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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1966-08/0016
Morand Claden:,

©ommerliebet:

Wald

Glockenblumen

Aus schwüler Sommerwiese in die Kirchenkühle
des Bergwalds tret ich, stutze, staune, fühle . . .
Wald schlägt die Schatten seiner hohen Schiffe
wie Flügel um mich, daß Entrückung mich ergriffe.

Aus Harz und Moos und faulen Blättern gleiten
die Weihrauchdünste blau empor, es spreiten
Baumsäulen, die zur Himmelsdecke ragen,
Laubbündel, die wie Kapitäle tragen.

Blattorgeln rauschen, Vogelchöre schweben,
ich sehe Falterflug wie kleiner Engel Tanz,
Farnkraut die Hände hin zur Sonne heben,
die überm^ Walde prunkt als Weltmonstranz.

Aus Himmelblau von Gottes Hand
den Glocken gleich gefügt,
schweigt ihr als ob ihr abgewandt
ein groß Geheimnis trügt.

*

Mit Strauch und Baum und Blumenflor
in Waldandacht vereint,
fühl ich mich dicht im Beterchor,
den ihr zu rufen scheint.

Knie ich im Moos den Farnen gleich
an betender Gebärde,
ist mir als ob zutiefst ich euch
vielstimmig läuten hörte.

Das Kind und die Rose

Was hat nur der weißen Rose geträumt?
Sie hängt heute früh voller Tränen.
Sie ist so betrübt, soll ich sie gleich
zu mir nach Hause nehmen?

Aber bin ich, wenn ich weinen muß,
nicht selber doch lieber allein?
Auch wird, ihre Tränen zu trocknen, nur
die Sonne zart genug sein.

nur von „stachlig Laub, grüeni Blättli, dornig Freudebaum
, ... wo de Freud hangt in de Dorne".

Auf Seite 158 finden wir eine ausgezeichnete Uber-
tragung von J.P.Hebels „Wegweiser" in die Siegerländer
Mundart. Wir sind glücklich über soviel Liebe und
Verständnis, die durchaus auch aus der Kritik sprechen
können.

Adolf Wurmbach „Über den Tag hinaus" Sprüche Verlag
E. u. W. Gieseking, Bielefeld, 80 S., Taschenformat.
Siegerländer Heimatkalender 1966, 41. Jahrg., herausgegeben
vom Siegerländer Heimatverein Siegen,
Buchdruckerei Vorländer, Siegen.

Konstantin Schäfer

Alemannische Wortkunst

Unter dem Titel „Alemanne -W ort" windet Hubert
Baum vierzehn Dichtern und Denkern des alemannischen
Raumes einen kunstvollen Sonettenkranz in
Akrostichen. Der Titel klingt schlicht und einfach und
läßt noch nicht ahnen, daß der kleine Gedichtband das
Bekenntnis zu den geistigen Kräften und Mächten birgt,
die sein Leben und Schaffen bis auf den heutigen Tag
bestimmt haben. Schon die Auswahl der vierzehn Namen
, die außer in den Überschriften auch in der Senkrechten
der ersten Lettern der vierzehn Zeilen eines jeden
Gedichts genannt werden, ist bedeutungsvoll und
kennzeichnet klar und deutlich den Dichter und Menschen
Hubert Baum, der hier vierzehn verschiedene
Repräsentanten seiner geistigen Heimat besingt, deren
Wollen und Wirken durch das Wort in den feingeschliffenen
Sonetten lebendig wird. Hier meistert Hubert
Baum als erster die äußerst schwierige Form des Sonettenkranzes
in alemannischer Sprache. Er übernimmt jeweils
die Schlußzeile eines Gedichtes als Anfang des
folgenden und verflicht so die vierzehn Vierzehnzeiler
(Sonette) in des Wortes wahrstem Sinne zu einem Kranz
und zu einer runden Einheit. Im abschließenden „Meistersonett
", das aus den vierzehn Anfangs- und Schluß-
versen der vierzehn Sonette gebildet ist, beweist Hubert
Baum sein bewundernswertes virtuoses „handwerkliches
" Können und läßt uns im Akrostichon der Initialen
der vierzehn Gedichtzeilen auch erkennen, daß das
ganze Kunstwerk getragen und beseelt ist vom Geist
seiner alemannischen Heimat und von seiner treuen
Liebe und Verbundenheit zu ihr und mit ihr. Er beschwört
den Geist von sieben großen Schweizern: Uli
Braecker, Heinrich Pestalozzi, Jeremias Gotthelf, Johann
Jakob Bachofen, Jacob Burckhardt, Gottfried Keller und
Heinrich Federer, von sechs Alemannen seiner badischen
Heimat: Johann Peter Hebel, Heinrich Hansjakob, Emil
Gött, Emil Strauß, Hermann Burte und Reinhold Schneider
und des im Elsaß geborenen Urwalddoktors Albert
Schweitzer, der zeitlebens ein unverfälschtes Münstertäler
Alemannisch gesprochen und seine Elsässer Heimat
nie verleugnet hat. Ihm widmet Hubert Baum ein besonders
kunstvolles Gedicht mit reizvollen Binnenreimen
. Dabei ist erstaunlich, wie natürlich und'ungekünstelt
selbst bei den größten formalen Erschwernissen und
Beschränkungen die alemannische Sprache melodisch
singt und klingt und rhythmisch schwingt. Am Schluß
des Bandes gibt Hubert Baum vierzehn treffliche Kurzbiographien
der Dargestellten und ein kleines Wörterbuch
der alemannischen Ausdrücke. Beides erleichtert
dem mit der Sprache und Geistesgeschichte unserer
alemannischen Heimat nicht Vertrauten den Zugang zum
„Alemanne-Wort" und das Verständnis der reifen Dichtkunst
dieses jüngsten Werkes von Hubert Baum.

Herbert Rothweiler und Walter Wild haben den Gedieh
tband mit gelungenen Holzschnitt-Porträts der vier-

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