artig und schonlich betrugen sich
auch im Ganzen die Franzosen. General Des Enf ans, der
in Lörrach kommandierte, tat dem Lande die wichtigsten
Dienste. Als der Rückzug der Franzosen aus Schwaben
anfing und ein großer Teil der Armee im scheußlichsten
Zustande nebst der ganzen unschätzbaren Menge
der Beute und des Raubs aller Art eine Woche lang von
Rheinfelden herab durch Lörrach und über den Tüllinger
Berg nach Hüningen zog, fing uns doch insgesamt
zu grauen an, zumal da wir auf fleißige Erkundigungen
immer hören mußten, daß der schlimmste Teil der
Armee, die Arrieregarde unter General Tarreau, noch
zurück sei, die wie ein Kehrbesen hinter der Armee her
alels rein mache . . .

(Fortsetzung folgt.)

Kurt Ueckert:

&t <Jt)dfd)ona - ein Vr)ovt hze Smbtm

Aus den zusammengefallenen Mauern eines
uralten Wallfahrtsortes ist im Laufe der Zeit das
große Werk der Brüder von St. Chrischona gewachsen
, zur Ehre Gottes und den Menschen zur
Erbauung und zum Segen.

*

Als ich das letztemal auf der Chrischona war,
regnete es. Aber gerade dadurch waren nicht
viele Besucher da, und so konnte ich mir die Anlagen
von St. Chrischona einmal in Ruhe ansehen.
Ein wertvoller Führer war mir dabei ein junger
Missionsstudent, der bei uns in Langenau Sonntagsschule
hielt und den ich daher kannte. Er
zeigte mir nach dem Gottesdienst das neue Brüderhaus
mit seinen verschiedenen Einrichtungen,
darunter die umfangreiche Bibliothek mit dem
ältesten Exemplar unter 'den Büchern, einer
in Schweinsleder gebundenen Vulgata aus dem
Jahre 1535.

Am eindrucksvollsten aber war der Rundgang
im gotischen Kirchlein von St. Chrischona, in
dem die Tätigkeit der Pilgermission einst begann
. Dieses kleine Gotteshaus mit dem viereckigen
Turm, auf dem ein zierliches Dachreiterlein
thront, wurde im Jahre 1900 instandgesetzt.
Damals kamen auch die schön bemalten Glasfenster
in den Chor, die praktisch den einzigen
Schmuck des weihevollen Raumes darstellen.
Die Kanzel wurde seinerzeit von Frau Dora
Rappard gestiftet und die Orgel war ein Geschenk
der Stadtmission in Basel. Einige Sprüche
zieren das Kirchenschiff, von denen der über
dem rechten Seitenausgang „Meister, laß Dein
Werk nicht liegen" zum Leitspruch der Chri-
schona-Missionare geworden ist.

Jedem Besucher ist auch ein Blick in die
ehemalige Sakristei zu empfehlen, wo ein bescheidenes
Museum eingerichtet ist. Dort werden
zahlreiche Gegenstände aufbewahrt, welche von
Missionaren, die man nach Afrika und in andere
Länder ausgesandt hatte, nach St. Chrischona
mitgebracht wurden. Da sieht man Tierhörner,
Macheten, kleine Wandgobelins, Wasserbehälter
aus getrockneten und ausgehöhlten Urwaldfrüchten
, Saiteninstrumente zum Musizieren, geschnitzte
Holzfiguren, Gottheiten darstellend und
noch viele andere, teilweise primitive Erinnerungsstücke
, die aus dem Leben der Eingeborenen
in fernen Ländern erzählen.

Aus der Geschichte

Wenn wir uns mit der Geschichte von St. Chrischona
befassen, so erfahren wir, daß das kleine
Kirchlein aus vorrefoirmatorischer Zeit stammt.
Wie schon erwähnt, war es ein gern besuchter
Wallfahrtsort und der heiligen Chrischona geweiht
. Nach der Basler Reformation in den Jahren
1528 und 1529 verlor die Kirche von St. Chrischona
aber ihre Bedeutung als Wallfahrtskirche
und sank langsam in einen Dornröschenschlaf
. Alles, was an die katholische Zeit erinnern
konnte, wurde damals aus der Kirche entfernt
; so die Fahne, die man bei den Prozessionen
mitführte, die Monstranzen, das Weihwasser,
das ewige Licht und natürlich auch die Altäre.
Ein Bild der heiligen Chrischona, das vor der
Reformation in der Kirche war, existiert heute
noch; es befindet sich in einem Restaurant in der
Nähe von St. Chrischona. In jener Zeit wurde
übrigens der erste Lehensbrief des Chrischona-

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