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Haas Mieg im Renaissance-Stil
Den die Spiegel und Junge waren Mülhauser
Familien!
Zahlreiche Türme dienten als Befestigungen,
von denen noch der Teufelsturm und das Bollwerk
bestehen. Allerdings brannte zu Beginn
unseres Jahrhunderts der Teufelsturm ajus und
mußte abgebrochen werden. Der heutige Teuf els-
turm ist nur irj. seinen unteren Teilen historisch,
sein Name rührt vermutlich aus der Zeit des
Hexenwahnes her, als man die „Hexen" hier
gefänglich hielt. Zahlreiche Bäche durchflössen
die »befestigte Stadt, sie sind heute überwölbt
und vielfach auch trockengelegt. Nur in Straßennamen
leben sie weiter, sie dienten auch im letzten
Krieg als Unterstände bei Fliegerangriffen.
Das Innere der Stadt war verwinkelt, eng,
schmutzig, oft überschwemmt.
Mülhausen hatte seine ^Badestuben, sein Spital
Und Gutleuthaus vor der Btadt, sein Pfrundhaus
und sein Armenspital. Die Feuer-Ordnung,** die
auf dem Zunftwesen aufgebaut war, datiert aus
dem Jahre 1461. Eine Schule gab es hier seit
dem 13. Jahrhundert; auch die Barfüßer und
Klarissen hatten ihre Schulen.
Seit dem Jahre 1324 war Mülhausen ganz
von österreichischem Gebiet umgeben. Denn war
der östliche Teil des Sundgaues seit den ersten
Zeiten der Habsburger deren Grundbesitz, so
war nun 1324 der westliche Teil durch die Verheiratung
der letzten Gräfin von Pfirt, Jöhanna,
mit Anrecht dem Weisen an die* Habsburger
gekommen. Mülhausen war eine kaiserliche
Enklave mitten in dem habsburgischen Gebiet
und schloß sich 1354 dem Zehnstadtebund an.
Im Jahre 1437 kaufte Mülhausen von den
Grafen von Württemberg die beiden Dörfer
Illzach und Modenheim und gewann dadurch
Acker- und Wiesenland, derer es dringend bedurfte
. Bis in das 18. Jahrhundert waren Acker-
und Rebbau söwie das Handwerk die Ertragsquellen
der Bevölkerung Mülhausens. Denn Mülhausen
war eine bäuerliche Stadt. Äcker und
Wiesen dehnten siel} um die Stadt aus, Reben
gediehen auf den Hängen der ersten Sujidg^u-
hügel, die noch heute den Namen Rebberg tragen
, und auf den Höhen besaß die Stadt den
„Tannenwald". Unter den Handwerkern ^lahmen
die Goldschmiede den ersten Rang ein.
Die erste Blütezeit Mülhausens schenkte dev
Stadt im Jahre 1431 ein Rathaus und den gotfc'
sehen Chor der Stephanskirche, die man leider
vor hundert Jahren abgebrochen hat. Dieser Chor
war mit Fresken ausgeschmückt und besaß Glas-»
maiereien von seltener 'Schönheit und hohem
Kunstwert, die erhalten sind und deren Grundideen
dem „Speculum humanae salvationis" entstammen
.
Um das Jahr 1470 zählte man in Mülhausen'
1400 bis 1800 Einwohner, ein Flecken, der neben
Colmar völlig verschwand und nie das kulturelle
Leben dieser Stadt kannte.
Doch wenden wir uns nun den politischen
Geschehnisseh zu. 1444 fielen die Armagnaken
ih das obere Elsaß ein, die Armen Gacken, wie
man sie gemeiniglich nannte. Es waren herrenlose
Söldner aus^ dem Hundertjährigen Krieg
zwischen Frankreich und England, der damals
zu Ende ging. Die Habsburger hatten sie gegeii
die Eidgenossen ins Land gerufen. Was ihnen
nicht gelungen, erwarteten die Habsburger von
den kriegserprobten Armagnaken: die Niederlage
der Eidgenossen. Bei St. Jakob vor Basels Toren
an der Birs unterlagen zwar die Eidgenossen,
aber die Armagnaketi hatten eine Pyrrhussieg
errungen und schlössen mit den Baslern Frieden.
Noch lange dauerte der Krieg an, dann nach dem
Abzug der Armagnaken nahmen die Eidgenossen
Rache an den Adligen, die auf Seiten der Armagnaken
gestanden und im Sundgau begütert waren
. Das führte zu Verwüstungen und Zerstörungen
. Mülhausen hatte die Adligen der Stadt
verwiesen, sie waren ja habsburgisch gesinnt.
Zwanzig Jahre später brach der Se^chs-
Plappertkrieg aus (1466). Er entstand avs einer
lächerlich kleinen Schuldforderung von sechs
Plappert eines Müllerknechts an seinen Meister,
die er aber durch Peter von Regisheim der Stadt
übergab. Peter war bekannt durch* seine Feindschaft
gegen Mülhausen, der er auch ein Ultimatum
zur Begleichung der Summe stellte. Ohne
die Antwort des Mülhauser Rates abzuwarten,
brachen die Feindseligkeiten aus. Der Adel wur-r
de von den Habsburgern unterstützt, indessen
die bedrohte Stadt Schutz bei den Eidgenossen
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