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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1967-06/0018
Um diese Zeit, vielleicht in den Jahren 1540—
1550, durfte auch der Judenfriedhof angelegt
worden sein. Das genaue Datum seiner Entstehung
ist leider nicht bekannt. Oft war es im Mittelalter
und auch später bei der Begründung einer
Judengemeinde ein wichtiges Anliegen dieser
Corporationen, eine würdige Stätte für das
Begräbnis ihrer Toten zu finden. Das Land wurde
ihnen von der Herrschaft nicht gratis überschrieben
, sondern mußte von ihnen der Herrschaft
bezahlt werden.

In einem Schriftstück vom 8. September 1679
heißt es: „Bey dem Judenbegräbnis haben wir
gantz und gar keine schriftlichen Dokumente; was
es für eine Bewandnis damit gehabt habe, das
weiss der Pfarrer gantz gewiss, dass ein fürstliches
Decret ergangen" (11). Dagegen fand sich
im Generallandesarchiv Karlsruhe (12) betr. „das
von denen in der Herrschaft Rötteln wohnenden
Juden genutzte Begräbnis zu Sulzburg" unterm
27. Juli 1679 eine Notiz, in der von einem „von
100 Jahren her alten Judenbegräbnis" gesprochen
wird. In einem anderen Schriftstück ist
atich die Rede von einem Begräbnisplatz, der auf
„unvordenkliche Jahre zurückgeht, wobei aber
der Begriff in dieser Hinsicht nicht viel besagt,
sondern in diesen Zeiten mangelnden Geschichtssinnes
gewöhnlich drei Generationen umfaßt.
Berthold Rosenthal, Verfasser der Heimatgeschichte
der badischen Juden, Bühl 1927, Seite 27,
nimmt! das Jahr 1546, in dem der Markgraf generell
die Sulzburger Juden in seinen Schutz nahm,
als Zeit der Entstehung an. Der Friedhof ist bereits
auf dem Stich (im Grundriß) von Matthäus
Marian: „Das Städtchen Sulzburg von Westen,
um 1630", (erschienen 1643 in Frankfurt in der
Topographia Sueviae), als „Judenkirchhof" erwähnt
. Merian's Zeichnung dürfte aber lange
vorher, bereits 1590, entstanden sein.

Als im Jahre 1663 die Regierung über die
„Judenkirchhöfe" Bericht forderte, wurde hinsichtlich
des Sulzburger israelitischen Friedhofes
wie folgt berichtet: „Es liegt solcher ungefähr
eine halbe Viertel Stundt hinter dem Stättlein,
gegen den Wald. Ist noch mit einer zum meisten
Theil zerstörten Mauer umfangen ... 50 Fuss lang
und an die 25 Schritt breit und führt noch viel
Gräber. Auf einem sehr großen erhöhten Bührl
befinden sich, wie berichtet worden sei, aus der
Zeit eines großen Judensterbet (Pest?) an die anderthalb
Hundert Judengräber. Der Ort nutzt
niemand und bedient sich das Stättlein in der
Waid darauf." (Schriftstück vom Oktober 1663
GLA Abt. 229 Judensachen-Sulzburg). Aus diesem
Bericht geht deutlich hervor, daß der Gottesacker
schon damals sehr alt gewesen sein muß,
weil die Mauer, die noch heute besteht, teilweise
zerstört war, und daß er zu jener Zeit, als vorübergehend
keine Juden in Sulzburg wohnten,
nicht mehr benützt wurde. Während und nach
dem Dreißigjährigen Krieg waren nur wenige
Juden im badischen Oberland ansässig, womit
auch die vorübergehende Nichtnutzung der Sulz-

11) GLA Abt. 229 Judensachen Hochberg-Sulzburg

12) ebenda

13) GLA Abt. 229, Judenakten Sulzburg

burger Begräbnisstätte etwa 140 Jahre seit der
Vertreibung der Juden aus Sulzburg 1577 bis
1717 erklärlich ist. Wie 1554 in Pforzheim, so
verlangten 1582 auf Schloß Rötteln die landständischen
Ausschüsse von Sausenberg, Rötteln und
Badenweiler, „hinfüro mit keinen Juden beschwert
zu sein," und Markgraf Georg Friedrich
von Baden verfügte in seinem Testament vom
17. November 1615, daß die Juden aus seinem
Fürstentume, den Graf- und Herrschaften ausgeschafft
, und „ihrer keiner zu ewigen Tagen"
in der Markgrafschaft wohnen dürfe, einem Verbote
, dem aber nicht nachgelebt wurde, wenn
auch um diese Zeit und später wie oben dargelegt,
wenig Juden im Oberland seßhaftig waren. Immerhin
gestattete die Landesordnung fremden
Juden freien und sicheren Durchzug durchs
Markgräflerland, jedoch unter Verbot jeglichen
Handels und Verkehrs mit den Untertanen. Die
sog. „Geleitslisten" (Leibzoll) der Juden, von denen
für Sulzburg ein ganzes Bündel vorhanden
ist (13) berichten von einem durch Sulzburg am
6. Februar 1681 ziehenden Juden aus Breisach,
der an Geleitsgeld 6 kr. bezahlt. Am 2. März 1681
wird ein Jude von Stühlingen erwähnt,der ebenfalls
6 kr. bezahlt und am 27. Juli 1683 sogar ein
Jude Jonas Weil von Endingen aus der Schweiz,
wo den Juden in der Grafschaft Baden die Niederlassung
bewilligt war. Unter den im Generallandesarchiv
Karlsruhe (Judensachen Sulzburg)
aufbewahrten Akten befindet sich eine ganze
Reihe von Heften, in denen die Erträgnisse dieses
„Leibzolles" gebucht sind, besonders aus den Jahren
1679 — 1689. Oft handelte es sich bei diesen
wandernden Juden um sog. „Betteljuden", wie
denn von festen Wohnsitzen, von Seßhaftigkeit
der Juden bis gegen Ende des 17. Jahrhunderts
nochi nicht die Rede war. Die Juden richteten sich
da häuslich ein, wo staatliche Autorität ihnen
Schutz gewährte. Es durchzogen aber auch Juden
aus dem Elsaß (Westhofen, Ingenheim, Rappolts-
weiler, Metz, Hegenheim), Sulzburg, des weiteren
aus der badischen Nachbarschaft (Eichstetten,
Kippenheim, Schmieheim, Ettenheim, Hechingen
u. a.), aus der Schweiz von Allschweyler (das heutige
Allschwil bei Basel), wo bis 1680 eine Judengemeinde
bestand. Wenn die Juden im 17. Jahrhundert
den Breisgau verlassen mußten, so erfolgten
solche Ausweisungen mindestens in Klauseln
, die wieder eine Niederlassung in Aussicht
stellten. Man duldete eben die Juden, weil man
sich ihrer leicht als einer ergiebigen Geldquelle
bedienen konnte. Es handelte sich jedoch hier
um keine spezielle breisgauische Praktik, vielmehr
wurde sie schon seit Jahrzehnten in allen
europäischen Territorien zur Aufbesserung der
öffentlichen Finanzen mit Vorliebe gehandhafot.

Aber auch für die Toten mußte der „Leibzoll"
bezahlt werden. Eine Verordnung vom 26. April
1664 bestimmte, daß für die Begräbnisse an die
Herrschaft zu bezahlen seien: „für ein Junges
(Toter) 30 Kreuzer, für ein Altes (Toter) ein Gulden
, von Fremden aber, die zu ermelten Sulzburg
möchten begraben werden, von bemelter
Tax doppelt bezahlet werden soll."

(Fortsetzung folgt.)

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