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Leben ein End mit furchtbaren Schmerzen machte
(Schmid starb am 1. Febr. 1814). Grether mußte
42 mal zum Amt in Müllheim wegen Entschädigung
für Ochsen und Wagen. (In ein Verpflegungslager
nach Krozingen mußten damals auch
viel Lebens- und Futtermittel geschafft werden.
Die markgräflichen Kassen mußten alles bezahlen
, denn die Russen und Österreicher waren ja
Verbündete. Sie brachten das „Nervenfieber"
mit, das allein in Müllheim 77 Opfer unter den
Einwohnern forderte.)
1816. . . . hat meist geregnet; Bartholomai
24. August der erste Weizen ob Müllheim geschnitten
, (war) sehr leicht. Die Sonne hab neue
Flecke gehabt selbes Jahr.
1817 eine furchtbare Theuerung, viel Leut
sind fast verhungert, Fleisch war damals (das)
billigste Lebensmittel. Der Sester Weizen stieg
bis auf 11 Gulden. Bauern {eines reichen Nachbarortes
) sagten, diese Zeit sollte man mit goldenen
Ketten anbinden. Aber nachher immer
Feuersbrünste (Rache an den Kornwucherern?).
1828. Der 17. July ist bey uns ein gräßliches
Hagelwetter abends 6 Uhr, hat zwei Kohlhütten
(mit Holzkohle) bei der Eisenschmelze abgerissen
; der römischen Bäder Schindeldach (hat) der
Sturm von Badenweiler auf Moosmatt getragen
(also von der Hasenburg noch ein Stüde Richtung
Schweighof!). Die Reben entlaubt wie im
Winter. Anno 28/29 hat mein Vater die Trotte
nicht geräumt (also nicht benützt), hat beim
Beier Schreiner in Hügelheim 4 Ohm Wein per
Ohm zu 6 Gulden gekauft. In hagelverschonten
Ortschaften gab's viel Wein; 1829 galt der Ohm
28 bis 30 Gulden.
1829 war ein herber Winter von November
bis 1830 Februar, während anhaltender Herbe,
sechs Wochen zu harte Kälte, Männer von Oberweiler
J. G. Kraft und Kabis Schneider brachen
Beine am (beim) Holzschlitten. Kabis ist in einigen
Tagen an Wundkrampf gestorben. — Ich,
Joh. Eberhard, weiß, daß mein Vater Adam für
vier Wochen ein Saugkalb in der Wohnstube angebunden
hatte wegen Kälte. Wer nicht im Keller
Glühkohlen hatte, sind die Kartoffeln total
erfroren. — Das 29. Jahr war sehr naß, ich und
Mutter haben sechs Wochen Oehmd am Säge-
gäßle umsalbet, die Leut haben vielfach das
letzte Oehmd im Herbst eingetan (der Winter
1829/30 soll der härteste des Jahrhunderts gewesen
sein).
1834 ein heißer Sommer, wenig Futter, sehr
guter ziemlich Wein.
1835 viel Wein, aber geringer als letztes Jahr.
1839 ist die Eisenschmelze großartig gebaut
worden unter Hüttenverwalter K.
1846 ein sehr armes Jahr, der Großherzog
Leopold ließ Frucht kommen, aber Domänenverwalter
K. in Müllheim gab keine ab zu Gunsten
reicher Leut in Müllheim. Nachher sind
Käfer in Frucht kommen und wurde (dieselbe)
um ein paar Kreuzer per Sester verkauft.
1847 sehr fruchtbares Jahr an Wein, Frucht,
Obst, Futter.
1848 wohlfeile Zeit. Güterverkauf, alles wohlfeil
. Freischarenkrieg; Großherzog Leopold flüchtig
. Was ledige Mannspersonen waren mußten
exerzieren, ich auch. In Kandern Scheideck war
Schlacht. General Gagern fiel tot, noch viele.
Hecker war Anführer der Freischaren. In Staufen
, Waghäusel waren herbe Treffen (ebenso) in
Berlin und in Frankreich. Überall Geschäfte
stockten, kein Verdienst.
1849 war Struve Anführer der Freischaren,
viele (Freischärler) wurden gebunden zur Festung
Rastatt transportiert. Viel Militär ist von der
Regierung abgefallen gewesen (zu) den Freischaren
übergegangen, auch in Festung unverhofft.
(Diese Schilderung der Revolutionsjähre ist interessant
durch ihre ausdrucksvolle Kürze.)
Die 1850er Jahre waren schlecht, viele Leute
sind wegen kleiner Schulden um sämtliches Vermögen
gekommen.
1854 bin ich auf die hiesige Oelmühle, Hanf
und Schleife gezogen.
1855 ist im Februar viel Schnee gefallen, hier
so hoch bis zum Stubenfenster. Im Sommer ein
neu Wuhr eingesetzt und sechs Jahre Prozeß mit
den Mattbesitzern „Obere Weilermatt" gehabt,
für mich gut ausgegangen. Sehr wenig Wein.
1862 ist ein frühes Jahr gewesen; im Februar/
März blühten die Bäume. Am 1./2. April sind
die Rebsehößle mit Samen erfroren; gab dennoch
viel und guten Wein, Preis per Ohm 30 bis 31
Gulden.
1863 hat's im August gehagelt; tausendweise
Fensterscheiben zerschlagen. Ich mußte in mehreren
Kirchen für andere Glaser Fensterblei machen
. Gab dennoch Mittelherbst.
1870/71. (Der deutsch-französische Krieg wird
ganz kurz behandelt.)
1879/80 ein herber Winter, die Reben sind
durchschnittlich verfroren, gar kein Holz, sie
mußten am Boden abgehauen werden. Mehr als
die Hälfte Bäume erfroren.
1881 an den Reben von 1880 Bodenschosse,
die wieder auswachsen, hat man Bögen davon
gemacht, haben teilweise viel Trauben gebracht,
so man nicht erwartet hat. Aber sehr viel Reben,
die nicht mehr zum Trieb kamen, mußte man
einlegen. Mittelherbstertrag, guten Wein.
Hier enden die Aufzeichnungen Eberhards,
die wohl dazu angetan sind, viele Lücken in der
Ortsgeschichte Oberweilers auszufüllen. Wir hätten
allerdings gern noch mehr gewußt, z. B. über
den eigenen Betrieb des Johann Eberhard, die
Oelmühle. Doch im Vordergrund stehen bei ihm
als echtem Markgräfler die Reben, denn das
heimische Geschäft bietet nicht Abwechslung
genug, es muß halt besorgt werden. Darum stellt
er bescheidenerweise seine „öli" nicht in den
Vordergrund, auch sein Glaserhandwerk erwähnt
er nur einmal. Der heimatverbundene Mann hinterließ
eine Witwe, die von Wehr stammte und
ihn um vier Jahre überlebte, dazu zwei Söhne
und eine Tochter. Der Name Eberhard kommt
im Jahre 1664 erstmalig vor, es ist Vogteirechner
Hans Eberhard in Niederweiler. In Oberweiler
tauchen die Eberhard etwas später auf, ihre
schweizerische Abkunft ist nicht unwahrscheinlich.
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