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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1966-09/0006
für dich deine tapferen Brüder, die Soldaten und Wehrmänner
unter dem Kommando der großen Helden und
Sieger —, sondern in der Heimat die Heimat zu schützen,
wenn's Not wird, gegen entlaufenes, herumtreibendes
Raubgesindel, das jeder Krieg ausstößt und zurückläßt.

Sprecher: In der Heimat die Heimat zu schützen, — damit
ist der Kern des Mahnworts offengelegt. Und Hebel
müßte auch in dieser Schrift nicht er selbst sein, der
Hintergründige, wenn er seine Worte nicht so zu wählen
wüßte, daß man vielerlei aus ihnen lesen könnte, Doppeldeutiges
, Gegensätzliches. Wer wollte, konnte unter
„fremden Siegen, Rechten und Anmaßungen" die der
Franzosen und Napoleons verstehen, für welche auch die
badischen Rheinbundtruppen hatten kämpfen müssen;
wer das nicht wollte, konnte auch an Preußen denken;
und wenn man Äußerungen Hebels aus den nächsten
Jahren mit dieser Stelle zusammenhält, wird einem fast
zur Gewißheit, das Letztere sei gemeint. Schon am 3. Ma}
1814 schreibt Hebel an Sievert über den Befreiungskrieg:
Hebel: Dieser heilige Krieg, wie man ihn nennt, hat
große Opfer gefordert, nur fange ich an zu zweifeln, ob
er so sehr heilig war . . .

Sprecher: Oder am 13. Mai 1814 an Hitzig:

Hebel: Ist um Wahrheit und Freiheit, um Recht, um
Rache, um Ehre gekämpft worden, oder war es eine
große Schachpartie? Womit hat sich dieser Krieg als den
heiligen, wofür ihn eine Partie ausgab, charakterisiert?
Erkennt dein erleuchtetes Auge nicht, daß ein großes
Trauerspiel aufgehört (wenn anders aufgehört) hat, und
eine Posse an seine Stelle getreten ist?..

Sprecher: Freilich spricht Hebel zur gleichen Zeit — es
muß für ihn eine Zeit der sich verwirrenden Begriffe
gewesen sein — auch Dinge aus, die auf eine völlige
Sinnesänderung zu schließen erlaubten, wenn — sie
nicht alsbald und gründlich wieder durch gegensätzliche
Aussagen aufgehoben würden. Dinge etwa wie im gleichen
Brief an Hitzig vom 13. Mai 1814:

Hebel: Es sind ein paar Frühlingsstrahlen in meinen
politischen Igejschlaf hineingefallen. Aber ich weiß
nicht... Ist's permittiert, wenn Europa mit zusammengeraffter
letzter Kraft seine bluttriefende, vollgefressene,
zu aller Rache reif gewordene Feindin besiegt, um die
Lorbeeren und Früchte des Sieges, und sich, zu den
Füßen der Besiegten niederlegen zu können, und ihr die
schönsten Triumphe zu bereiten, die sie je noch gehabt
haben. (Fortsetzung folgt.)

Otto Ernst Sutter, Gengenbach:

lanbemann Scan? (^cbnabel

@rtnnerungen an ben großen EYiftoriFec unb Lfyimaniften

Im Frühling 1912 beauftragte mich die Redaktion
der „Frankfurter Zeitung", der ich seit
Beendigung des Bauingenieur-Studiums an der
Karlsruher Technischen Hochschule im Herbst
1908 angehörte, Eindrücke einer Studienreise
vom Bodensee bis Mannheim in einer Folge
„Wirtschaftsbilder vom Oberrhein" zu schildern.
Zu den interessantesten Ergebnissen der Fahrt
zählte das Bekanntwerden mit den Bohrungen
zu Füßen des Schwarzwalds, vor allem mit der
eben entdeckten Therme des bald zum Bad gewordenen
Krozingen. Die Aufsätze erschienen
dann auch als Broschüre der Frankfurter Sozie-
tätsdruckerei. Wenig später schickte mich die
Redaktion als ihren Korrespondenten nach Karlsruhe
. Da suchte mich eines Tages ein, wie mir
schien, etwa gleichaltriger, still anmutender
Herr auf. Es war Franz Schnabel, damals wohl,
irre ich nicht, als Lehramtspraktikant an einer
höheren Schule in der Residenz tätig. Die „Wirtschaftsbilder
" führten ihn zu mir, sagte der
freundliche Gast, sie hätten ihm gefallen. „Ja",
und so fuhr er fort, „ich meine, Sie sollten es
nicht bei diesem Anfang bewenden lassen. Eine
planmäßige Beobachtung und Darstellung der
ökonomischen und technischen Erscheinungswelt
unserer Zeit und bei uns zu Lande, eine Beschäftigung
mit ihr, die keinerlei persönlich geartete
Interessen verfolgt, ist sehr nötig..." Als nach
einer, mag sein, einstündigen Unterhaltung Franz
Schnabel aufbrach, verabschiedete er sich: „Auf
Wiedersehen, Herr Landsmann".

Es ist nicht zur Erfüllung des Schnabelschen ,
Vorschlags gekommen. Bis heute mangeln mir
Sitzleder, Geduld und wahrscheinlich auch das

Zeug, eine Aufgabe, wie sie Franz Schnabel vorschwebte
, ernstlich anpacken, geschweige, sie
vollenden zu können. Bis ins Alter, in das ich
inzwischen hineingewachsen bin — vier Jahre
älter als der 78jährig dahingegangene, große und
großartige Geschichtsschreiber, der in unserem
Jahrhundert nicht seinesgleichen hat, und der als
Humanist Jacob Burckhardt vergleichbar ist —
bin ich Journalist geblieben, ganz dem Tag und
dem Ablauf der schnell vorübereilenden Zeit
verhaftet . . .

Zu einer selbst nur lockeren Fortsetzung der
mit dem Landsmann Franz Schnabel angeknüpften
Beziehungen kam es nach jener Begegnung
von 1912 leider nicht. Den Schmerz darüber
empfand ich fast körperlich, als ich bald nach
seinem Erscheinen 1929 den ersten Band der
„Deutschen Geschichte im 19. Jahrhundert" in
zwei, drei Nächten las, verschlang, um ihn gleich
noch einmal, gesammelt zu erleben . . .

. Und dann kam es — glückliche Fügung! —
doch noch — spät, aber nicht zu spät! — zur Erneuerung
der landsmännischen Verbindung mit
Franz Schnabel. Im Zug der von Ernst Brugger
mit voller Hingabe betriebenen Bemühungen,
bedeutende, angesehene, geschätzte Badener in
anderen deutschen Bundesländern, in welchem
Bereich der Kultur sie tätig sein mögen, in Reportagen
des von ihm geleiteten Freiburger Landessenders
des Südwestfunks der Hörerschaft zu
präsentieren, unterhielt ich mich vor dem Mikrophon
1963 und 1964 in München mit dem kurz
vorher in den Ruhestand getretenen Professor
Dr. Franz Schnabel.

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