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Ekkhart - Jahrbuch 1966
Mit zwei Beiträgen zum Thema Johann Peter Hebel
In der Zeit vom 11. bis 13. Juni 1966 veranstaltete
der Landes verein Badische Heimat unter Leitung von
Professor Dr. Hermann Schwarzweber in Überlingen am
Bodensee seine Landestagung. Im Mittelpunkt der Veranstaltung
stand der Festvortrag von Universitätsprofessor
Dr. Karl Siegfried Bader, Zürich.
Um die gleiche Zeit erschien das 300 Seiten umfassende
mit weit über hundert Bildern ausgestattete
Ekkart-Jahrbuch des Vereins. An der Spitze des Jahrbuches
steht ein Beitrag von Frau Lili Fehrle-Burger,
Heidelberg, über das Thema: Das Palais Boisseree; das
Haus der Begegnung in Heidelberg. Dem 44seitigen Beitrag
, dem Bilder von Clemens Brentano, Sulpice und
Milchior Boisseree, von Friedrich Schlegel, Marianne
Willemer und Goethe beigegeben sind, steht ein sinngebendes
Wort des früheren Heidelberger Oberbürgermeisters
Neinhaus voran. Es lautet:
Mittelpunkte zu bilden, große Bezugspunkte zu setzen,
mag in Heidelberg von besonderer Bedeutung sein, denn
ohne ein gewisses Maß von Kontinuität, ohne eine gewisse
Festigkeit gerät auch eine Stadt immer wieder in
die Gefahr, beste Kräfte zu verlieren.
Die Arbeit von Lili Fehrle-Burger stellt uns die Bedeutung
der Heidelberger Romantik in packender Weise
vor Augen. Wir erleben Leben und Schaffen der beiden
Brüder Boisseree und zumal auch die Beziehungen
Goethes zu Heidelberg. Möchte doch die Anregung von
Lili Fehrle-Burger in Erfüllung gehen.
Ihr zukunftweisender Vorschlag lautet: „Sollte man
nicht alles daran setzen, dieses Palais, das während der
Hochblüte der Heidelberger Romantik im weltgeschichtlichen
Sinne ein Haus der Begegnung geworden ist, zu
einem neuen Mittelpunkt akademischen Lebens und der
bürgerlichen, Gesellschaft zu machen? — Das würde
freilich voraussetzen, daß dieses Haus wieder sichtbar
zum Ausdruck bringen müßte, was es einmal dargestellt
hat. Die ursprünglichen Repräsentationsräume müßten
wieder hergestellt und die einstige Gemäldeschau an
den Wänden durch Stiche und farbige Kunstdrucke ersetzt
werden. Dann mag sich darin der Volks- und
Völker verbindende Ring zwischen jung und alt im
idealen Rahmen einer großen Tnadition wieder schließen
und einen neuen, schöpferischen Gedankenaustausch
erstehen lassen".
Ein ganz anderes Kapitel heimatlicher Geschichte
stellt uns August Lamey, Mannheim, vor Augen durch
die Biographie des badischen Staatsmannes August Lamey
, seinen Vorfahren, der von 1816 bis 1896 gelebt hat,
während uns Julius Dorneich, Freiburg, bekanntmacht
mit Leben und Werk des Baurats Dr. Karl Bader (17£6
bis 1874). Nicht minder interessant ist die Biographie
des süddeutschen (belehrten Karl Alexander Holtzmann
von Wilhelm Kohlhaas. Holtzmann wurde 1811 zu Karlsruhe
geboren, er starb 1865 in Stuttgart. Das Gedächtnis
an Johann Peter Hebel wird wachgehalten durch die Beiträge
von J. Krammer und F. Sack. Der in Budapest
lebende Hebel verehr er Dr. Jenö Brammer erzählt von
Hebels Nachruhm in Ungarn, während Friedrich Sack,
Oldenburg, an den verstorbenen Hebelverehrer, Missionar
und Arzt Hermann Vortisch (1874—1944) aus Lörrach
erinnert. Zu den wichtigsten Beiträgen des Jahrbuches
zählt die reich illustrierte Abhandlung des Schwarzwaldhausforschers
Studienprofessor Hermann Schilli, Frei-
bürg,' über das Thema „Die Schwarzwälder Mühle / erläutert
an der Mühle des Vogtsbauernhofes zu Gutach".
Der Hebelpreisträger Prof. Wilhelm Zentner, München
, erinnert an den vor hundert Jahren, am 12. September
1866 in Bühlertal geborenen badischen Dichter
Albert Geiger, während Fritz Wilkendorf das Schaffen
des 80jährigen Graphikers und Malers Hermann Kupfer-
schmid würdigt; gebürtig aus Waldshut lebt er seit
Jahren in der Einsamkeit des blumenreichen Dorfes
Sasbachwalden.
Oberstudienrat Heinrich Münz, Waldshut, berichtet
über die Beziehung der beiden Komponisten Heinrich
Kaminski (1886—1946) und Hermann Simon (1896—1948)
zu Tiengen im Klettgau. Heinrich Kaminski wurde zu
Tierigen geboren, Simon ist in Tiengen gestorben. Die
Bildnisse der beiden Komponisten sowie Wiedergaben
von Originalhandschriften finden sich in der Heimatstube
Tiengen im Hotel „Zum Ochsen".
Von weiteren Beiträgen seien genannt die Biographie
von Georg Schoener aus Steinach im Kinzigtal. Er wird
als „Odysseus" unter den Schwarzwalddichtern bezeichnet
. Viele Jahre lebte Dr. Schoener in Amerika. Walter
Reimer umreißt Leben und Schaffen des kürzlich mit
dem Reinhold - Schneider - Preis ausgezeichneten Malers
Rudolf Riester sowie das Schaffen der Bildhauerin Ilse
Michaelis-Glasser.
Über das Schaffen des Malers Karl Schäffer unterrichtet
uns Paul Berbericht (Rastatt), während Robert
Hensle an das Wirken des vor hundert Jahren zu Distelhausen
im Taubertal geborenen Kunstschmiedes Josef
Neuser erinnert. Dem Stühlinger Ehrenbürger Gustav
Häusler widmet J. Limberger ein Gedenkblatt, nicht
vergessen ist der Mundartdichter der Baar Gottfried"
Schafbuch aus Hüfingen.
Den Abschluß bilden die Chroniken der katholischen
Kirche in Baden und der evangelischen Kirche, Berichte
über die im Jahre 1965 entstandenen Heimatstuben sowie
Schnurren und Schwänke aus dem ganzen Land.
Emil Baader
Schicksalreiche Geschichte des Handwerks
Die auf den Frühsozialismus zurückgehende, um die
Mitte des letzten Jahrhunderts so gern nachgebetete
These vom angeblich unausweichlichen Untergang des
Handwerks, die sich hartnäckig zu behaupten verstand,
ist längst verstummt — in unserer Zeit gilt für manche
handwerkliche Tätigkeit, wenn schon gegenüber etwa
der Hochblüte des mittelalterlichen Handwerks in modifiziertem
Sinn, wieder das sinnbildhafte Wort vom
„goldenen Boden". Welche schicksalreiche Geschichte das
Handwerk von seinen Anfängen bis zur Gegenwart zu
durchmessen hatte, hat Karl Friedrich Wernet in einem
ebenso aufschlußreich wie fesselnd geschriebenen Buch
„Handwerksgeschichtliche Perspektiven" aufgezeichnet,
das als Band 10 der Forschungsberichte des Forschungsinstituts
im Deutschen Handwerksinstitut in Münster
(Westfalen) erschienen ist. Der Verfasser versteht sich
hervorragend darauf, seiner Charakterisierung der Erfolge
wie Enttäuschungen, Glück wie Leid verhafteten
Vergangenheit des Handwerks jene Dichte zu verleihen,
die der Schilderung plastische Bildhaftigkeit verleiht.
Die einleuchtende, klare Gliederung des gewaltigen Stoffes
, der sich dem Autor hinsichtlich der Bearbeitung wie
Kommentierung sozusagen aufdrängte, tut das ihre,
Lektüre und Studium des etwa 300 Seiten umfassenden
Werkes ätiregend zu machen. Wenn im Vorwort des
Bandes von der Handwerksgeschichte als von einem allgemeinen
Menschlichkeitsanliegen gesprochen wird, so
liefert Karl Friedrich Wernets Arbeit die volle Rechtfertigung
dieser Behauptung. Es liegt auf der Hand, daß
eine aus naheliegenden Gründen räumlich begrenzte Besprechung
des Wernetschen Buches auf eine selbst nur
annähernd zusammenhängende, erschöpfende Darstellung
seines Inhalts verzichten muß.
Wernet bezeichnet die gelegentlich vertretene Auffassung
als könne erste, gewissermaßen pionierhafte,
handwerkliche Tätigkeit etwa der Steinzeit der Menschheitsgeschichte
als Beginn des eigentlichen Handwerksberufes
gelten, mit Recht als irrig. Der Erdenbewohner,
der in grauer Vorzeit aus Stein, Knochen und dergleichen
Werkzeuge, Waffen, Schmuck herstellte — wir bewundern
diese Schöpfungen in Heimatsammlungen und
Museen — dachte nicht daran, gleiche oder ähnliehe
Gegenstände für andere anzufertigen — aber erste,
allererste Symbole der aufkeimenden Menschheitskultur
kündeten sich in ihnen gleichwohl an. Die früheste Aera
eines wirklichen Handwerks datiert Wernet vom Einsetzen
der Metallbearbeitung mit der Kupferzeit, etwa
2000 bis 1800 vor Christi Geburt bis ins zehnte nachchristliche
Jahrhundert. Die drei Jahrtausende zwischen
dem Beginn der Metallzeit und der Ottonischen Epoche,
919 bis 1024, betrachtet Wernet als mehr oder weniger
in sich abgerundete Einheit. Über solche Abgrenzung
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