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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1966-11/0011
trieb sie. Sie zogen weiter und kamen auf einer
alten Römerstraße nach dem Kastell Arbon am
südlichen Ende des Bodensees, das alte Arbor
felix, wohl nur eine Namensverstümmelung des
keltischen Arbona.

Etwa von der zweiten Hälfte des zweiten
Jahrhunderts ab sind in der Schweiz christliche
Spuren anzutreffen. Nach dem ersten Einfall der
Alemannen im Jahre 260 wurden viele Kastelle,
in denen schon kleine christliche Gemeinden waren
, zerstört, aber bald wieder neu aufgebaut, so
auch das in Arbon ums Jahr 300.

Burgunder und Alemannen gerieten bald wieder
in Bewegung, den Burgundern gelang es,
einen eigenen Staat zu gründen, Lyon und Genf
wurden ihre Mittelpunkte. Die-Burgunder waren
Christen bzw. Arianer, während die Alemannen
noch sehr lange hartnäckig heidnisch blieben. Die
christlichen Kleingemeinden hatten sich durch
alle Anstürme hindurch hinübergerettet und vor
allem am Bodensee unter dem Einfluß des näher
gerückten Bischofssitzes von Windisch nach Konstanz
gut entwickelt. So traf Columban auch in
Arbon eine gut organisierte Christengemeinde
mit Bethaus und Herberge unter dem Pfarrherrn
Willimar, der mit drei Diakonen, vielleicht drei
in Ausbildung begriffenen Priesteramtskandidaten
aus der nahe gelegenen Bischofsstadt Konstanz
, schon eine Art Pfarrei verwaltete; über
den Charakter und das Rechtsverhältnis die'ser
Pfarrei ist jedoch nichts bekannt, ebenso wenig
ob es sich um die Kirche eines reichen Stifters
oder um eine Eigenkirche handelte. In Tuggen
fand man in der Kirche Gräber, vielleicht waren
es die Grablegen des oder der Stifter der Kirche.
Arbon galt damals als eine der bedeutendsten
Römerstädte am Bodensee mit einer ausgeprägt
kelto-romarüschen Bevölkerung, der sich mit der
Zeit allerdings auch alemannische Bauern hinzugesellten
. Da diese auch hier noch Heiden waren,
ist es nicht ausgeschlossen, daß ihnen Gallus
alemannisch predigte, da er von seinem irischen
Kloster deii Auftrag hatte, sich der Alemannenmission
zuzuwenden. Jedenfalls geht aber daraus
hervor, daß zu Anfang des 7. Jahrhunderts in
Arbon sich eine christliche Gemeinde mit einem
eigenen Seelsorger vorfand, x

Sie blieben eine Woche bei dem gastfreundlichen
Willimar und wandten sich dann der von
den Alemannen zerstörten Stadt Bregenz zu. Übrt
fanden sie eine frühere christliche Kapelle, die
St. Aurelia-Kirche, die aber von den heidnischen
Alemannen, wohl auch von den wieder abgefallenen
Kelto-Romanen benutzt wurde. Die Eigenartigkeit
dieses keltischen Heiligtums geht aus
der Verehrung einer göttlichen Trias hetvor,
ähnlich wie wir sie in der ersten Kirche der
Wiehre bei Freiburg, St. Einbethen, mit drei keltischen
Gottheiten, vorfinden. Columban und
seine Beigleiter zerstörten die Einrichtung und
stellten sie den Christen wieder zur Verfügung.
Sie blieben drei Jahre in Bregenz, im Jahre 612
trennten sich Columban und Gallus. Columban
zog nach Oberitalien und gründete dort das Kloster
Bobbio, wo er 615 starb. Gallus blieb krank
zurück, was ihm jedoch Columban als Unfreund-

Vergänglichkeit

Im weiten, wirren Grase
erglomm im Morgenschein
schön wie von klarem Glase
ein Tropfen, bunt und fein.

Wie Rosen rot er blühte,
wie weißes Elfenbein,
wie Feuer gelb er glühte,
wie blauer Augen Schein.

Er strahlte sein Minütchen,
dann kam der Sonnenball
und holte heim das Glütchen
ins Riesenweltenall.

Richard Gang

lichkeit auslegte. Er fuhr wieder zu seinem
Freunde Willimar nach Arbon, der ihn gesund
pflegte. Mit dem Diakon Hiltibold suchte nun
Gallus eine einsame Stelle an der Steinach, wo
er gedachte, eine Cella zu bauen, das spätere
Kloster St. Gallen. Bald sammelten sich um ihn
fromme Männer der Umgebung, wohl Kelto-
romanen, so daß es bald zu einer Kleinklost^r-
siedelung kam. Uber die letzten Jahre des Gallus
weiß man wenig, nur daß er von Willimar gebeten
wurde, noch einmal in seinem Bethause zu
predigen. Während des kurzen Aufenthaltes in
Arbon wurde er von heftigem Fieber befallen
und starb in den Händen seines Freundes Willimar
, angeblich 95 Jahre alt. Der Todestag war
der 16. Oktober, das Jahr ist unbekannt, man
verlegt es zwischen die Jahre 627 bis 650. Auf
die Kunde der schweren Erkrankung des Gallus
eilte Bischof Johannes von Konstanz zu Schiff
sofort nach Arbon, fand ihn aber schon als
Leiche. Johannes hatte: drei Jahre lang bei Gallus
in seiner Cella gelebt, und dieser schlug ihn dann
als Bischof von Konstanz vor, was Gallus selber
abgelehnt hatte. Er war rätischer Abkunft und
zur Zeit der Ankunft des Gallus Diakon in
Grabs. Er ließ den Leichnam des Gallus nach
seiner Cella überführen; Willimar und eine große
Volksmenge begleiteten den Zug nach dem späteren
St. Gallen, wo Gallus feierlich beigesetzt
wurde. Damit verschwindet der Presbyter Willimar
aus der weiteren Geschichte. Doch scheint
dieser „weithin bekannte und verehrte Mann"
nicht so schnell aus der Erinnerung des Volkes
entschwunden zu sein. Es scheint fast, als ob er
als ein'e Art Regionalheiliger verehrt wurde, und
man erinnerte sich später in St. Gallen gerne
dieses eifrigen Priesters, der ja ihren ersten
Klostergründer gepflegt und für seine Beerdigung
gesorgt hatte; er erscheint jedoch in keinem
Heiligenlexikon. Doch dürfte seine weitere Lebensgeschichte
in engerem Zusammenhang mit
dem Kloster sich abgespielt haben als vorher,
wo man ihn sicher als Freund des Klosters betrachtete
. Kaum nähere Auskunft, vielleicht nur
Anlaß zu mehreren Vermutungen gibt uns eine
Urkunde vom 8. April 868.

In dieser Urkunde — sie ist ausgestellt in
der karolingischen Königspfalz Kirchen (Kreis
Lörrach) —r- handelt es sich um einen Tausch von
Liegenschaften zwischen einem Manne namens

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