http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1966-11/0018
In Masmünster selbst bestand ein Hochofen. Noch
bis ins 19. Jahrhundert war die Metallindustrie
im Dollertal sehr entwickelt; bis in unsere Tage
ist sie in Masmünster und Niederbrucbt^ ein bedeutender
Faktor des Wirtschaftslebens. Die Textilindustrie
hielt im letzten Jahrhundert ihren
Einzug in das Tal der Doller, sie kannte schöne
Zeiten, aber leider wurden in unseren Tagen
mehrere Fabriken geschlossen. Damit stellt sich
das Problem einer Ansiedlung neuer Industrieunternehmen
sowie der wirtschaftlichen Neuankurbelung
, schon allein um eine Abwanderung
aus diesem schönen Vogesental zu verhindern.
Aus einem Tal, das aus dem Tourismus noch vieles
herausholen sollte. Als Tal der Bergseen kann
das Masmünstertal sich neben den anderen Voge-
sentälern sehen lassen.
Die Orgelbauer Callinet
Wo immer im Rundfunk und in der Presse die Nachricht
vom Brand der Masmünsterer Kirche — im In- und
Ausland — erwähnt wurde, bedauerte man den Verlust
der großen Callinet-Orgel. Über die Familie Callinet und
deren Orgeln hat 1965 Meyer-Siat, Professor am Straßburger
Lyzeum, ein grundlegendes, interessantes Werk
verfaßt.
Robert Riepp (1711—1750) entstammte einer in Süddeutschland
nach dem Dreißigjährigen Kriege eingewanderten
Tiroler Familie; er erlernte das Handwerk eines
Orgelbauers, vermutlich in Ottobeuren, kam 1732 nach
Straßburg, wo er bei Andreas Silbermann erfolglos Arbeit
suchte, arbeitete hier kurze Zeit bei Merckel und
ließ sich in Dole bei Dijon als Orgelbauer nieder. Während
die Orgeln von Riepp in Frankreich fast alle verschwunden
sind, besitzt jene in Ottobeuren Weltruf.
Robert hatte einen Bruder, Karl Joseph (1710—1775),
ebenfalls Orgelbauer, dessen Stiefschwester sich mit
einem gewissen Johann Peter Rabiny (1690—1775) verheiratet
hatte. Von ihm stammte Joseph Rabiny ab,
ebenfalls Orgelbauer, vermutlich italienischer Herkunft;
der die Nachfolge des Orgelbauers Riepp übernahm. Er
baute 1777 die Orgel der Abteikirche Schuttern in Baden,
jene der Liebfrauenkirche in Gebweiler (1783), ließ sich
in Ruf ach nieder, ohne aber sein Haus in Dijon aufzugeben
. Vom Jahre 1787 an war er endgültig in Rufach.
Seit dem Jahre 1786 war Joseph Rabiny mit Frangois
(Franz) Callinet geschäftlich vereinigt. Dieser stammte
aus Burgund (1754), ein Wirtssohn aus dem Weinland
von Beaune und war Orgelbauer. Er heiratete später
Margarete Rabiny. Callinet leitete die Geschäfte in Dijon,
aber im Jahre 1798 zog er mit seiner Familie zu seinem
Schwiegervater nach Rufach. Von diesem Zeitpunkt an
bis kurz nach dem Krieg 1870 weilten die Callinet in
Rufach. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts ließ sich Ludwig
Callinet ebenfalls in Rufach nieder und erlernte bei seinem
Oheim Franz das Handwerk eines Orgelbauers.
Damals trat in das Geschäft Rabiny-Callinet ein Arbeiter
ein, Johann Wider, der Tradition gemäß ungarischer
Herkunft, der aus der Schweiz kam und eine Rufacherin
heiratete. Die Ehe war kinderreich; das dritte Kind,
Franz Karl (1811), widmete sich der Musik, holte sich die
Ausbildung bei Karl Kienzl in Gebweiler, wurde Professor
der Musik und Organist in Lyon, wo sein Sohn
Karl Maria Wider (1845—1937), der weitberühmte Organist
von Paris und Komponist, der spätere Lehrer von
Dr. Albert. Schweitzer, geboren wurde.
Johann Wider, sein Großvater, war eine Stütze, der
Firma Callinet, der er bis zu seinem Tode (1854) treu
blieb und mit der er die schönsten Orgeln jener Zeit
baute.
Der erstgeborene Sohn des oben genannten Franz
Callinet, Joseph, war in Dijon geboren (1795); er arbeitete
wie sein Vater in Ruf ach und nannte sich „Callinet
aine" (der Ältere), sein Bruder Claude Ignace (geboren
in Ruf ach 1803) hingegen „Callinet cadet" (der Jüngere).
Beide führten das Rufacher Geschäft gemeinsam (les
„Freres Callinet", die „Gebrüder Callinet"), aus der die
noch heute reinste Orgel Callinet in Mollau im Wesser-
lingertal (1833), die leider heute verlorene von Masmünster
(1842), jene von Heiligkreuz bei Colmar neben vielen
anderen hervorgehen sollten. Die Orgel von Masmünster
bedeutete den Gipfel der Orgelbaukunst Callinet
; leider wurden später an den meisten Orgeln Arbeiten
vorgenommen, die nicht immer glücklich waren.
Durch Krankheit gezwungen, legte Joseph Callinet im
Jahre 1856 die Arbeit nieder, er starb ein Jahr später.
Claude - Ignace wanderte um 1872 nach Vesoul aus, wo
sein Sohn ein Orgelgeschäft begründete. Das Rufacher
Geschäft übernahm die Familie Berger, dieses bestand
bis 1940. Damit endet auch die Geschichte des Orgelbaues
in Rufach, wo vor einigen Jahren die verlassene
Werkstatt Callinet einstürzte. Auf dem Rufacher Friedhof
sind drei Gräber der Callinet erhalten.
3udjbefprettmng
Gerhard Jung, 1926 im Wiesental geboren, dort bereits
als der „kleine Hebel" bekannt, verfaßte bis heute zwei
Mundartgedichtbände und mehrere Mundartspiele, die
viel aufgeführt und verschiedentlich gesendet wurden.
Nun fügt dieser verheißungsvolle Dichter seinem Werk
ein neues Buch hinzu: „Schmecksch de Brägel — heitert
Sächeli zuem vortrage". (M. Schauenburg-Verlag, Lahr,
142 Seiten, davon 7 Seiten Worterklärungen, schwarzweiß
illustriert von Fr. Hett, schöne Taschenbuchaufmachung
, 6,80 DM.)
Zwei Eigentümlichkeiten bestechen in diesem Werk:
der Humor und damit untrennbar verbunden ein flotter,
spritziger, mitreißender Stil. Seit Jean Paul wissen wir
um das Wesen und die Bedeutung des Humors in der
Literatur. Wir kennen die Formulierungen: Humor als
reine Formkraft; Humor, der lächelnde Stiefbruder der
Tragik. Gustave Flaubert hat von Voltaire gesagt, er
sei nur deshalb der Mann des Jahrhunderts geworden,
weil er Humor hatte und zu allem lachen konnte. Humor
ist eine stetige Sonne, eine heitere Grundhaltung
des Daseins, die aus dem Herzen stammt im Gegensatz
zum Witz, der ein grelles Aufflammen des Geistes und
jähes Erlöschen ist, ohne Eindruck oder eine Spur zu
hinterlassen.
Gerhard Jung tritt in diesem Gedichtband mit seinem
Humor als ein Wanderer auf, der das Leben in all
seinen Situationen gelassen und mit Fröhlichkeit sieht,
nimmt, trägt und besteht. Er schaut ihm aber auch ins
Hintergründige, Unfaßbare, stellt sich ihm, oder geht
ihm aus dem Wege, nie aber läßt er sich unterkriegen:
„Mach der nüt drus, / so isch es ebe / mänkmol im
Lebe; / 's würd so müeße si. / Fangt 's Herzli au a dut-
tere, / no gib ehm schnell en Ruck. / Läng d'Chriesi-
wasserguttere / und nimm e lange Schluck. / Und gli
würd alles besser si / und du bisch putzt und gestrählt".
Jung ist mit diesem Buch der Humorist in der alemannischen
Lyrik, wie er noch nicht da war, der Humorist
par excellence. Das Buch trieft vor lebensbejahender,
gesunder, seelischer Kraft und Größe auch dort, wo der
Humor manchmal in den Witz übergeht. Denn der Witz
ist hier nicht auf die Pointe, den Knalleffekt zugespitzt,
sondern bleibt behaglich, gemütsreich und ist damit
dichterisch. Dieses Buch unterhält aufs Beste, erfreut,
richtet auf, stärkt und beglückt. Es eignet sich besonders
auch zum Vorlesen in heiteren und besinnlichen Runden,
aber auch in vollen Sälen. Hier zwei Kernstücke:
Bloß nit Semper und verdruckt si,
lieber e weng zue verrückt si! —
So gohts eim in dem Lebe oft,
daß alles änderst chunnt wie ghofft.
Mer meint, mer müeßt dri ine fahre
und steckt zletscht selber mit sim Chaare
im tiefste Dreck. Do chasch nüt mache
als ebe schimpfe oder lache.
Und was meinsch, isch wohl s besser Teil?
Gang, bind die Welt ans Narreseil
und würf si um, di ganze Chegel,
no bisch e Kerli.
Schmecksch de Brägel?
Richard Gang, Freiburg
16
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1966-11/0018