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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1967-01/0013
findet sich nirgends weder billiger noch rechtlicher
Grund".

' Man darf wohl sagen, daß in diesen Sätzen
von untertäniger Demut wenig zu finden ist. Der
moralische Zeigefinger des Finanzministeriums
müßte beschämt einknicken ob soviel staatsbürgerlichem
Opfersinn. Die ganze Hartnäckigkeit
dient ja nicht dem eigenen Gewinn, sondern
stellt sich ganz in den Dienst an der Pflege der
Wissenschaften. Es geht um den Bau des neuen
Schulhauses. „Dieser neue Bau kann also ohne
Verwirrung aller Gemüter, ohne Störung öffentlichen
Zutrauens, ohne Ärgernis eben so wenig
zurückgeworfen, als ohne Bezug des Stumpfgeldes
, bewirket werden".

Der Entschluß, ein neues Schulhaus zu bauen,
war der Gemeinde gewiß nicht aus dem Drang
zum höheren Wissen gekommen. Umso weniger
konnte sich die Stadt die Mittel zu diesem Unternehmen
schmählich entziehen lassen. Der Holzertrag
der Inseln stellte die Haupteinnahme der
Kasse dar. Man konnte weder Stadtrat noch Bürgerschaft
verantwortlich machen für die französische
Revolution, für die verschiedenen Kriege
und Friedensschlüsse, Entdeckung von Menschenrechten
, Freiheiten und Brüderlichkeit. Alles zusammen
aber hatte die Stadt ihres Besitzes auf
dem linken Rheinufer beraubt, während die
wohlhabenden Gemeinden des weiter zurückliegenden
Landes ihre Gemarkungsgrenzen durch
alle Zeiten hindurch hatten wahren oder gar
vergrößern können.. Welche aus übler Erfahrung
erwachsene Ironie spricht aus dem folgenden
Satz: „Der Stadtrath kann der Stadt als einer
„armen Waise ihr Eigenthum nicht verschenken
und die hohe und höchste Behörden sind zu
weise und zu gerecht, als daß sie eine solche
große und übel angewendete Weichherzigkeit
begnehmigen könnten..."

Na,ch einigen Bemerkungen über den Schulhausneubau
leitet das Schreiben zu den Bemerkungen
des Finanzministeriums über, welche
die ehemalige Zugehörigkeit Neuenbürgs zu den
v. ö. Landen betreffen. Neuenburg hatte während
seiner jahrhundertlangen Zugehörigkeit zu Österreich
immerhin an dritter Stelle des 3. Standes
rangiert. Es hätte alle Stadien eines bewegten
Schicksals durchlaufen, Höhepunkte bürgerlichen
Wohlbehagens und Reichtums erlebt, Münztage
Und Landtage in seinen Mauern gesehen, Kaiser
und Könige hatten die Stadt aufgesucht und ihre
Privilegien bestätigt; es hatte alle Kriegsschrek-
ken, Vernichtung und Verzweiflung erlitten. Aus
einer Stadt, in der Bonifatius Ämerbach, Para-
celsus und-Erasmus verkehrten, war es zu einer
Stadt materiellen und geistigen Elends geworden.
Aber es hatte ein volles Leben gelebt, und seine
Stimme war beachtet worden. Seitdem es 1806
widerstrebend zu Baden gekommen war, hatte
sein Leben wohl einen ruhigen und gesicherten
Verlauf genommen; es war im Vergleich zu seine
^ Elendszeit im 18. Jahrhundert ein unverkennbarer
Aufstieg zu verzeichnen. Dies geschah
aber um den Preis seiner Persönlichkeit. Es war
zu einem bedeutungslosen Ort innerhalb eines
Bezirksamtes geworden. Die umliegenden alt-

mairkgräflerischen Orte schauten mit einer Vor-
eingenomriienheit aüf (Jen „Fremdkörper" her^b,
die ihre Ursache in den alten Flehde^t aus der
österreichischen Zeit hatte, sowie in den konfessionellen
Gegensätzen und in der Wurzellosigkeit
des größten Teiles der Neuenburgeir Einwohner
gegenüber der sicheren Bodenständigkeit der
Markgräfler Bevölkerung/ All dies schwingt in
den folgenden Sätzen mit:

, „Nach der Erklärung des hohen Ministerial
Beschlusses vom 16ten Juli 1. J. soll verordnungsmäßig
das zum Flußbau verwendete Holz nach
den laufenden Preisen bezahlt werden. Die Stadt
Neuenburg kann sich keinen Grund denkeji,
warum zu ihrem Schaden eine Ausnahme von
dieser allgemeinen Verordnung gemacjit werden
wollte. Ihr ehemaliger Flor, ihr durch Elemente
und Feinde herbeigeführter Ruin nehmen ebensowohl
das Mitleiden als ihr dermal aufstrebender
Muth und Regsamkeit die Aufmunterung
aller hohen Behörden und äl}er Mitstaatsbürger
in Anspruch,. Hätte sie gleich zu jener Zeit, wo<
diese'Gegend noch österreichisch war, zu einem
etwaigen Flußbau das Wuhrholz umsonst hergeben
müssen, so dörfte doch ,auch in Betracht
tung kommen, daß zu jenen Zeiten der Flüßbau
nicht jene schöne systematische Anordnung hatte,
wie heut zu Tage in unserem ganzen Lahde.

Die österreichische Regierung hätte , beim
Mangel einer Flußbau-Kasse nie eine so große
Baute unternommen oder durch Noth gedrungen
hätte sie alle benachbarten Rheingemairkungeh
ins Mitleiden gezogen, dan^iit keiner zu hart geschehe
, und das umso eher gedurft, da die Inseln
nicht versteuert wurden; sie hätte nur einige
Tausende, nicht 400 000 Faschinen, nicht ebenso
viel Flechtgerten, nicht das Doppelte an Pfählen
, nicht der ganzen Gemarkung sämtliches
Hoiz gefordert".

Wie sarkastisch wird nun die Ironie: -

„Im Großherzogthum Baden ist hochweislich,
wie bei der Brandversicherung, eine allgemeine
Steueranlage zum Straßen- und Flußbau veranstaltet
, um die Last der einzelnen., Leidenden
durch allgemeines Mitleiden zu erleichtern; diese
Kasse ist wohltätig, gibt Trost und, Stützpunkt
für alle, abwechselnd läßt sie jedem Hilfe ange-
deyhen und seelig ist der, der ihrer nicht bedarf.
Wer die angesetzten Steuern entrichtet, darf
auch die feyerlichst versprochene Hilfe im geeigneten
Falle vertrauensvoll erwarten, und
Neuenburg umso mehr, da die Stadt und die
Bürger wenigstens 9/10 mehr Steuern entrichten,
als unter Österreichs Herrschaft. Wir stehen unter
anderen Einrichtungen und Gesetzen und
können nimmer nach Österreichs Gebrauch behandeln
und behandelt werden.

Unsere Stadt kann auch deswegen in ihrer
Stumpfgeldr-Forderung pr 19 319 fl nicht angefochten
werden, weil nach den dermaligen Gesetzen
die,Hälfte der Kosten von jener Gemeinde
succesive zur Flußbau-Kasse vergütet werden
müssen, deren Gemarkung durch die Anlage vor
Überschwemmung gerettet werden".

Großartig steht folgender Satz voller Skepsis

da:


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