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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1967-07/0004
Dr. Robert Feger:

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Erzähler: Daß Johann Peter Hebel ein Bändchen Alemannische
Gedichte geschrieben hat, wissen viele. Daß er einige
Jahre lang einen Kalender schrieb und redigierte,
den Rheinländischen Hausfreund, und später die schönsten
Erzählungen daraus zu einem Buch zusammenfaßte,
dem Schatzkästlein, das mag weniger bekannt sein. Daß
Hebel aber auch ein Buch für den Religionsunterricht
verfaßt hat, eine Biblische Geschichte nämlich, das wissen
die wenigsten. Dabei ist das Buch ganz zu Unrecht heute
in Vergessenheit geraten. Wie kam Hebel dazu, eine Biblische
Geschichte zu schreiben?

Sprecher: In Hebels Briefen liest man erstmals von einem
Buch für den Bibelgeschichtsunterricht — noch nicht von
dem Buch Hebels selbst! — in einem Brief vom 6. Mai
1815 an Freund Hitzig. Hebel schreibt:
Hebel: Ich führe in der Kirchenkommission einen lebhaften
Kampf gegen Ewald und die Einführung der Bibelgeschichte
von Schmidt, die zwar schon von der Studienkommission
beschlossen und vor einiger Zeit durch das
Ministerium des Innern ihm zur Umarbeitung übergeben
wurde. Nur Knittel ist auf meiner Seite, aber sehr. Sander
hält's mit dem Feind. Kühlenthal ist gleichgültig, Zandt
stumm, Fuchs neutral. Indesssen spielt sich die Sache wieder
in die Sektion zurück, wo ich auf Sukkurs der Weltlichen
rechne, Eichrodts und Hofmanns, denn es gehört
nur Verstand, keine Theologie dazu um sich zu überzeugen
, daß Schmidt ein gutes Haus- und Lesebüchlein unter
den Augen der Mutter und eben deshalb ein schlechtes
Schulbuch sei...

Sprecher: Zur Erläuterung: Die genannten Persönlichkeiten
waren Mitglieder der evangelischen Kirchenkommission
, des evangelischen Kirchenrats oder der evangelischen
Kirchensektion. In unserem Zusammenhang
wichtig sind besonders zwei Männer. Zunächst Johann
Ludwig Ewald, ein Theologe, Prediger und Standesschriftsteller
von Rang. Reformiert, zuerst Rationalist,
um die fragliche Zeit Vertreter eines erweckten, empfindsamen
Christentums. Seit 1807 Mitglied des reformierten
Kirchenrats in Karlsruhe. — Der andere wichtige Name:
Schmidt. Wer ist dieser Schmidt? Auf keinen Fall — wie
Zentner in seiner Ausgabe der Hebelbriefe angibt — der
damalige evangelische Pfarrer von Britzingen. Vielmehr
— das hat Peter Katz 1959 in einer schönen Studie gezeigt
— ist unter dem Schmidt des Hebelbriefes zu verstehen
der katholische Geistliche und Schriftsteller Christoph
von Schmid. Daß dieser Schmid sich mit nur einem
d am Schlüsse schreibt und Hebel in seinen Briefen jeweils
am Ende des Namens ein dt setzt, tut nichts zur
Sache. Doch was hat Christoph von Schmid mit der evangelischen
Kirchenkommission zu schaffen? Oder diese
mit ihm? Ein Blick auf das der Erwähnung Vorangegangene
mag das klären:

Erzähler: Seit der Entstehung des Großherzogtums Baden
hatte man nach einem neuen Religionslehrbuch für die
evangelischen Landesteile gesucht. Die bis dahin als
Schulbuch benutzten Biblischen Historien von Johann
Hübner waren noch in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts
eingeführt worden und genügten den Bedürfnissen
und dem Geschmack der neuen Zeit in keiner Weise
mehr. Ein neueres Religionsbuch, das die Hübnerschen

Historien hätte ersetzen können, lag auf evangelischer
Seite nicht vor. Nun gehörte zum religionspolitischen
Programm der Zeit, wie es viele treffliche Geistliche auf
evangelischer wie auf katholisch-aufgeklärter Seite vertraten
, auch die Annäherung und Assimilierung der Bekenntnisse
. Die Verwirklichung eines solchen Wunsches
schien umso einfacher zu sein, als man sich von beiden
Seiten her in einer teils aufgeklärt-rationalistischen, teils
empfindsamen Auffassung des Christentums treffen
konnte. So hatte denn schon anno 1804, also schon elf
Jahre vor dem eben zitierten Brief Hebels, der lutherische
Kirchenrat Nikolaus Christian Sander auf ein vorhandenes
volkstümliches und beliebtes katholisches Bibelgeschichtsbuch
hingewiesen. Nämlich auf eben die Biblische
Geschichte des Christoph von Schmid. Wer war dieser
Mann?

Sprecher: Christoph von Schmid, geboren 1768 in Dinkelsbühl
, war zuerst Pfarrer von Thannhausen, lehnte
verschiedene Rufe an die Universitäten Landshut und
Tübingen ab, wurde auch zum Bischof von Rottenburg
gewählt, begnügte sich aber damit, von 1827 bis zu seinem
Tod 1854 als Domkapitular in Augsburg zu wirken.
Schmid schrieb mehrere Lehrbücher für den Religionsunterricht
. Seinen literarischen und katechetischen Ruhm
hatte er begründet durch seine Biblische Geschichte für
Kinder, 1801 ff. erschienen. Sein erstes Werk. Die bayerischen
Schulen führten seine Religionsbücher ein. Daneben
schrieb Schmid an die fünfzig gern gelesene Jugendschriften
mit moralisierender Tendenz. Er liebte Stoffe
aus der Ritterzeit und aus der Legende. Aber auch das
Alltagsleben bot ihm Anlaß genug zu Erzählungen. Die
beliebteste seiner Geschichten war wohl die von —
Leser: — Rosa von Tannenburg —
Sprecher: — oder auch jene mit dem Titel:
Leser: Die Ostereier.

Sprecher: Für Schmids Können und Beliebtheit zeugt, daß
1844—46 eine Gesamtausgabe seiner Werke erscheinen
konnte und daß schon 1833 seine bis dahin vorliegenden
Werke in französischer Übersetzung gedruckt wurden.

Sprecher: Dieses Christoph von Schmids Bibelbuch nun
dachte man in Karlsruhe durch eine Überarbeitung für
die Schulen brauchbar zu machen. Kirchenrat Ewald, sozusagen
der Mann über den Konfessionen, sollte annno
1814 die Umarbeitung beginnen, tat es auch bereitwillig
und kam rasch mit der Arbeit voran. Schon glaubte man
das gewünschte und gesuchte Biblische Geschichtsbuch
in Händen zu haben, da protestierte ein anderes Mitglied
der Kirchenkommission, — und ein Mitglied, das gleich
Ewald bereits als Schriftsteller hervorgetreten war: Der
Kirchenrat Hebel. Hebel verfaßte im Jahre 1815 ein Gutachten
zu Händen der Kommission, das er überschrieb:
Hebel: Meine Bemerkungen über das mit Abänderungen
in unseren Schulen einzuführende biblische Geschichtsbuch
von Schmidt.

Erzähler: Dieses Gutachten hat Peter Katz 1959 in der
Theologischen Zeitschrift in vollem Umfang veröffentlicht
. Dankenswerterweise, denn es ist aufschlußreich.
Nicht nur für Hebels Ansicht in der damals aktuellen
Frage des Bibelgeschichtsbuches, sondern auch für seine
Haltung dem Katholizismus gegenüber. Aufschlußreich

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