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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1967-02/0006
Alter, Wunderlichkeit und Zerfall der körperlichen und
Geisteskräfte selber lästig werden und ihr Verlust uns
gleichgültig, ja tröstlich wird. Aber diesen Trost hätte
ich Ihnen nie wünschen mögen. Es ist besser, man trenne
sich mit Schmerz als mit Gleichgültigkeit von denen,

denen man so viel schuldig ist; besser, dem Andenken
der Heimgegangenen Liebe und Dank mit Schmerz zu
opfern als gar nicht. Ich wünsche nicht, daß meine Mutter
so lange gelebt hätte, bis ich ihr den Tod hätte
wünschen müssen ... (Schluß folgt.)

Konstantin Schäfer, Neuenburg:

Vom Z)ridjbau

Die Kämpfe mit dem Finanzministerium waren
kaum ausgetragen und die Schulden noch
nicht alle bezahlt, als im Oktober 1822 die Wasser
- und Straßenbau-Inspektion Freiburg dem
Ministerium des Innern einen alarmierenden Bericht
über den Zustand des Neuenburger Rheinbaus
vorlegte. Das Zugemäch hatte dem Angriff
des Wassers nicht standgehalten. Es war derselbe
Dammbau, dessentwillen Neuenburg die
hohe Gunst des Finanzministeriums verloren
hatte. Die Wirkung des Dammes entsprach nicht
dem, was man sich von ihm erhofft hatte. Da die
tiefer liegenden Rheininseln nicht erlaubten, den
Damm zu schließen und ihn damit zu einem
wirklichen Zugemäch auszubauen, mußte das
Mittelstück als ein versenkter Überfall angelegt
werden. Der direkt unter dem Hochufer vorüberströmende
breitere Rheinarm verursachte hinter
dem Überfall eine Vertiefung des Bettes und erzeugte
einen Gegenstrom, der den Untergrund
des Dammes unterhöhlte. Durch diese Vorgänge
entstand in diesem Rheinarm ein stärkeres Gefälle
, das nunmehr die Hauptwasser des Rheines
direkt auf die Stadt zu ziehen drohte. Damit
mußte sich der Talweg an das badische Ufer verlegen
. Dieser Talweg des Rheines war aber als
Grenze zwischen Deutschland und Frankreich
festgesetzt. Diese hätte sich um über einen Kilometer
nach Osten verschoben und über 2000 Morgen
Inseln französischen Boden werden lassen.
Der dicht an der Riese entlangfließende Strom
wäre für die Stadt eine ernste Gefahr geworden.

Um sie abzuwenden, waren 90 000 Faschinen
und ca. 300 cb - Klafter Felsstücke erforderlich;
die Kosten sollten 30 000 fl betragen. Im Voranschlag
1822/23 waren aber für „Reparation sämtlicher
Bauten auf der Neuenburger Gemarkung"
nur 4000 fl eingesetzt. Die Wasser- und Straßenbau
-Direktion forderte entweder einen Nachtrag
oder einen Vorschuß auf das folgende Jahr.
Schleunige Hilfe war nötig.

Am 23. X. 1822 wird der Bericht dem Staatsministerium
zum Vortrag bei seiner Königlichen
Hoheit vorgelegt, am 20. XI. an den Geheimen
Referendär Bauer verwiesen. Das Oberforstamt
Kandern wird beauftragt, 90 000 Faschinen in
den in der Nähe der Stadt Neuenburg gelegenen
Waldungen zu schlagen. Die Wasser- und Straßenbau
-Direktion wird ersucht festzustellen, wieviel
Mittel noch aus ihrem Etat erübrigt werden
könnten.

Tulla selbst erstattet am 3. XII. dem Innenministerium
über die Lage Meldung. Er hatte

die Versteigerung der Faschinen- und Steinliefe-
rungen ausschreiben lassen. In den Steigerungs-
bedingungen hatte er zugesichert, „daß die Bezahlung
durch die Wasserbaukasse Müllheim
pünktlicher als bisher geschehen ist, geleistet
werde." In den folgenden Sätzen berichtet Tulla
von einem beschämenden Vorfall: „Allein die
Steigerer setzten auf diese Zusicherung deshalb
kein Zutrauen, weil ungeachtet ähnlicher Versprechungen
, welche bei früheren Versteigerungen
auf das feyerlichste gemacht worden sind, die
Bezahlung Jahr und Tage lang aufgehalten und
dadurch die ärmeren Übernehmer, welche nicht
so lange zuwarten konnten, genötigt wurden, ihre
Verdienstzettel um bares Geld mit einem Verlust
von 15 bis 25 Prozent und noch mehr zu verkaufen
. Dieser Umstand hatte zum Erfolg, daß bei
der neuerlichen Versteigerung nur eine äußerst
beschränkte Konkurrenz stattfand und die Über-
nahms-Angebote so hoch gespannt wurden, daß
wir Anstand nehmen müssen, den größeren Teil
der SteigeTungslose zu ratifizieren."

Es ist bitter, wenn Tulla dem Ministerium
erklären muß: „Die Ehre der Regierung und das
Interesse des höchsten aerarii fordern dringend,
daß der so tief gesunkene Kredit der Wasserbau-
Kasse wieder gehoben werde, welches nur dadurch
erwirkt werden kann, daß den Arbeitern
prompte Bezahlungen nicht nur zugesichert, sondern
auch richtig geleistet wenden."

Die Mittel der Kasse waren bereits durch die
ersten Abschlagszahlungen erschöpft. Geld durch
die Einstellung anderer Arbeiten zu gewinnen,
war unmöglich. So forderte auch Tulla die unverzügliche
Anweisung der benötigten Summe
von 26 000 fl. Man sei in der peinlichen Lage,
die bis jetzt geleisteten Arbeiten und Lieferungen
wiederum nicht bezahlen zu können. Die
Folge werde sein, daß kaum mehr Arbeitskräfte
und Lieferanten zu finden sein würden, es sei
denn zu hohen Preisen, was die Kosten um mindestens
10 000 fl erhöhen würde.

Man könnte in der abergläubischen Voreingenommenheit
gegen die Zahl 13 bestärkt werden,
wenn man feststellt, daß die eiskalte Ablehnung
des immer noch über seine Niederlage von 1819
erbosten Finanzministeriums am 13. XII. verfaßt
wurde. Es weist das Innenministerium an, sich
unmittelbar an das Staatsministerium zu wenden.

Inzwischen nahm die Wasser- und Straßenbau-
Direktion nochmals einen Fischzug in ihrer Kasse
vor; es wollten keine Goldfische anbeißen. Der
Fond für die Etterstraßen betrug noch 55 850 fl,

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