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von Beaupremont ließ den rk>ch erhaltenen stilgerechten
gotischen Chor der Abteikirche bauen;
Scholastika von Falkenstein verdiente in den
Heimsuchungen des 17. Jahrhunderts den Ehrentitel
einer „zweiten Gründerin". Franziska Truch-
sess von Rheinfelden war eine kluge Äbtissin,
sie ließ Stiftshäuser bauen und die Kirche im
Barockstil verschönern; Xaveria von Pfirt-Blu-
menberg - Carspach ließ nach den Plänen der
Baumeister Bürget und Kleber (des späteren
Generals) neue Stiftshäuser errichten und reorganisierte
das Stift. Sie war die letzte Äbtissin
von Masmünster; bekannt ob ihrer Nächstenliebe
beschloß sie würdevoll die Reihenfolge der
Äbtissinnen. Sie begab sich nach Aufhebung des
Stiftes und der Verschacherung der Stiftsgebäude
und der Stiftsgüter nach Rheinfelden, später nach
Freiburg (1802), Wo sie einige Stiftsdamen wiedertraf
. Sie starb den 30. Januar 1826 und wurde
auf dem alten Friedhof zu Freiburg beigesetzt,
wo auch die Stiftsdamen Klara von Schönau und
Maria Magdalena von Reinach ruhen. Das Denkmal
der letzten Äbtissin trägt diese vielsagende
Inschrift: Hier ruht in Gott M. Susanna Xaveria,
Baronin von Pfirt, Äbtissin von Masmünster,
gestorben im Alter von 90 Jahren den 30. Januar
1826. Die dankbaren Armen haben ihr dieses
Grabmal errichten lassen.
Bemerken wir noch, daß sich unter den
Stiftsfrauen Adlige nicht nur aus dem Elsaß,
sondern aus dem gesamten Oberrheinraum und
der Schweiz befanden.
Die Stifts- oder Abteikirche diente als Pfarrkirche
bis zum Jahre 1842, bis zur Vollendung
der vor kurzem niedergebrannten Pfarrkirche
St. Martin. Am 11. August 1859 wurde die Stiftskirche
durch Feuer bis auf den gotischen Chor
und eine Seitenkapelle zerstört. Diese dienen
aber nicht mehr dem Kult. Einige Stiftshäuser
sind noch erhalten, das Barockdenkmal „Die
Rosen-Madonna" kam vor 1914 nach Mülhausen,
wurde in dem Steinbachgarten aufgestellt, aber
nach 1945 durch einen Steinwurf schwer verstümmelt
. Das Dorf Ligsdorf im oberen Sundgau
besitzt den prächtigen Barockaltar aus der ehemaligen
Stiftskirche, der in der Revolution dorthin
gekommen war. In der Mitte ist St. Leodegar
dargestellt; der Altar ist so groß, daß man mit
den Statuen einen Seitenaltar erstellen konnte.
Das Städtlein
Wie vielerorts, so bildete sich um die Abtei
ein Städtlein, das heutige Masmünster, das unter
den Habsburgern im Jahre 1368 mit Gräben,
Mauern und Türmen umgeben wurde. Das Städtlein
erhielt Rechte und Privilegien, die immer
wieder durch Kaiser und Erzherzöge erneuert
und bestätigt wurden: einen Wochenmarkt, vier
Jahrmärkte, den Straßenzoll auf Vieh und Waren,
den Salzkasten, eine Abgabe auf das auf dem
Wocheftmarkt verkaufte Fleisch.
Ein Rat, bestehend aus zwölf jährlich gewählten
Mitgliedern, dem Vogt, dem Untervogt und
dem Schreiber, sowie ein Gericht von zwölf gewählten
Mitgliedern standen an der Spitze der
Verwaltung des Fleckens. Zahlreiche Beamte
sorgten für Ordnung, überwachten Handel und
Gewerbe, die Mühlen und die Viehzucht, kurzum
man gewinnt den Eindruck eines wohlhabenden
und gut verwalteten Städtleins, das sich „dank
einer arbeitsamen Bevölkerung prächtig entwickelte
. Nicht wenig trugen die zahlreichen
Zünfte dazu bei, vor allem jene der Gerber, die
das Wasser der Doller ausnützten, sowie der
Weber. Diese Zunft war die bedeutendste, sie
hatte das Monopol den Faden herzustellen, das
Tuch zu weben und zu bleichen.
Die Weberzunft von Masmünster wird zum
ersten Mal im Jahre 1399 erwähnt; damals erhielt
sie ihre Statuten, von denen glücklicherweise
noch eine Kopie aus dem Jahre 1527 erhalten
ist. Auf Grund Wertvoller Dokumente können
wir feststellen, daß diese Zunft recht blühend
war, daß die Weberei auf dem Anbau von
Flachs und Hanf beruhte und die Bleicherei auf
den günstigen Matten längs der Doller getätigt
wurde. Den Faden verkaufte man auf den Jahrmärkten
von Straßburg, Basel, Zurzach (Aargau),
den Zwilch im ganzen Oberrheingebiet bis nach
Frankfurt. Bis zur Revolution (1789) spielte die
^A/eberzunft eine hervorragende wirtschaftliche
und soziale Rolle, von der heute noch zahlreiche
Dokumente künden. An die Bruderschaft der
Weber erinnert noch immer die Statue des
hl. Severus im Kirchlein von Sick&rt bei Masmünster
.
Während des Einfalls der Armagnaken in das
obere Elsaß verteidigte sich das Städtlein hervorragend
. So wohlhabend war Masmünster, daß es
Geld den Erzherzogen vorschießen konnte. Dafür
erhielt das Städtlein den Bannwein, den Straßenzoll
im ganzen Tal und Rechte auf Tiroler
Salzbergwerke. Leider brachte der Dreißigjährige
Krieg, trotz der abseitigen Lage von Stadt und
Tal, schweres Unheil, vor allem Hunger und Pest,
über die Bevölkerung.
Masmünster hatte fünf Tore und drei Türme.
Außerhalb der Stadt, dort, wo heute noch der
Friedhof liegt, stand die Leut- oder Pfarrkirche
St. Martin mit einem charakteristischen Scheidwerk
- oder Sattelturm. Da sie zu klein und baufällig
geworden war, brach man sie ab (1786).
Der Gottesdienst fand nun in der Spitalkirche
St. Erhard, später in der ehemaligen Abteikirche
statt. Denn erst 1842 war die neue, kürzlich
ausgebrannte St. Martinskirche vollendet. Die
Pläne hatte der aus der Gegend von Bregenz
stammende Gebweiler Baumeister Ritter entworfen
, dem man auch die Gebweiler Liebfrauenkirche
zu verdanken hat. Aber schon war ein
Teil des Rohbaues in der Höhe, als sich Risse
und Senkungen zeigten: die Fundamente waren
schlecht ausgeführt, alles mußte abgerissen werden
, Geld war keines mehr vorhanden; zuletzt
beging der Unternehmer, der leichtsinnig gearbeitet
hatte, Selbstmord. Die Revolution, und die
Napoleonischen Kriege mit ihren finanziellen
Nachwehen verzögerten die Wiederaufnahme der
Arbeiten bis um das Jahr 1840.
In diese Kirche kam eine der gößten Orgeln
aus der Orgelfabrik Callinet in Rufach. Die
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