http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1967-01/0008
lieder verschlingen sich mit denen von Hoffnung,
Freude und Glück. Aber auch das Bangen, den
Menschen des Sundgaus seit Generationen ver-
schwistert, steht in ihnen, das Unheimliche, das
Gespenstische, die Todesdrohung.
Man fragt sich, wie dieser zarte alte Herr
das trägt. Die Antwort lautet: In der Stille und
dem Frieden des Herzens. Er klagt über den
Haß, über die Zerstörung des Schönen in der
Welt. Er will Versöhnung, Liebe und Verständnis
. Und das lebt er uns vor. Auf ganz privater
Ebene mit Madame, der Verkörperung des gesunden
Menschenverstandes, der Französin, die
offensichtlich kein Wort Deutsch spricht, der die
erste Widmung in seinen Sundgäu-Gedichten gilt:
A ma chere femme Frangoise Katz nee Boilly.
Der Berichterstatterin, einer „Hereingeschmeckten
", werden die alten Badener und Elsässer das
Recht absprechen, tüber diese herzwunden Dinge
zu urteilen. Aber sie möchte dennoch kühnlich
den Finger heben und sagen: Seht, dieses Dichter
-Ehepaar demonstriert uns das Europa von
übermorgen.
Hat die Göttin vielleicht nur, um uns dieses
Bild der Zukunft vor Augen zu führen, den neuen
Maecenas und seine Kulturpreise an jenem goldenen
Faden in die Gegenwart gezogen?
Soll sie in hundert Jahren auf ihrer Wolkenfahrt
den Rhein hinab wieder die Hände ringen
müssen: O du christliches Abendland?
Iii.
Emil Baader, Lahr:
Zwei verdiente elsässische Mundartdichter wurden
kürzlich bei einer Feier im Rathaussaal zu
Freiburg im Breisgau mit dem von einem nicht
genannten Mäzen und Heimatfreund gestifteten
Oberrheinischen Kulturpreis ausgezeichnet: der
zu Mülhausen lebende Stadtbibliothekar Nathan
Katz, welcher im Mai 1966. beim Langenhardter
Hebelschoppen mitwirkte, und der in Gebweiler
lebende Professor i. R. Emil Storck. Das Bild
sowie Proben des Schaffens von Nathan Katz
finden sich seit Mai letzten Jahres in dem be-,
rühmt gewordenen Langenhardter Hebelbuch.
Nunmehr sandte auch' der Preisträger Emil Storck
Grüße und sein Bildnis für das Hebelbuch. Für
die Hebelfreunde stiftete Emil Storck seine im
Selbstverlag erschienenen Bücher; so die Gedichtsammlung
„Lieder vu Sunne un Schatte", ferner
das schöne Versbuch „Melodie uf der Panfleet";
außerdem das dramatische Gedicht „Der goldig
Wage" sowie das Drama „Maidle wiss im Felse-
tal" und den Einakter „Vergib uns unsri Schuld"
und eine weihnachtliche Märchengeschichte.
Lucien Sittler (Colmar) würdigte bei der Preisübergabe
sowohl Leben und Werk von Nathan
Katz wie auch von Emil Storck.
Als Probe aus dem lyrischen Schaffen von
Emil Storck sei das Gedicht „Winternaclit" mitgeteilt
:
Mit Wulke gfietert
krobelt der Himmel
iwer Schatte vu Bärge.
Trepfelräge
wäscht mit naßkalter Finschtre
ufgweichte Wäg.
An de Gräms vu de Gärte
lauife Träne un keie
lislig uf blindi Stei
oder uf modrigi Bletter,
gedruckt in"s Weiche vum Grund.
Wil awer d'Stunde dunkler
geischtre dur d'Reih vu de Tanne
wun mit tropfige Mäntel
Wacht steht am Tor vu der Stille,
ziege ängschtligi Träim
durch der Schlof vu de Veegel,
ducke sich Tierle tiefer
unter d'Äscht vu de Hecke.
Un es red't mit sich sälwer,
zwiselt lislig un lüschtert,
wartet mü wassrige Auige
still uf schlofrigi Antwort
vu de Bäch un de Wälder
wulkegladeni Nacht.
Das von Professor Emil Storck gestiftete Foto
sowie Proben aus seinem reichen Lebenswerk
finden einen Platz im Langenhardter Hebelbuch.
O. Weiner, Konstanz:
<$wf Rad von ^msenfcocf: Keffebertdjt vom f)odjt:t)rtn 1764
„Vom Rheinfall ab wird in der Hauptsache
nur noch Salz aus Hall in Tirol und Reichenhall
auf Rhein, Aare, Reuß" und Limmat zu Schiff
befördert; andere Waren transportiert man zu
Lande wohlfeiler, man zahlt pro Zentner 10 bis
12 Kreuzer bis Basel. Früher aber waren die
Schaffhauser Schiffmeister wohlhabend. Von den
.Spediteuren in der Stadt besuchen Johann Jacob
Ammann und Joh. Heinrich Ott die Leipziger,
die Frankfurter und die Zurzacher Messe".
Letzterer Ort ist allein durch seine Messen
„merkwürdig", d. h. bemerkenswert. Der Zulauf
der Kaufleute ist „allgemein" und „absonderlich
" im Verhältnis zur Kleinheit der Gemeinde.
Schweizer, Schwaben, Elsässer, Lothringer und
Franzosen, aber auch Italiener sind hier an den
Messetagen zu sehen: „Die jetzige Messe, im
August 1764, wird durch das große Wasser viel
behindert, viel Kaufmannsgüter blieben liegen".
Pelzwerk, Tücher, Wollsachen werden angeboten.
„Unerachtet die Franzosen Canada verloren haben
, komrtit von dort Pelzwerk durch Contre-
bande". Mülhausen, Genf, Basel, Paris, Schaffhausen
, Bern, St. Gallen, Herisau, Aachen, Iserlohn
, Schwaz in Tirol sind vertreten. Und doch
hat die Messe viel von ihrem ehemaligen
„Lustre" verloren.
Etliche 90 „Springbrunnen" sieht der Reisende
in Basel; in dem medicinischen, markgräflichen
Garten sind „gepropfte" Kirschbäume. Herr Sara-
sin baut am Rhein ein großes Haus; merkwürdig
ist auch der Markgräflich Durlachische Palast. Der
6
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1967-01/0008