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Altertümer aufzeichnete. Denn von Basel an
ging die Reise zu Fuß weiter durch Südfrankreich
und Oberitalien. Sie beanspruchte fast fünf
Monate. Ende September traf Mylius wieder
wohlbehalten bei seinen Lieben ein. Nun schrieb
er in Kirchen ohne Vernachlässigung seines
Pfarrdienstes ein großes vierbändiges Werk zu
je 700 Seiten über jene Reise, das sein Reisegefährte
Maler Huber illustrierte und das er 1818
und 1819, als er schon nicht mehr in Kirchen,
sondern in Grünwettersbach bei Karlsruhe als
Pfarrer wirkte, im Selbstverlag zu Karlsruhe
herausgab. Er betitelte sein Werk „Malerische
Fußreisen durch das südliche Frankreich und
£inige Teile von Oberitalien". Eine Ausgabe dieses
umfangreichen Werkes befindet sich in der
Landesbibliothek zu Karlsruhe. Durch diese
Schrift erwarb er sich einen beachtenswerten
Namen als Literat.
15 Jahre, von 1802 bis 1817, wirkte Pfarrer
Mylius segensvoll in Kirchen. Knapp bevor er
seinen neuen Dienstposten in Grünwettersbach
antrat, schrieb er in eine Bibel seiner Gemeinde
Kirchen folgende Notiz: „Diese Bibel wurd£ für
die dritte Säkularfeier des Reformationsfestes
angeschafft und von einem 90jährigen Greise, in
Begleitung einer großen Zahl der vornehmsten
hiesigen Bürger, durch das Dorf in die Kirche
getragen, dort auf den Altar gelegt und dann in
der Kirchenpredigt auf das Hauptverdienst der
Reformation, auf den durch sie für alle Menschen
errungenen freien Gebrauch der heiligen
Schrift, gehörige Rücksicht genommen wurde.
Man wünscht sehr, daß alle künftigen hiesigen
Pfarrer für die Erhaltung dieser Bibel und das
Sammetkissen, auf dem sie öffentlich erschien,
Sorge tragen möchten, und daß mein Herr Nachfolger
dieses Denkmal eines so wichtigen Festes
in einem auf Kosten des Almosen gemachten
Kistchens im Registraturkasten aufbewahren
wolle. Kirchen, den 14. November 1817, Mylius,
Pfarrer." Mit dieser letzten Eintragung nahm
Mylius von seiner Kirchengemeinde Abschied.
Ihm folgte als Pfarrer der Sohn seines Vorgängers
, ebenfalls namens Maler.
Als Pfarrer in Grünwettersbach
(1817 bis 1835)
Wahrscheinlich Ende November 1817 übersiedelte
Mylius von Kirchen nach seinem neuen
Dienstorte Grünwettersbach im Kreise Karlsruhe
mit Frau und Tochter. Auch seine bisherige
nun 38 jährige ledige Haushälterin Veronika
Geiger-Ellrichshausen folgte ihm dahin. Hier erscheint
seine erste Eintragung und Unterschrift
im Totenbuch am 11. 12. 1817 und im Ehebuch
am 16.12.1817. Wie bereits erwähnt ließ er 1818
und 1819 sein umfassendes Reisebuch „Malerische
Fußreisen" in Karlsruhe drucken. Im Jahre .1823
wurde ihm — wahrscheinlich altershalber —
Vikar Wirth zur Hilfe beigestellt. Diesem folgte
1827 Vikar August Sievert.
Inzwischen hatte es im Pfarrhaus zu Grünwetter
sbach zwei Hochzeiten gegeben:
Am 18. März 1824 ehelichte des Pfarrers langjährige
Haushälterin Veronika Geiger-Ellrichshausen
(„Hebels Vreneli") in ihrem 45. Lebensjahr
den Grünwettersbacher Küfer Wilhelm
Friedrich Rohrer. Die Trauung nahm Pfarrer
Mylius in seiner Kirche vor. Veronika Rohr er
gab nun den Dienst in der Pfarrei auf und zog
in die Wohnung ihres Ehegatten in Grünwettersbach
ein.
Zwei Jahre später (am 19. 1. 1826) traute
Pfarrer Mylius in seiner Grünwettersbacher
Kirche seine Tochter Helene Christine Henriette
Mylius mit dem Hofrat und Professor Wilhelm
Ludwig Volz aus Karlsruhe - Durlach (geboren
11. 3. 1799) „ehelicher lediger Sohn des weiland
Herrn Wilhelm Ludwig Volz, Probstes in Karlsruhe
."
So verließen zwei Frauen kurz nacheinander
das Pfarrhaus zu Grünwettersbach. Nicht lange
danach — am 22. 9. 1826 — segnete sein lieber
Freund Johann Peter Hebel das Zeitliche. Aber
auch die kirchliche Dienstzeit von Pfarrer Mylius
ging ihrem Ende entgegen. Eine seiner letzten
Eintragungen im Geburtenbuch für Hohenwettersbach
, in welchem Nachbarorte er ebenfalls
als Filiale die Seelsorge besorgte, lautet:
„Aus einem amtlichen Schreiben des Großherzoglichen
hochwürdigen Dekanatamtes Durlach —
Auf Ansuchen des Pfarrers Mylius, welcher der
Führung der bürgerlichen Standesbücher enthoben
zu sein wünscht, ermächtigt das Dekanat den
dermaligen Vikar Sievert zur Führung der
Standesbücher und ihrer Duplikate. Das Dekanat
Durlach, Fr. Sachs, Durlach 10. 1. 1831. — Die
Richtigkeit des Auszuges bestätigt: F. Mylius,
Pfarrer." Damit wurde dem nun bereits 69jährigen
Pfarrer Mylius dessen Amtsführung erleichtert
. Die erste Unterschrift von Vikar Sievert
erscheint im Totenbuch am 16. 2. 1831, im Ehebuch
am 20. 2. 1831 und im Pfarrprotokollbuch
erst am 29. 4. 1832. Im gleichen Buche erscheint
die letzte Unterschrift von Pfarrer Mylius am
10. 11. 1832, aber im Ehebuch schon am 10. 1.
1831, ebenso im Totenbuch. Erst im Jahre 1835
wurde Pfarrer Mylius (73 Jahre alt) nach 41jäh-
riger kirchlicher Dienstzeit in den wohlverdienten
Ruhestand versetzt und übersiedelte in diesem
Jahre von Grünwettersbach nach Karlsruhe,
wo er nur 6 Jahre lang den Ruhestand genoß.
Er starb am 11. 9. 1841 im Alter von 79 Jahren.
Requiescat in pace!
Nachschrift:
1. ) Johann Peter Hebel, des Pfarrers Mylius
guter Freund, dürfte letzteren öfter zwischen
1817 und 1826 in Grünwettersbach besucht haben,
denn die beiden wohnten ja nicht weit voneinander
entfernt. In Kirchen (zwischen 1802 und
1817) dürfte J. P. Hebel wohl nur selten bei
Mylius zu Besuch gewesen sein.
2. ) An dieser Stelle sei auch Herrn Pfarrer
Wilhelm Kumpf in Efringen-Kirchen, sowie den
Herren Pfarrern Siegele, Gegenheimer und Mohr
in Grünwettersbach für ihre freundlichen Angaben
über diesen ihren Vorgänger — Herrn Pfarrer
Chr. Fr. Mylius in Kirchen und Grünwettersbach
— herzlichst gedankt.
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