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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1967-07/0014
Am 14. August 1813 ist es so weit:
„Euer Wohlgeboren

mache ich die Anzeige, daß mit dem heutigen
Postwagen, die wegen Mauth-Weitläufigkeiten
um 8 Tage verspätete Absendung sämtlicher von
Rosenfelsscher Verlassenschafts-Akten unter Adr.
Großh. löbl. StadtAmtsRevisorat Carlsruhe erfolgt
ist. Ich wünsche guten Empfang u. empfehle
mich zu fernerer Freundschaft Bougine"

Das Porto kostete 3 fl 40 kr. Bougine konnte
nach Abzug sämtlicher Legate 19 000 fl überweisen
.

Damit enden die Aufzeichnungen über Leben
und Sterben des Obristen Carl Freiherrn von
Rosenfels.

Ludwig Kahn, Basel: jfrfo (^^{^ ^ JubtTl VOVl Oul^UCg

(Fortsetzung.)

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts, nach dem
Ryswicker Frieden (1697), unter der Regierung
des Markgrafen Friedrich Magnus (1677 —1709)
nahm die Zahl der Juden im Oberland wieder
erheblich zu, besonders aber unter der Regierungszeit
seines Sohnes Karl Wilhelm (1709 —
1738). 1716 erhielten unterm 4. Mai vier Judenfamilien
in Sulzburg den „Schutz", die alle von
dem Handelsjuden Josef Günzburger aus Alt-
Breisach, der Geschäfte in der Markgrafschaft
führte, „veraccordiert" wurden. Jeder zahlte
ein Schutzgeld von 7 fl. 30 kr.

Am 1. Juni 1717 reichten die Schutz juden Jakob
Schwab, Moses Wolf und Moses Weil von
Sulzburg dem Markgrafen Karl Wilhelm das
Gesuch ein, „die Begräbnisstätte hinter dem
Stättlein bey der großen Erzgrube (Kobaltgrube),
so Euer hochfürstl. Duchlaucht gestern selbsten
in Augenschein genommen und die man von uralten
Zeiten her den Judenkirchhof nennt, welche
wie es der Augenschein noch heut zu Tag
gibt, mit einer Mauer umfangen gewesen, und
nachdem der hiesige Bürgermeister gesonnen ist,
auf demselben etwas zu bauen, uns frey zu lassen
." Dem Gesuche wurde stattgegeben und seit
1717 bis zum Jahre 1938 fanden wieder Beerdigungen
auf diesem „uralten" Friedhof statt. In
den Jahren 1717 bis 1850 wurden auch die Müll-
heimer Juden auf ihm bestattet, da Müllheim
damals noch keinen eigenen Friedhof besaß.

Grabsteine aus der Zeit um 1550 finden sich
keine mehr auf dem Friedhof, da vielfach Epitaphien
verlassener Friedhöfe (der Friedhof war
in der Zeit um 1570 bis 1717 seiner Bestimmung
entfremdet) oft zu Bauzwecken verwendet
wurden.

Der Sulzburger Friedhof ist hügelig und uneben
, wie man dies bei alten jüdischen Friedhöfen
findet, bei denen auf Planierung und
gärtnerische Gestaltung kein Wert gelegt wurde.
Uneben auch deshalb, weil von den Juden in diesen
Gemeinden oft unter schwierigen Bedingungen
als letzte Ruhestätte ein Gelände ausgewählt
wurde, das sich nur schlecht für Bauzwecke eignet
. Denn nach jüdischer Vorschrift darf ein
Friedhof nicht aufgehoben werden. Die ewige
Grabesruhe gehört zu den wichtigsten religiösen
Vorschriften für die Erhaltung eines jüdischen
Friedhofes.

Ungemein reizvoll schmiegt sich der hinter
dem Städtchen bei der Badstraße gelegene Sulzburger
Judenfriedhof dem Berg an, treppenartig
aufgebaut. Seine Abgelegenheit mag auch der
Grund gewesen sein, daß er fast vollständig erhalten
geblieben ist. Eine Stätte wehmütiger
Stimmung. Man glaubt sich beim Betreten des
Friedhofes in einem steinernen Wald zu befinden
. „Steine, hunderte Jahre alt, neigen sich zur
Erde. Sie stehen wie eine kleine Schar von Greisen
, die sich kaum mehr aufrecht erhalten können
, voller Müdigkeit, die sich am liebsten zum
Schlafen legen." Mit diesen Worten, die auch für
den Sulzburger Friedhof ihre Geltung haben,
charakterisierte der Lörracher Denkmalpfleger
Julius Wilhelm in einer Studie den alten um 1670
angelegten Judenfriedhof am Schädelberg von
Lörrach. Julius Wilhelm ist auch die Erhaltung
des alten Lörracher Friedhofes zu verdanken, der
1942 „planiert" werden sollte.

Die Grabsteine des Friedhofes von Sulzburg
zeichnen sich durch ihre außerordentlich schöne
hebräische Beschriftung aus. Die Buchstaben des
Textes sind vertieft eingemeißelt, während sich
im alten Teil keine in Relief gearbeiteten finden.
Die neben der Schrift immer wiederkehrenden
Motive, sind vor allem die segnenden Hände der
Hohepriester in der typischen Gestaltung. Die
beiden inneren Handflächen sind nebeneinander
gestellt, die Daumen berühren sich, die übrigen
Finger bilden zwei divergierende Gruppen. Es
sind dies Grabinschriften für Angehörige der
Familie Kahn (sog. Kohanim, die in der jüdischen
Liturgie die Priesterfunktionen des Segnens der
Gemeinde ausüben), die in Sulzburg seit der
Amtszeit des Landrabbiners David Kahn (gestorben
1744 in Sulzburg) sehr verbreitet war. Aber
auch eine Hand mit der Kanne (das Wappen der
Leviten, die dem Priester bei der Reinigung der
Hände halfen) ziert einige Grabsteine. Das für
die Grabsteine verwendete Material ist ein Sandstein
, den gerade der nächste Steinbruch bietet
und den man ohne Schwierigkeiten leicht erhalten
kann. Die Höhe der Epitaphien in der Form
der Halbrundbogenform (römische Stele) ist dadurch
beigrenzt, daß die zum Transport dienenden
ländlichen Fuhrwerke, nur Stücke von
höchstens zwei Meter Länge transportieren konnten
. So finden wir im alten, linken Teil des Gottesackers
fast nur niedrige Grabsteine von gleicher
Höhe, gewissermaßen die Nivellierung im
Tode manifestierend, also keine Prunkdenkmäler
aus Marmor oder sonstigen kostbaren Steinen.

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