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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1967-04/0011
Konstantin Schäfer, Neuenburg:

^

Vom Ktyeinbau

(Fortsetzung.)

Der Präsident greift eine weitere Meldung
des Magistrats auf, daß der Rhein „bereits seinen
Lauf grad auf die Stadt Neuenburg mit
solcher Gewalt genommen habe, daß sogar für
die äußeren Gebäude der Stadt die nahe Gefahr
des Einrißes und Einsturzes in den Rhein zu
befürchten stehe", um die Regierung zur Bewilligung
weiterer Mittel zu bewegen. Es wird vorgeschlagen
, das schon vor längerer Zeit angelegte
Streichwuhr um 70 Klafter zu verlängern
und an seinem Ende einen „Sporren" von 20
Klafter Länge und 6 Klafter Breite in den
Strom hinein anzubauen. Die Stadt erklärte sich
bereit, Faschinen und Pfähle aus ihren Waldungen
unentgeltlich zu liefern und auch die Arbeitslöhne
zu übernehmen.

Es mußte mit Bürgermeister Rößler irgendwelche
Schwierigkeiten gegeben haben. Schon
im Juni 1772 suchte Eberenz einen Bauinspektor
für die vorzunehmenden großen Arbeiten. Er
dachte &n den Werkmeister Peter Zipper, den
er für einen tüchtigen Mann hielt. Er selbst bittet
die Regierung darum, ihn mit allen Geldangelegenheiten
zu verschonen.

Die Faschinen für das große Werk wurden im
Zienkener Grün gehauen. Im März 1773 forderte
die Regierung die Stadt Neuenburg auf, Werkmeister
Zipper zur Verantwortung zu ziehen,
weil er die so dringend nötige Arbeit immer
noch nicht begonnen habe. Dieser verteidigte
sich damit, daß er von den zur Verfügung gestellten
1000 Gulden nur 500 erhalten habe, von
denen Professor Eberenz zu Anbeginn noch 150
Gulden als Vorauszahlung seiner Spesen in Abzug
gebracht habe. Mit 350 Gulden sei es aber
unmöglich gewesen, ein solch großes Werk zu
beginnen. Der Magistrat war rechnerisch durchaus
auf der Höhe, wenn er die Regierung aufforderte
, sie möge Zipper befehlen, mehr Arbeitskräfte
einzustellen, weil dadurch weniger
Arbeitstage und damit auch weniger Tagesgebühren
für Zipper in der Abrechnung erscheinen
würden. Die Menschheit macht aus allem ein
Geschäft, sei es Liebe oder Haß, sei es Not oder
Freude.

Um den Auszahlungsmodus entsteht ein längerer
Schriftwechsel, dessen Ergebnis vor allem
darin besteht, den Beweis zu erbringen, daß jede
sachliche Angelegenheit von einer persönlichen
überdeckt wird. Inzwischen hatte Zipper für den
Faschinenbau seinen Schwiegersohn Litschgi als
Aufseher eingestellt. Nach dem Abschluß dieser
Arbeiten behielt er ihn weiter im Dienst als
seinen Unteraufseher, während seine eigene
Tätigkeit als Aufseher sich auf die Ankreidung
seiner „Arbeitstage" beschränkte. Warum sollte
der „anbrüllende" Rhein nicht zu einer flotten
Erwerbsquelle seiner Familie werden? Die Regierung
weist Eberenz an, keinen Lohn an
Litschgi auszahlen zu lassen.

Die Holznutzung der Rheininseln hat immer
zu Beanstandungen Anlaß gegeben. Entweder es

kam mit den Markgräfler Stellen zu schweren
Auseinandersetzungen, die bis zum Einsatz von
Militär führten, oder es gab Unstimmigkeiten
mit der eigenen Regierung. Die Neuenburgei*
konnten nie einsehen, warum sie nicht über das
Holz in ihrem Wald und auf ihren Inseln frei
verfügen konnten. War endlich dem Magistrat
die Erkenntnis aufgegangen, sah doch der einzelne
Bürger die Sache durch seine eigene
Brille. So braucht es uns nicht Wunder zu nehmen
, daß in dieses an und für sich wässerige
Kapitel solch trockene Holzangelegenheiten sich
eindrängen. Nachdem Klein in einem bewundernswert
geschickten Schreiben was vordem
einfach zu sein schien kompliziert gemacht, was
vordem auftrumpffähiges obrigkeitliches Recht
war, in mit verzeihendem Lächeln umranktes
behördliches Gewaltrecht verwandelt hatte, stellt
er mit einem hübschen Satz die Verbindung zum
wässerigen Grundelement her:

„Belangend die weiters klagbare Anzeige, daß
nemblich das Holz zum Theil noch in Inßlen
stehe, wo doch solches mit lten May schon ab-
geführet seyn solte, müßen wir solche für wahr
und gegründet anerkennen. Hingegen ist auch
die Einoßungsgefahr von mehreren Häußeren
dahier so augenscheinlich geweßen, daß der
größte Theil der Burgerschaft zu Abwendung
dißes augenscheinlichen Einsturzes an das Wuhr-
gebäude hat angestellet werden müssen, zu ge-
schweigen, daß nicht in aller Zeit das Holz aus
den Rheininßlen abgeführet werden kann, in-
deme das kleine Waßer zu Schiff oder Wayd-
lingen zu nidrig, zu Fuhrwägen aber allezeit zu
hoch, und so das hoche Waßer zwar zu Schiff
und Waydlingen bequem, hingegen für Menschen
zum Einladen, ohne Lebensgefahr auszustehen
, unschicklich ist."

Professor Eberenz nennt die ganze Angelegenheit
„Rheininsel-Frevel". Er deutet die Sache
mit dem stehengebliebenen Holz anders; er gibt
an, daß „das über die Zeit, freventlicherweise
stehen gebliebene Brennholz meistenteils dem
Magistratspersonal zugehöirte, welches, weil es
immer mit Holz bestens versehen ist, die Not
eben nicht empfand, selbes abholen zu lassen."

Im Oktober 1773 erfolgt die erneute Meldung,
daß „der sehr eng geschlossene Rheinfluß an
dem hier angelegten Werk mit solcher Gewalt
in die Tiefe unterwühlt, daß besagtes Werk
immerhin sich senkt." Dieses Werk war 216
Klafter lang und 6 Klafter breit. Der Magistrat
hält es für notwendig, es dreifach zu überbauen.
Hierzu wären 23 328 Faschinen und 15 552 Pfähle
notwendig, die einen Macherlohn von 388 fl
beanspruchen und einen ebenso hohen Fuhrlohn.
Dazu kommen noch 500 Bund Flechtgerten und
20 Klafter Steine: im ganzen 997 Gulden. Außerdem
sollte für den Notfall stets ein Vorrat von
1000 Faschinen und Pfählen vorhanden setin.

Die Regierung wird bei diesen sich ständig
steigernden Kosten argwöhnisch. Hatte Eberenz
nicht unlängst berichtet, daß alle Rheinwuhr-

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