http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1966-12/0015
Fr. Kuhn, Lörrach: aiemannifctje unb fcänftfdje Öinflüfle auf Me Octsnamenbübung
beföerfeita 5ce Kleines bei ©tcafctmcg
Nach ihrer Niederlage in der Schlacht bei
Zülpich im Jahre 496 kamen die Alemannen unter
den politischen Einfluß der Franken. Die Zeit
der Wanderungen war zu Ende, und sie mußten
sich seßhaft machen. Diese Änderung der Siede-
lungsweise wurde zu einem Segen für das Volk.
Die Bevölkerung nahm zu, die Siedelungen vergrößerten
sich und wurden zahlreicher.
Die Zahl der Alemannenfriedhöfe aus der
Wende des 5./6. Jahrhunderts ist verhältnismäßig
gering. Im 6. Jahrhundert wuchs ihre Zahl ständig
. Zu den -ingen-Siedelungen der Alemannen
und den -heim-Dörfern, wie sie sich in dem Herrschaftsgebiet
der Franken durchgesetzt hatten,
traten neue Ortsnamen. Dazu gehören auch die
Formen auf -statt und -Stetten. Entsprechend der
lockeren Siedelungsweise in Einzelhöfen, wie es
die Regel war, erfolgten Namengebungen wie
Hofstatt' und Hochstatt. Entstanden infolge der
Bevölkerungsvermehrung im Zusammenhang mit
diesen Ursiedelungen weitere Höfe, so entwickelten
sich die Mehrzahlformen Hofstetten und
Hochstetten. So bildeten sich die vielen Stettenorte
auf der Schwäbischen Alb, an der oberen
Donau, am Bodensee, im Hegau, Klettgau und
Breisgau.
HOCHSTEIT
Stett-'-Orteim
Umkreis von
Straßburg
KILSTCTT
FREISTETT
R EICHSTÄTT
3RMSTETT
@ MOLSHEIM
STRASSBURG
WlUSTftTT
KÖCHSTETT
OFFENBURG
Etwas anderes war die sprachliche Entwicklung
bei den Franken und in den Gebieten, welche
unter ihrem unmittelbaren politischen Einfluß
standen wie das Elsaß. Hier blieb es bei
der Namensform -statt auch dann, wenn sich die
Siedelungsfläche vergrößerte und mehrere Höfe
umfaßte. So finden wir in Nordbaden, in der
Rheinpfalz und in Hessen nur vereinzelt Stettenorte
, umso zahlreicher sind die Stattorte wie
Plankstatt, Wallstatt, Waibstatt.
Ebenso ist es im Elsaß. Vom Jura bis an die
pfälzische Grenze gibt es nur einen einzigen
Stettenort, er liegt im Hügelgebiet des Sundgaues
. Hier finden wir nur -statt-orte: Brunnstatt
, Hochstatt und Pfastatt in der Umgebung
von Mülhausen, Frohnstatt, eine ödung zwischen
Ottendorf und Liegsdorf im Sundgau, Magstatt
bei Sierenz, Hattstatt zwischen Ruffach und Colmar
, Schlettstadt, nach der mundartlichen Form
des Rodungsnamens „Schlatt", Crastatt bei Was-
selnheim und Altstatt, eine alte Römersiedelung
bei Weißenburg.
Die Entstehung dieser Orte in der Ausbauzeit
des 7./8. Jahrhunderts beweisen uns die
Reihengräber, soweit solche vorhanden oder bekannt
sind und ihre Beigaben. Reihenfriedhöfe
kennen wir von Pfastatt, Hochstatt und Crastatt.
Auch bestimmte Schutzheilige der Pfarrkirchen
weisen in diese Zeit der beginnenden Christianisierung
. Brunnstatt ist eine alte Odilienkult-
stätte, Hattstatt hat eine Kirche der. heiligen
Columb^, Hochstatt der heiligen Peter und Paul,
Niedermagstatt des heiligen Michael. Stetten bei
Niedermagstatt, nach Paul Stintzi einst Mittelpunkt
eines großen Pfarrsprengels mit drei weiteren
Orten hat eine Kirche der heiligen Peter
und Paul und eine St. Michaelskapelle.
In der Umgebung von Straßburg finden wir
eine Anzahl Orte unserer Ortsnamengruppe, die
unsere Aufmerksamkeit erwecken. Auf der badischen
Seite sind es Willstett und Freistett, ferner
der abgegangene Ort Höchstett bei Altenheim,
auf der elsässischen Kiltstett und Reichstett,
beide nördlich von Straßburg, Höchstett bei Bru-
math und Irmstett, in der Nähe von Marlenheim.
(„Vielleicht gehört auch Irmstett zu diesen fränkischen
Gründungen, die der Königspfalz Marlenheim
unterstellt blieben." Langenbeck, Probleme
der elsässischen Geschichte in fränkischer
Zeit. Alem. Jahrbuch, 1957, S. 6.)
In diesen Orten beeinflussen sich die Besonderheiten
der alemannischen und der fränkischen
Namengebung. In dem e-Laut der Stammsilbe
-stett erkennen wir die alemannische Einwirkung
, in dem Wegfall der Endung -en hat sich
die fränkische Ausdrucksweise durchgesetzt. Diese
gleichen Formen der Ortsnamen sind entstanden
unter dem Einfluß von Straßburg. Die Stadt
war der Mittelpunkt der Landschaft beiderseits
des Stromes in kultureller, wirtschaftlicher und
kirchlicher Hinsicht.
Diese Einwirkung auf die Ortsnamen ist auch
an dem Beispiel von „Rastatt" zu erkennen. Der
Ort begegnet uns zum erstenmal im Jahre 1247
als „Rastetten", ganz wörtlich zu verstehen als
die Mehrzahl von „Raststätte". 1683 tritt die
Bezeichnung Radstatt auf und nähert sich damit
der heutigen Namensform.
Stark ist der fränkische Einfluß auf die Ortsnamen
rechts des Rheines unterhalb Straßburg.
Die ursprünglichen -ingen-Orte, wie sie bei den
Alemannen üblich waren (Helmlingen, Söllingen
), sind gegenüber den -heim-Orten, welche
das Ortsnamensbild des Unterelsaß beherrschen,
sehr in der Minderzahl (Auenheim, Leutesheim,
Diersheim, Rheinbischofsheim, Scherzheim, Hügelsheim
und Iffezheim).
Im Bereich der heutigen Bundesstraße 3 und
der Bahnlinie Offenburg—Rastatt fehlen -ingen-
13
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1966-12/0015