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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1966-12/0012
suchte und 1466 ein Bündnis mit Bern und Solo-
thurn schloß. Solothurn dachte damals an einen
Vorstoß vom Schweizer Blauen in den Sundgau,
Bern hingegen hatte alles Interesse, diese Politik
etwas zu überwachen. Das erleichterte die
Unterzeichnung des Bündnisvertrages. So wurde
der Waffengang zu einem zweiten Sundgaukrieg,
der bis 1468 dauern sollte und im Verlaufe dessen
die Adligen und Österreicher die beiden
Mülhauser Dörfer Illzach und Modenheim in
Brand steckten, letzteres fast völlig und für
lange zerstörten, indes die Mülhauser, unterstützt
durch die Eidgenossen, die österreichischen Dörfer
und Burgen angriffen und heimsuchten. Der
Friede von Doggern bei Waldshut machte endlich
' 1468 dem Krieg ein Ende.

Die Habsburger mußten den Eidgenossen eine
schwere Geldsumme bezahlen, um der Besetzung
der vier Waldstädte Rheinfelden, Säckingen,
Waldshut und Laufenburg und damit dem baldigen
Verlust des südlichen Schwarzwaldes zu
entgehen. Diese Summe konnte nur Karl der
Kühne, der reichste Herzog, aufbringen, denn
sein Land, das Herzogtum Burgund, erlebte ja
damals seine auf jedem Gebiete schönste Blütezeit
. Er war auch bereit, den Habsburgern die
Summe, 80 000 Goldgulden, zu übergeben, verlangte
aber als Pfandgut die österreichischen
Besitzungen am Oberrhein und im Oberelsaß. So
kam der Vertrag von St. Omer (1469) zustande.
Der Burgunder besetzte den bis dahin habs-
burgischen Sundgau, doch auf den Tag fünf
Jahre später brach die burguhdische Herrschaft
am Oberrhein jäh zusammen, kehrte der Sundgau
, das Gebiet um Mülhausen, an Österreich
zurück. Damit aber war Mülhausen abermals zu
einer Enklave geworden.

Ständig bedrohten die Habsburger die Stadt,
ständig auch sandten sie in diesem Sinn Angebote
, um österreichisch zu werden. Nur die Erneuerung
des Bündnisses mit den Eidgenossen
konnte Mülhausen endgültig retten. Doch damit
ging das Mittelalter zu Ende, begann die Neuzeit.

Mülhausen „zugewandter Ort"

(1515 — 1798)

Im Jahre 1506, den 5. Juni, schloß Mülhausen,
um der ständigen Bedrohung durch die Habsburger
zu entgehen, ein Schutz- und Trutzbündnis
mit Basel, das sich fünf Jahre früher an die Eidgenossenschaft
angeschlossen hatte. Das war
bekanntlich das Ende des 1499 ausgebrochenen
Schwabenkrieges. Dieses Bündnis war das Werk
des Stadtsyndikus Oswald-Gamsharst, der aus
dem breisgauischen Städtlein Kenzingen stammte
, 1503—21 dieses Amt versah und der in Basel
studiert hatte. Schon sein Vater, Hans, war Stadtsyndikus
in Mülhausen gewesen. Lange hatten
die Verhandlungen gedauert, im Jahre 1515
krönte Gamsharst sein Werk durch das Bündnis
der Stadt mit den 13 Kantonen. Mülhausen wurde
, wie z. B. Biel, zugewandter Ort der Eidgenossenschaft
unter Wahrung aller Rechte, und
blieb wie die Eidgenossenschaft beim Reich bis
zum Jalire 1648.

So erklärt sich nun die Teilnahme eines Mülhauser
Fähnleins an den Italienischen Feldzügen;
Mülhauser nahmen an der Eroberung der Stadt
Pavia teil (1512), schlugen sich mit den Eidgenossen
bei Novara und stießen bis nach Dijon vor
(1513), das belagert wurde, teilten mit den
Schweizern die vernichtende Niederlage bei
Marignano (1515). Durch den „ewigen Frieden"
mußte Mülhausen fortan, wie die Eidgenossen,
dem König von Frankreich Soldaten stellen. 1522
bis 1524 finden wir das Fähnlein abermals in
Italien.

Die Feldzüge jenseits der Alpen hatten die
Mülhauser mit der Renaissance bekanntgemacht.
So erhielt nach dem Brand des Rathauses Mülhausen
ein neues Rathaus im Stil der Rheinischen
Renaissance mit Fresken allegorischen
Charakters von Christ, und Lukas Bockstaffer
aus Colmar, ein prächtiges Gebäude mit einer
gedeckten Doppeltreppe. Auch die Stephanskirche
am Rathausplatz, ein gotisches Gotteshaus, wurde
durch den Künstler Maeder mit Fresken ausgeschmückt
, während ein Holbein-Schüler, Herbster
, ein Straßburger, die Johanniterkapelle
durch prächtige Fresken, Szenen aus der Passion
und einen Johannes-Zyklus, bereicherte. Auch
Patrizierhäuser, von denen nur mehr wenige bestehen
(das Haus Mieg am Rathausplatz, der
leider verwahrloste, dem Abbruch geweihte
Thiersteiner Hof, der Kettenhof), wurden im
neuen Zeitstil errichtet.

Die Verwaltung lag in Händen eines Großen
Rates, bestehend aus zwölf Bürgern, den Zunftmeistern
, zwei von jeder Zunft, und dem Kleinen
Rat, dem ebenfalls soviele Mitglieder angehörten
. Maßgebend waren die Zünfte.

Die politische Bindung mit den Eidgenossen
begünstigte die Reformation in Mülhausen. Sie
wurde gepredigt und verbreitet durch den ehemaligen
Augustinermönch Nikolaus Peugner,
durch den ehemaligen Kaplan Augustin Gschnuss,
durch den Stadtsyndikus Oswald Gamsharst.
1523 wurde die Reformation eingeführt; 1529 war
Mülhausen völlig protestantisch geworden, hatte
man die Klöster unterdrückt, und bis 1798 durften
Katholiken die Nacht nicht in der Stadt zu-
' bringen, sondern mußten eine benachbarte Ortschaft
aufsuchen.

Der Dreißigjährige Krieg verschonte die neutral
gebliebene Stadt, in der aus dem ganzen
Sundgau unzählige Flüchtlinge Schutz suchten
und fanden. Die Mülhauser konnten sich bereichern
, und der Dreißigjährige Krieg steht am
Beginn des wirtschaftlichen Aufschwunges der
Stadt, die sich der Neuzeit erschloß. Ackerbau
und Handwerk zogen Nutzen aus den Verwüstungen
der umliegenden Gebiete, die Stadtfinanzen
konnten saniert werden, das Privatvermögen
kannte gute Zeiten.

Durch den Westfälischen Frieden am 24. Oktober
1648 fielen die habsburgischen Gebiete rund
um Mülhausen, vom Rhein bis hinter Beifort,
vom Jura zur Thür an den französischen König.
So bildete die Stadt samt ihren beiden Dörfern
Illzach und Modenheim abermals eine Enklave.
Stark waren die wirtschaftlichen und kulturellen
Beziehungen zu Basel, an deren Universität

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