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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1967-01/0006
historischen Kaufhaussaal in Freiburg die Namen
der Preisträger bekannt gab.

Nathan Katz stammt aus Waldighofen im oberen
Tal der III und ist der Dichter des Sundgaues
schlechthin, dessen urchigen, erdverbundenen
Dialekt er in geradezu meisterhafter Weise
zu literarischer Größe erhoben hat. Nicht umsonst
hat er in Johann Peter Hebel sein Vorbild
gesehen und bei ihm gelernt. Er ist der Verfasser
eines Gedichtbandes über den Sundgau, in dem
er, wie wohl keiner vor ihm, die Landschaft
mit ihren welligen Hügeln, ihren früher so stillen
Tälern, ihren anheimelnden Dörfeirn, ihren
oft schwer geprüften Menschenschlag schildert.
Den Frühling mit dem Blust der Bäume, den
Sommer mit der Stille der Dörfer und dem Reifen
goldener Ähren, den Herbst mit dem Leuchten
der Wälder und dem glunzenden Feuer der
Hirtenbuben, die langen Winterabende, an denen
die Erinnerung an die gefallenen Kameraden des
ersten Weltkrieges tief ans Herz greift. Er hat
auch Dramen verfaßt, keine, in denen es um
sensationelles äußeres Geschehen geht, sondern
eher lyrische Epen, in denen aber des Dichters
Heimatliebe und Güte mitschwingen. Sein Legendenspiel
von den Pfirter Erdweiblein, ein erschütterndes
Drama „Annele Balthasar" aus der
Hexenzeit, das in ein Bekenntnis zur Liebe und
Güte ausmündet und reinste Poesie auf die
Bühne bringt. Wie viele seiner Werke sind nur
Manuskripte geblieben! In sprachlicher Beziehung
ein Meister des Sundgaudialektes, das ist
der heute in Mülhausen lebende Dichter.

Emil Storck ist aus Gebweiler gebürtig, jünger
als N. Katz, der seine 70 Jahre unlängst überschritten
hat. Von Storck hat man erst in den
letzten Jahren gehört, denn seine Werke kamen
nie in den Buchhandel, wurden nur an Freunde
verschenkt. In Radiosendungen wurde sein Name
genannt, und heute gilt er als einer der besten
Dichter des oberen Elsaß. Gedichtbände sind von
ihm erschienen. Sie offenbaren einen Menschen,
der sich in die Geheimnisse der Natur vertieft
hatte und der immer wieder sein schönes Blumental
am Fuß des Großen Belchen durchwanderte
. Er sitzt ja mitten in dieser herrlichen
Landschaft, wo die Wälder rauschen, die Bäche
über die Felsen springen, der Beichensee geheimnisvoll
dunkelt, die Bergweiden vom Glockengeläut
der Herden erfüllt sind und der Blick weit
über die Oberrheinlande geht. So sind seine
Gedichte ein Preislied auf die Natur, auf Berg
und Tal, aber dann klingt auch manches Leid
durch manches Gedicht. Das ist des Dichters
Erleben, doch nicht niedergedrückte Erinnerung.
Storck schaut weiter über alles Menschenleid, —
ist nicht das Wandern auf den Berg ein Symbol
für dieses Aufwärtsschauen? Storck hat auch
etliche Schauspiele geschrieben, das eine über die
Sage vom goldenen Wagen im Beichensee voll
tiefer Symbolik, ein Drama über das weiße
Mädchen im Felsental, einen Einakter „Vergib
uns unsri Schuld" um Peter von Hagenbach, in
dem das Historische den Hintergrund eines schon
tiefen Mysterienspieles wird, ohne von seinen
Ubersetzungen französischer Dichtungen und

eines neuen Vierakters über Mathis Neithart,
den Meister des Isenheimer Altars, zu sprechen.
Auch Storcks Dialekt ist echt, erd- und volksverbunden
, oft kraftvoll, aber dann auch wieder
zart. — Beiden preisgekrönten Dichtern und
Hütern der alemannischen Sprache gilt unser
aufrichtiger Glückwunsch.

Ii.

A. Frenzel, Neuenburg:

Wie jedermann weiß, hat Gottvater seit Äonen
eine Art himmlischen Streifendienst — versehen
von den alten Göttern Griechenlands —
über unserer Erde eingerichtet. Zu Carolus
Magnus' Zeiten waren ihre Berichte voll Zuversicht
über die Länder am Rhein. Doch bald hielt
sich Athene die Ohren zu bei dem wechselseitigen
Geschrei. „Habsburg" tönte es, dann wieder
„Burgund" und später „Roi soleil" und
„Türkennot". Dann „Liberte, Egalite" — bloß
keine Fraternite denkt Hermes auf seiner Runde
und erstattet traurig Bericht. Hera geht es nicht
besser: „Heil Kaiser Dir", siegreich wollen wir
Frankreich schlagen, Revanche, Großdeutschland,
heim ins Reich dröhnt es weiter: Gloire de France
und unbewältigte Vergangenheit.

„O du christliches Abendland!" seufzt sie auf,
langt tief in die Zeiten zurück zu den Parzen,
wühlt in deren Fadensammlung, bis sie einen
Goldfaden mit dem Etikett „Gaius Cilnius Mae-
cenas" herausgebäuselt hat, läßt ihn auf ihrer
Wolkenfahrt zwischen Vogesen und Nordmeer
wie eine Grundangel durch die Lande schleifen,
bis sie damit den neuen Maecenas, den privaten
Stifter, trifft, der fern von aller Staatsräson und
Modeströmung, das Große, das Ganze im Auge,
sein Füllhorn ausgießt.

Maecenas junior wandte sich also an den Rat
der Weisen, sprich Landesausschuß „Tag der
Heimat", mit der Bitte, ihm zwei elsässische Persönlichkeiten
, die auf dem Gebiete des alemannischen
Schrifttums Beispielhaftes geleistet hatten,
zu präsentieren.

Aufs Beste war man vorbereitet: Die Geister
der alemannischen Dichtung beschworen und
samt ihren Freunden hergeleitet. Im Freiburger
historischen Kaufhaussaal begrüßte sie Herr
Gäng mit seinem Vorspruch von der „liebi Ale-
mannesproch". Ein gemischter Chor unter der
Leitung des bekannten Chorkomponisten Ernst
Ketterer wand einen Kranz aus Wehmut, Innigkeit
und sprühender Lebensfreude um diese
Feierstunden. Welche Freude, Altmeister Franz
Philipps „Alimannisch Land" bei dieser Gelegenheit
zu hören!

Nun sollten zwei Lyriker feierlich und öffentlich
den Preis für ihre Dichtungen bekommen.
Wie soll man dies aus der Märchenwelt des goldenen
Topfes in die Wirklichkeit des 26. November
1966, 10 Uhr vormittags, transponieren?

Durch eine Begrüßungsansprache des Vorsitzenden
des Landesausschusses, Prof. Dr. Asal!
Er kleidete alles, was Hera mit ihrem goldenen
Faden eingefädelt hatte, in gemessenes Schriftdeutsch
.

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