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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1967-01/0005
an Ihren sanften Tugenden ergötzte. Doch ich erinnere
mich, daß ich auch eine edle Bescheidenheit an Ihnen
entdeckte, also kein Wort weiter. Seien Sie meines
Dankes und meiner Hochachtung versichert. Möge der
Himmel alle guten Wünsche wahrmachen, die mein Herz
für Sie hat, so oft ich Ihrer gedenke. Leben. Sie wohl
und gönnen Sie bisweilen einen müßigen Augenblick '
dem Andenken Ihres gehorsamsten Dieners Hebel.

Sprecher 2: Ist das der glühende Liebesbrief eines Einunddreißig
jährigen an die von ihm getrennte Geliebte?
Man wird es kaum so nennen wollen. Im Gegenteil
klingt schon in diesem ersten Brief Hebels etwas an,
das sich im ganzen weiteren, lebenslangen Briefwechsel
nur verdeutlicht, ausweitet, entschiedener ausspricht:
Ein Abschiednehmen von einer entschwundenen Lebensepoche
, ein Abschiednehmen auch von dem in ihr gefundenen
geliebten Mädchen. Ein Abstandfeststellen, das
in seiner Härte von keinen Scherzen überspielt werden
kann. Indes gilt der Abstand, der schon in diesem ersten
Brief gewahrt wird, nur und in den folgenden Briefen
immer mehr der Geliebten, die bald zur Freundin werden
wird; er gilt nicht für Hebels Beziehung zur Oberlandheimat
. Im Gegenteil: zumeist und mit den Jahren
immer mehr verschwindet die Gestalt der Geliebten
hinter der Erinnerung ans Oberland. Ja, Gustave wird
immer mehr' zu einer Art Symbol der verlorenen Heimat
selbst. Gewiß wird sie angesprochen, gewiß geht'
Hebel auf ihre Briefe und ihre Klagen ein, — aber er
sieht durch die Geliebte hindurch das Oberland und
spricht mit diesem in der Person der Freundin. Freilich:
zu Beginn des Briefwechsels ist Gustave in der Erinnerung
Hebels noch voll gegenwärtig und hält sich darin
auch gegenwärtig durch Äußerungen ihres sehr bestimmten
Charakters. An diesen Äußerungen. fällt ohne
Mühe besonders auf, daß Gustave eigentlich meistens
klagt: sie ist häufig krank und berichtet darüber regelmäßig
an Hebel, der sie ebenso regelmäßig tröstet, in
diesem Stadium des Briefwechsels meist launig und vielleicht
etwas überheblich. So einmal im März 1795:

Hebel: Sie werden nicht meinen, daß ich alle Tage um

gut Wetter für Sie bete. Heut duftet und regnet es schon,
wieder und ist so kalt und unfreundlich. Bleiben Sie ja
in der warmen Stube, beste Jungfer Gustave! Setzen
Sie sich - an kein Fenster, auch nicht zu nahe an (Jen
Ofen, halten Sie Händ und Füße trocken. Die Frau
Pfarrerin wird schon im Hof und in der Küche sorgen.
Graben Sie nicht "an den Zähnen; essen Sie nicht -zu
heiß! Das Kalte verbietet sich von selbst. Sie werden
das alles selber wissen und in acht nehmen. Sehen Sie
meinen Rat aber als einen Beweis an, wie unruhig ich
bei Ihren Schmerzen bin, und wie sehr ich wünsche, Sie
bald davon befreit zu wissen . . .

Sprecher 2: Auch über das Wetter beklagt Gustave sich,
und auch über diesen Punkt muß Hebel sie beruhigen.
S,o wünscht er ihr am 1. Dezember 1792 schon ein gutes"
Neues Jahr mit besonders gutem Wetter:

Hebel: Die Morgensonne soll Ihnen so bescheiden, wie
sie diese Jahreszeit zu sein pflegt, entgegenblicken, wenn
Sie die Augen eröffnen, und ja keine Wolke den Spaß
verderben, und es soll ganz still und heiter in der Luft
sein. Wenn's gewindet und geschneit sein muß, so kann's
ein paar Tage vorher geschehen, denn die Reben werden
doch bis dorthin gedeckt und der Köhl an der Gartenmauer
eingeschlagen sein, und der schöne heitere Neujahrsmorgen
soll Ihnen und allen braven Leuten nah
und fern eine gute Vorbedeutung sein für das ganze
Jahr, daß Sie nicht mehr nötig haben, das Maul zu
hängen ...

Sprecher 2: In den Jahren nach 1800 ist oft von einem
wehen Finger Gustaves die Rede und von einem Leiden
an den Händen, vermutlich einem ^Ekzem. Um den Finger
kümmert sich Hebel angelegentlich:

Hebel: Seien Sie nicht gleichgültig wegen Ihren Fingern,
der Winter ist lang und es gibt viel zu spinnen und zu
nähen, und im Frühling zu säen, wenn ich die schönen
Blumensamen schicke. Fragen Sie bald einen geschickten
Arzt um Rat, der Ihnen vielleicht mit einem leichten
Mittel von dieser Inkommodität hilft. Und Sie sind so
brav und so gut und verdienen von allen Inkommodi-
täten befreit zu sein . . . (Fortsetzung folgt)

üecleityung bze öbecetjeimfdjen Rultucpmfes

Paul Stintzi, Mülhausen:

I.

Freiburg war im Verlaufe des Monats November
der Schauplatz zweier die Gegend am. Oberrhein
in besonderer Weise berührenden Preisverleihungen
.

Den Robert-Schumann-Preis erhielt Dr. Eugen
Reinhard für seine an der Universität Freiburg
vorgelegte Dissertation über die Siedlungsgeschichte
des Sundgaues. Dr. Reinhard hatte dieses
interessante Thema von dem heute emeritierten
Universitäts-Professor Dr. Metz erhalten und in
jahrelangen, an Ort und Stelle durchgeführten
Forschungen erfolgreich durchgeführt. Sein Buch,
das im Konkordia-Verlag in Bühl erschienen ist
ujid hier besprochen wurde, ist ein wertvoller
Baustein zur Geographie und Geschichte des
Sundgaues. Mit dem Preis, den zum ersten Mal

vor zwei Jahren Frl. Dr. Stintzi (Mülhausen) für
ihre Arbeit über Heinrich Hansjakob und Frl.
Schwer (Westfalen) für ihre Arbeit über Speyer
erhalten hatten, war auch die Überreichung einer
Robert-Schumann-Medaille verbunden. Wir beglückwünschen
unseren Mitarbeiter Dr. Reinhard
(Karlsruhe), dessen Studien über den Sundgau
noch manches Problem aufklären werden, aufrichtig
und herzlich zu der wohlverdienten Auszeichnung
.

Ende November, am „Tag der Heimat", erfolgte
die Überreichung des Oberrheinischen Kulturpreises
in Anerkennung der Pflege des alemannischen
Dialektes an zwei elsässische Dialektdichter
, N. Katz und E. Storck, durch den
Herrn Oberbürgermeister der Stadt Freiburg auf
Vorschlag des Landesausschusses „Tag der Heimat
", dessen Vorsitzender, Prof. Dr. Asal, in
einer prächtig umrahmten, sinnvollen Feier im

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