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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1967-04/0017
Kurt Ueckert:

Bis in die ersten Jahre unseres Jahrhunderts
stand auf dem Gewann Nollen im Eichholz —
einem Ortsteil von Wieslet — ein altes strohgedecktes
Bauernhaus. Es wurde auch „Heidenhaus
" genannt; wohl darum, weil unter dem
Walmdach ein Ochsenschädel hing, der nach
einem heidnischen Glauben das Haus vor Blitz
schützen sollte. Heute noch erzählen alte Leute,
jenes Heidenhaus wäre das älteste Haus im Kleinen
Wiesental gewesen. Die letzte Bewohnerin
des Heidenhauses — Frau Emma Hotz geborene
Kiefer, die jetzt über achtzig Jahne alt ist und
in Langenau wohnt — sagte uns, der Türsturz
habe die Jahreszahl 994 aufgewiesen. Sie wisse
es noch genau, es seien nur drei Zahlen gewesen.
Nun, wenn es auch ein altes Bauernhaus war,
diese Jahreszahl müssen wir bezweifeln. Denn
um jene Zeit war das Kleine Wiesental noch
nicht besiedelt. Das taten erst später weltliche
und klösterliche Herren.

Altbürgermeister Albert Reif von Wieslet
meinte, daß jenes Heidenhaus in seiner jüngeren
Zeit ein sogenanntes Glaserhaus gewesen siein
könnte, dort in der Nähe somit ein Stollen war,
in dem man nach Glaserz grub. Doch darüber
und auch über das wahre Alter des Hauses geben
keine schriftlichen Unterlagen Auskunft.
Aber die Tatsache, daß die beiden Matten oberhalb
und unterhalb des Anwesens „Hüttenboden"
und „Hüttenbroch" genannt werden, läßt uns mit
Sicherheit annehmen, daß an jener Glashütte
doch etwas Wahres sein muß, denn auch im benachbarten
Henschenberg befand sich solch ein
Glaserzstollen, der noch vorhanden, aber teilweise
eingefallen ist.

Ein Gang durchs Haus

Und nun wollen wir in Gedanken einen Gang
durch das Heidenhaus machen und kommen zuerst
in die winzige Küche, die ganz einfach eingerichtet
war. Sie hatte einen Lehmboden und
nur ein kleines Fensterchen zum Hof hinaus, wo
das ganze Jahr über der Brunnen plätscherte.
Vor diesem Fenster befand sich ein Tisch zum
Geschirrwaschen. In der Ecke war das „Chessi"
mit einem großen Kupferkessel, dann kam die
gemauerte Herdstelle. Die hintere Wand barg
den Küchenschrank, dessen Aufsatz mit offenen
Regalen für Teller und andere Küchengeräte versehen
war. Diesem Küchenschrank schloß sich
ein weiteres „Chänsterli" an, das einem für uns
unglaublichen Zweck diente: es war für die Hühner
eingerichtet. Nun, das ist verständlich, wenn
man weiß, wie des nachts, besonders im Winter,
die Füchse um das Haus schlichen. Eine kleine
Holzbank für die Kessel und den hölzernen
„Züber" vervollständigten diese Kücheneinrichtung
.

Eine schmale Tür führte von der Küche hinein
in die Stube, wo man sich meist aufgehalten
hat. Hier befand sich die „Chunst" mit einem
Backofen, der von einer Bank umrahmt war. In

der Ecke stand der Tisch, über dem eine Erdöllampe
hing. Neben dem Tisch hatte die „Wagle"
ihren Platz, in welcher die Hausmutter ihre Kinder
in den Schlaf gesungen hat. Eine Schwarzwälder
-Uhr tickte in geruhsamem Gleichmaß.
Von der Stube führte eine Tür zur Kammer, die
in früheren Zeiten eine kleine Laube hatte. Die
Zimmer waren geweißelt, denn damals kannte
man noch keine Tapeten.

Auf der „Bühni" befanden sich die Schnitztröge
, alle wohlgefüllt mit Früchten aus dem
Obst- und Krautgarten: Kirschen, Birnen, Äpfel,
Zwetschgen und Bohnen. Aber auch etwas Unheimliches
barg diese „Bühni". Wie schon erwähnt
, hing unter dem strohgedeckten Walmdach
seit undenklichen Zeiten ein Ochsenschädel,
geschwärzt von Rauch, der durch das Rauchloch
in der Küche auf die „Bühni" und durch die
„Chlimsen" im Strohdach abzog.

Ein alter Hausbrauch war auch der des „Karfreitags
-Eies". Am Karfreitag mußte der Hausvater
— der Hotz Frieder — ein frisches Ei in
einem leinenen Beutelchen in den First zum
Ochsenkopf hängen. Im darauffolgenden Jahre
wurde dieses Ei wieder heruntergeholt und vom
Hausvater gegessen. Gleichzeitig kam wieder ein

Mi Muettersproch

Mi Muettersproch isch ruch und schwer,

es rumplet, grumplet i de Wort.

Me meint, en wilde Hengst schieß her

vom Berg is Tal, dur d'Baim, durs Ort,

daß d' Stei und Funkche sprützet.

Lueg, wien er d'Ohre litzet,

und d'Hoor und d'Auge glitzet!

Wer baimt und zaimt de fürig Rapp?

E so Gidicht wär gschärfte Trapp.

Mi Sproch isch wien e Wulchemeer.
Si glichet im e Gwitter znacht:
Wie Wulche wählet d'Wort doher,
es blitzget, füret drin und chracht,
da packcht eim zuem Verriße.
Wie dro dur d'Wulche wiße
vo Sterne, fine, lise
ganz milde Schi uf d'Erde blitzt,
es wunderbar dur d'Wort dur glitzt.

Mi Muettersproch isch starch und warm,

Si chunnt mr wien e Muetter vor

i üsre Tracht mit brune Arm

i wiße Güpf und Chruselhoor.

Lueg, wie si d'Chind verschmützlet,

au wann si sützlet, trützlet,

daß im Herz in gützlet!

So isch mi Sproch wie d'Menscheart,

So ruch und starch, so weich und zart.

Richard Gang

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